Neulich sah ich, mit Ergetzen, Eine kleine Fliege sich, Auf ein Erlen-Blättchen setzen, Deren Form verwunderlich Von den Fingern der Natur, So an Farb', als an Figur, Und an bunten Glantz gebildet. Es war ihr klein Köpfgen grün, Und ihr Cörperchen vergüldet, Jhrer klaren Flügel Par, Wenn die Sonne sie beschien, Färbt' ein Roth fast wie Rubin, Das, indem es wandelbar, Auch zuweilen bläulich war. Liebster GOtt! wie kann doch hier Sich so mancher Farben Zier Auf so kleinem Platz vereinen, Und mit solchem Glantz vermählen, Daß sie wie Metallen scheinen! Rief ich, mit vergnügter Seelen. Wie so künstlich! fiel mir ein, Müssen hier die kleinen Theile Jn einander eingeschrenckt, Durch einander hergelenckt, Wunderbar verbunden seyn! Zu dem Endzweck, daß der Schein Unsrer Sonnen und ihr Licht, Das so wunderbarlich-schön, Und von uns sonst nicht zu sehn, Unserm forschenden Gesicht
Sicht-
Die kleine Fliege.
Die kleine Fliege.
Neulich ſah ich, mit Ergetzen, Eine kleine Fliege ſich, Auf ein Erlen-Blaͤttchen ſetzen, Deren Form verwunderlich Von den Fingern der Natur, So an Farb’, als an Figur, Und an bunten Glantz gebildet. Es war ihr klein Koͤpfgen gruͤn, Und ihr Coͤrperchen verguͤldet, Jhrer klaren Fluͤgel Par, Wenn die Sonne ſie beſchien, Faͤrbt’ ein Roth faſt wie Rubin, Das, indem es wandelbar, Auch zuweilen blaͤulich war. Liebſter GOtt! wie kann doch hier Sich ſo mancher Farben Zier Auf ſo kleinem Platz vereinen, Und mit ſolchem Glantz vermaͤhlen, Daß ſie wie Metallen ſcheinen! Rief ich, mit vergnuͤgter Seelen. Wie ſo kuͤnſtlich! fiel mir ein, Muͤſſen hier die kleinen Theile Jn einander eingeſchrenckt, Durch einander hergelenckt, Wunderbar verbunden ſeyn! Zu dem Endzweck, daß der Schein Unſrer Sonnen und ihr Licht, Das ſo wunderbarlich-ſchoͤn, Und von uns ſonſt nicht zu ſehn, Unſerm forſchenden Geſicht
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<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0136"n="120"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die kleine Fliege.</hi></fw><lb/><lgtype="poem"><head><hirendition="#b">Die kleine Fliege.</hi></head><lb/><l><hirendition="#in">N</hi>eulich ſah ich, mit Ergetzen,</l><lb/><l>Eine kleine Fliege ſich,</l><lb/><l>Auf ein Erlen-Blaͤttchen ſetzen,</l><lb/><l>Deren Form verwunderlich</l><lb/><l>Von den Fingern der Natur,</l><lb/><l>So an Farb’, als an Figur,</l><lb/><l>Und an bunten Glantz gebildet.</l><lb/><l>Es war ihr klein Koͤpfgen gruͤn,</l><lb/><l>Und ihr Coͤrperchen verguͤldet,</l><lb/><l>Jhrer klaren Fluͤgel Par,</l><lb/><l>Wenn die Sonne ſie beſchien,</l><lb/><l>Faͤrbt’ ein Roth faſt wie Rubin,</l><lb/><l>Das, indem es wandelbar,</l><lb/><l>Auch zuweilen blaͤulich war.</l><lb/><l>Liebſter GOtt! wie kann doch hier</l><lb/><l>Sich ſo mancher Farben Zier</l><lb/><l>Auf ſo kleinem Platz vereinen,</l><lb/><l>Und mit ſolchem Glantz vermaͤhlen,</l><lb/><l>Daß ſie wie Metallen ſcheinen!</l><lb/><l>Rief ich, mit vergnuͤgter Seelen.</l><lb/><l>Wie ſo kuͤnſtlich! fiel mir ein,</l><lb/><l>Muͤſſen hier die kleinen Theile</l><lb/><l>Jn einander eingeſchrenckt,</l><lb/><l>Durch einander hergelenckt,</l><lb/><l>Wunderbar verbunden ſeyn!</l><lb/><l>Zu dem Endzweck, daß der Schein</l><lb/><l>Unſrer Sonnen und ihr Licht,</l><lb/><l>Das ſo wunderbarlich-ſchoͤn,</l><lb/><l>Und von uns ſonſt nicht zu ſehn,</l><lb/><l>Unſerm forſchenden Geſicht</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sicht-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
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Die kleine Fliege.
Die kleine Fliege.
Neulich ſah ich, mit Ergetzen,
Eine kleine Fliege ſich,
Auf ein Erlen-Blaͤttchen ſetzen,
Deren Form verwunderlich
Von den Fingern der Natur,
So an Farb’, als an Figur,
Und an bunten Glantz gebildet.
Es war ihr klein Koͤpfgen gruͤn,
Und ihr Coͤrperchen verguͤldet,
Jhrer klaren Fluͤgel Par,
Wenn die Sonne ſie beſchien,
Faͤrbt’ ein Roth faſt wie Rubin,
Das, indem es wandelbar,
Auch zuweilen blaͤulich war.
Liebſter GOtt! wie kann doch hier
Sich ſo mancher Farben Zier
Auf ſo kleinem Platz vereinen,
Und mit ſolchem Glantz vermaͤhlen,
Daß ſie wie Metallen ſcheinen!
Rief ich, mit vergnuͤgter Seelen.
Wie ſo kuͤnſtlich! fiel mir ein,
Muͤſſen hier die kleinen Theile
Jn einander eingeſchrenckt,
Durch einander hergelenckt,
Wunderbar verbunden ſeyn!
Zu dem Endzweck, daß der Schein
Unſrer Sonnen und ihr Licht,
Das ſo wunderbarlich-ſchoͤn,
Und von uns ſonſt nicht zu ſehn,
Unſerm forſchenden Geſicht
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/136>, abgerufen am 16.02.2025.
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