Auch mein beklemmtes Hertz. Denn ob mir gleich der Brand, Daß es das Norder-Licht, nicht unbekannt; So war iedoch das strahlende bewegen Des gantzen Firmaments so hefftig; daß ich mich Zu dencken, wie hier folgt, nicht kunnt' entlegen: Wie ist mir? schwindelt mir? zertheilet sich, zerfällt Der gantze Bau der Ober-Welt?
Lodernde Flammen mit wallenden Blitzen, Fliegende Düffte, voll strahlender Spitzen, Circkeln sich, wirbeln sich, schiessen zusammen; Leuchten und schrecken, verschwinden, entstehn, Wallen und wittern, erscheinen, vergehn.
Allein: Dort zeigt sich gar ein bunter Blitz und Schein. Gelb, feurig, grün und blau Färbt sich ein Flammen-Heer. Es schrecket und ergetzt zugleich, die bunte Gluth. Recht wie die Wellen sich, in einer wilden Fluth, Bestürmen, fressen und verdringen; So sieht man hier, im bunten Feuer-Meer, Die regen Flammen sich verschlingen.
Was aber mag doch wol der Schein Recht eigentlich, und was die Ursach seyn? Auf! auf! mein Geist, du must dich aufwärts schwingen! Bestrebe dich, mit Ehr-Furcht, in die Tieffe Der wirckenden Natur zu dringen, Zu unsers Schöpfers Preis'; üm auch in diesen Dingen Sein' Allmacht, Seine Lieb' und Weisheit zu besingen.
Dieß
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Das Norder-Licht.
Auch mein beklemmtes Hertz. Denn ob mir gleich der Brand, Daß es das Norder-Licht, nicht unbekannt; So war iedoch das ſtrahlende bewegen Des gantzen Firmaments ſo hefftig; daß ich mich Zu dencken, wie hier folgt, nicht kunnt’ entlegen: Wie iſt mir? ſchwindelt mir? zertheilet ſich, zerfaͤllt Der gantze Bau der Ober-Welt?
Lodernde Flammen mit wallenden Blitzen, Fliegende Duͤffte, voll ſtrahlender Spitzen, Circkeln ſich, wirbeln ſich, ſchieſſen zuſammen; Leuchten und ſchrecken, verſchwinden, entſtehn, Wallen und wittern, erſcheinen, vergehn.
Allein: Dort zeigt ſich gar ein bunter Blitz und Schein. Gelb, feurig, gruͤn und blau Faͤrbt ſich ein Flammen-Heer. Es ſchrecket und ergetzt zugleich, die bunte Gluth. Recht wie die Wellen ſich, in einer wilden Fluth, Beſtuͤrmen, freſſen und verdringen; So ſieht man hier, im bunten Feuer-Meer, Die regen Flammen ſich verſchlingen.
Was aber mag doch wol der Schein Recht eigentlich, und was die Urſach ſeyn? Auf! auf! mein Geiſt, du muſt dich aufwaͤrts ſchwingen! Beſtrebe dich, mit Ehr-Furcht, in die Tieffe Der wirckenden Natur zu dringen, Zu unſers Schoͤpfers Preiſ’; uͤm auch in dieſen Dingen Sein’ Allmacht, Seine Lieb’ und Weisheit zu beſingen.
Dieß
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Das Norder-Licht.
Auch mein beklemmtes Hertz. Denn ob mir gleich der
Brand,
Daß es das Norder-Licht, nicht unbekannt;
So war iedoch das ſtrahlende bewegen
Des gantzen Firmaments ſo hefftig; daß ich mich
Zu dencken, wie hier folgt, nicht kunnt’ entlegen:
Wie iſt mir? ſchwindelt mir? zertheilet ſich, zerfaͤllt
Der gantze Bau der Ober-Welt?
Lodernde Flammen mit wallenden Blitzen,
Fliegende Duͤffte, voll ſtrahlender Spitzen,
Circkeln ſich, wirbeln ſich, ſchieſſen zuſammen;
Leuchten und ſchrecken, verſchwinden, entſtehn,
Wallen und wittern, erſcheinen, vergehn.
Allein:
Dort zeigt ſich gar ein bunter Blitz und Schein.
Gelb, feurig, gruͤn und blau
Faͤrbt ſich ein Flammen-Heer.
Es ſchrecket und ergetzt zugleich, die bunte Gluth.
Recht wie die Wellen ſich, in einer wilden Fluth,
Beſtuͤrmen, freſſen und verdringen;
So ſieht man hier, im bunten Feuer-Meer,
Die regen Flammen ſich verſchlingen.
Was aber mag doch wol der Schein
Recht eigentlich, und was die Urſach ſeyn?
Auf! auf! mein Geiſt, du muſt dich aufwaͤrts ſchwingen!
Beſtrebe dich, mit Ehr-Furcht, in die Tieffe
Der wirckenden Natur zu dringen,
Zu unſers Schoͤpfers Preiſ’; uͤm auch in dieſen Dingen
Sein’ Allmacht, Seine Lieb’ und Weisheit zu beſingen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/435>, abgerufen am 23.07.2024.
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