Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Roß-Käfer. Jndem ich jüngst im grünen KleeDer Wiesen Schmuck mit tausend Lust beseh, Werd' ich von ungefehr gewahr, Wie eine blaue Käfer-Schaar Jn halb-gedorrtem Pferde-Mist Sich aufhält und beschäftigt ist, (Ohn an der Erden Pracht und Schätzen, Mit welchem sie umringt, sich zu ergetzen Und einiges Vergnügen draus zu fühlen) Jn ihrem Wuft vergnügt, beständig fort zu wühlen. Jch sahe dieß zuerst nicht sonder Eckel an, Biß ich mich überwand Und eine kurtze Zeit bey ihnen stille stand; Da ich auf ihr Betrieb, mit ernstem Dencken, sann. Es scheint, ich solte mich fast der Vergleichung schämen, Fiel mir zu Anfang bey, Von dieser Bruht ein Beyspiel herzunehmen, Als ob in ihr und uns was gleiches sey; Allein, Fiel mir, beym fernern Dencken ein: Es ist ja dennoch wahr. Warum soll ichs nicht sagen? Vielleicht vermag des Beyspiels Scheuslichkeit Zur Lehr' und Besserung, was beyzutragen. Wenn ich den geitzigen Chrysander, Sammt seines Gleichen, bey einander Mit nichts, als irdschem Koth, beschäftigt seh, An welchem sie mit Leib und Seele hangen, Nichts anders suchen, nichts verlangen, Den edlen Geist mit allen seinen Kräften, Auf nichts, als Gold und Reichthum, heften, So K 4
Roß-Kaͤfer. Jndem ich juͤngſt im gruͤnen KleeDer Wieſen Schmuck mit tauſend Luſt beſeh, Werd’ ich von ungefehr gewahr, Wie eine blaue Kaͤfer-Schaar Jn halb-gedorrtem Pferde-Miſt Sich aufhaͤlt und beſchaͤftigt iſt, (Ohn an der Erden Pracht und Schaͤtzen, Mit welchem ſie umringt, ſich zu ergetzen Und einiges Vergnuͤgen draus zu fuͤhlen) Jn ihrem Wuft vergnuͤgt, beſtaͤndig fort zu wuͤhlen. Jch ſahe dieß zuerſt nicht ſonder Eckel an, Biß ich mich uͤberwand Und eine kurtze Zeit bey ihnen ſtille ſtand; Da ich auf ihr Betrieb, mit ernſtem Dencken, ſann. Es ſcheint, ich ſolte mich faſt der Vergleichung ſchaͤmen, Fiel mir zu Anfang bey, Von dieſer Bruht ein Beyſpiel herzunehmen, Als ob in ihr und uns was gleiches ſey; Allein, Fiel mir, beym fernern Dencken ein: Es iſt ja dennoch wahr. Warum ſoll ichs nicht ſagen? Vielleicht vermag des Beyſpiels Scheuslichkeit Zur Lehr’ und Beſſerung, was beyzutragen. Wenn ich den geitzigen Chryſander, Sammt ſeines Gleichen, bey einander Mit nichts, als irdſchem Koth, beſchaͤftigt ſeh, An welchem ſie mit Leib und Seele hangen, Nichts anders ſuchen, nichts verlangen, Den edlen Geiſt mit allen ſeinen Kraͤften, Auf nichts, als Gold und Reichthum, heften, So K 4
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Roß-Kaͤfer.
Jndem ich juͤngſt im gruͤnen Klee
Der Wieſen Schmuck mit tauſend Luſt beſeh,
Werd’ ich von ungefehr gewahr,
Wie eine blaue Kaͤfer-Schaar
Jn halb-gedorrtem Pferde-Miſt
Sich aufhaͤlt und beſchaͤftigt iſt,
(Ohn an der Erden Pracht und Schaͤtzen,
Mit welchem ſie umringt, ſich zu ergetzen
Und einiges Vergnuͤgen draus zu fuͤhlen)
Jn ihrem Wuft vergnuͤgt, beſtaͤndig fort zu wuͤhlen.
Jch ſahe dieß zuerſt nicht ſonder Eckel an,
Biß ich mich uͤberwand
Und eine kurtze Zeit bey ihnen ſtille ſtand;
Da ich auf ihr Betrieb, mit ernſtem Dencken, ſann.
Es ſcheint, ich ſolte mich faſt der Vergleichung ſchaͤmen,
Fiel mir zu Anfang bey,
Von dieſer Bruht ein Beyſpiel herzunehmen,
Als ob in ihr und uns was gleiches ſey;
Allein,
Fiel mir, beym fernern Dencken ein:
Es iſt ja dennoch wahr. Warum ſoll ichs nicht ſagen?
Vielleicht vermag des Beyſpiels Scheuslichkeit
Zur Lehr’ und Beſſerung, was beyzutragen.
Wenn ich den geitzigen Chryſander,
Sammt ſeines Gleichen, bey einander
Mit nichts, als irdſchem Koth, beſchaͤftigt ſeh,
An welchem ſie mit Leib und Seele hangen,
Nichts anders ſuchen, nichts verlangen,
Den edlen Geiſt mit allen ſeinen Kraͤften,
Auf nichts, als Gold und Reichthum, heften,
So
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