Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

bey dem 1731. Jahrs-Wechsel betrachtet.

Wie es des Magnet-Steins Theilchen, wenn sie durch ein
Glas gleich gehn,

Jn nicht unterbrochnem Gange, in den regen Kreisen sehn,
Und zugleich bewundern lassen.
Was sonst übrigens für Theile in den kleinen Theilen stecken,
Können uns des Büchsen-Pulvers kleine Theil' allein ent-
decken.

Müsten solcher ungezehlten Millionen Theilchen Menge,
Die so unbegreifflich klein, durch ein stetiges Gedrenge
Nicht vermischet und verwirret, und dadurch Lufft, Meer
und Erden

Ein unnützer grober Klump, ein verwirrtes Chaos werden?
Wenn nicht eine weise Führung, wenn kein Göttlicher Ver-
stand

Die unzehlbar kleinen Theilchen der Materie regierte,
Und sie, mit besondrer Absicht, nützlich und in Ordnung
führte?

Also wird, auch aus dem kleinen, Deine Gröss', o HERR,
bekannt.

Denn weit minder, als die Theile von dem prächtigsten
Pallast,

Ohne daß von Menschen Händen sie gemessen, angepasst,
Und so nett gefüget werden, von sich selber hier sich trennen,
Dort sich wieder, nach der Ordnung, und der Richtschnur,
fügen können;

Minder, sag' ich, ist es möglich, daß, von der Materie,
Solcher Millionen Menge von sich selbst zusammen geh,
Von sich selbst zusammen bleibe, von sich selber sich entbinde,
Und doch eine kluge Bindung von sich selber wieder finde.

Wer könnt' anders, als die Gottheit, solche Theil' in
Ordnung halten?
Daß
K k

bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet.

Wie es des Magnet-Steins Theilchen, wenn ſie durch ein
Glas gleich gehn,

Jn nicht unterbrochnem Gange, in den regen Kreiſen ſehn,
Und zugleich bewundern laſſen.
Was ſonſt uͤbrigens fuͤr Theile in den kleinen Theilen ſtecken,
Koͤnnen uns des Buͤchſen-Pulvers kleine Theil’ allein ent-
decken.

Muͤſten ſolcher ungezehlten Millionen Theilchen Menge,
Die ſo unbegreifflich klein, durch ein ſtetiges Gedrenge
Nicht vermiſchet und verwirret, und dadurch Lufft, Meer
und Erden

Ein unnuͤtzer grober Klump, ein verwirrtes Chaos werden?
Wenn nicht eine weiſe Fuͤhrung, wenn kein Goͤttlicher Ver-
ſtand

Die unzehlbar kleinen Theilchen der Materie regierte,
Und ſie, mit beſondrer Abſicht, nuͤtzlich und in Ordnung
fuͤhrte?

Alſo wird, auch aus dem kleinen, Deine Groͤſſ’, o HERR,
bekannt.

Denn weit minder, als die Theile von dem praͤchtigſten
Pallaſt,

Ohne daß von Menſchen Haͤnden ſie gemeſſen, angepaſſt,
Und ſo nett gefuͤget werden, von ſich ſelber hier ſich trennen,
Dort ſich wieder, nach der Ordnung, und der Richtſchnur,
fuͤgen koͤnnen;

Minder, ſag’ ich, iſt es moͤglich, daß, von der Materie,
Solcher Millionen Menge von ſich ſelbſt zuſammen geh,
Von ſich ſelbſt zuſammen bleibe, von ſich ſelber ſich entbinde,
Und doch eine kluge Bindung von ſich ſelber wieder finde.

Wer koͤnnt’ anders, als die Gottheit, ſolche Theil’ in
Ordnung halten?
Daß
K k
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="39">
              <l>
                <pb facs="#f0545" n="513"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">bey dem 1731. Jahrs-Wech&#x017F;el betrachtet.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Wie es des Magnet-Steins Theilchen, wenn &#x017F;ie durch ein<lb/><hi rendition="#et">Glas gleich gehn,</hi></l><lb/>
              <l>Jn nicht unterbrochnem Gange, in den regen Krei&#x017F;en &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Und zugleich bewundern la&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;brigens fu&#x0364;r Theile in den kleinen Theilen &#x017F;tecken,</l><lb/>
              <l>Ko&#x0364;nnen uns des Bu&#x0364;ch&#x017F;en-Pulvers kleine Theil&#x2019; allein ent-<lb/><hi rendition="#et">decken.</hi></l><lb/>
              <l>Mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;olcher ungezehlten Millionen Theilchen Menge,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;o unbegreifflich klein, durch ein &#x017F;tetiges Gedrenge</l><lb/>
              <l>Nicht vermi&#x017F;chet und verwirret, und dadurch Lufft, Meer<lb/><hi rendition="#et">und Erden</hi></l><lb/>
              <l>Ein unnu&#x0364;tzer grober Klump, ein verwirrtes Chaos werden?</l><lb/>
              <l>Wenn nicht eine wei&#x017F;e Fu&#x0364;hrung, wenn kein Go&#x0364;ttlicher Ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tand</hi></l><lb/>
              <l>Die unzehlbar kleinen Theilchen der Materie regierte,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie, mit be&#x017F;ondrer Ab&#x017F;icht, nu&#x0364;tzlich und in Ordnung<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hrte?</hi></l><lb/>
              <l>Al&#x017F;o wird, auch aus dem kleinen, Deine Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;&#x2019;, o HERR,<lb/><hi rendition="#et">bekannt.</hi></l><lb/>
              <l>Denn weit minder, als die Theile von dem pra&#x0364;chtig&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#et">Palla&#x017F;t,</hi></l><lb/>
              <l>Ohne daß von Men&#x017F;chen Ha&#x0364;nden &#x017F;ie geme&#x017F;&#x017F;en, angepa&#x017F;&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;o nett gefu&#x0364;get werden, von &#x017F;ich &#x017F;elber hier &#x017F;ich trennen,</l><lb/>
              <l>Dort &#x017F;ich wieder, nach der Ordnung, und der Richt&#x017F;chnur,<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;gen ko&#x0364;nnen;</hi></l><lb/>
              <l>Minder, &#x017F;ag&#x2019; ich, i&#x017F;t es mo&#x0364;glich, daß, von der Materie,</l><lb/>
              <l>Solcher Millionen Menge von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen geh,</l><lb/>
              <l>Von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen bleibe, von &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;ich entbinde,</l><lb/>
              <l>Und doch eine kluge Bindung von &#x017F;ich &#x017F;elber wieder finde.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="40">
              <l>Wer ko&#x0364;nnt&#x2019; anders, als die Gottheit, &#x017F;olche Theil&#x2019; in<lb/><hi rendition="#et">Ordnung halten?</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k</fw><fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[513/0545] bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet. Wie es des Magnet-Steins Theilchen, wenn ſie durch ein Glas gleich gehn, Jn nicht unterbrochnem Gange, in den regen Kreiſen ſehn, Und zugleich bewundern laſſen. Was ſonſt uͤbrigens fuͤr Theile in den kleinen Theilen ſtecken, Koͤnnen uns des Buͤchſen-Pulvers kleine Theil’ allein ent- decken. Muͤſten ſolcher ungezehlten Millionen Theilchen Menge, Die ſo unbegreifflich klein, durch ein ſtetiges Gedrenge Nicht vermiſchet und verwirret, und dadurch Lufft, Meer und Erden Ein unnuͤtzer grober Klump, ein verwirrtes Chaos werden? Wenn nicht eine weiſe Fuͤhrung, wenn kein Goͤttlicher Ver- ſtand Die unzehlbar kleinen Theilchen der Materie regierte, Und ſie, mit beſondrer Abſicht, nuͤtzlich und in Ordnung fuͤhrte? Alſo wird, auch aus dem kleinen, Deine Groͤſſ’, o HERR, bekannt. Denn weit minder, als die Theile von dem praͤchtigſten Pallaſt, Ohne daß von Menſchen Haͤnden ſie gemeſſen, angepaſſt, Und ſo nett gefuͤget werden, von ſich ſelber hier ſich trennen, Dort ſich wieder, nach der Ordnung, und der Richtſchnur, fuͤgen koͤnnen; Minder, ſag’ ich, iſt es moͤglich, daß, von der Materie, Solcher Millionen Menge von ſich ſelbſt zuſammen geh, Von ſich ſelbſt zuſammen bleibe, von ſich ſelber ſich entbinde, Und doch eine kluge Bindung von ſich ſelber wieder finde. Wer koͤnnt’ anders, als die Gottheit, ſolche Theil’ in Ordnung halten? Daß K k

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/545
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/545>, abgerufen am 21.05.2024.