Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Eine Art Aloe.
Eine Art Aloe.
Wenn and're Bluhmen welck, und matt und Krafft-los
werden,

So biegen sie das Haupt, und sencken sich zur Erden.
Doch diese hub, so bald sie ihre Krafft verlohr,
So bald sie welckete, ihr lechzend Haupt empor.
Kaum sah' ich dieß, so dacht ich: liebste Bluhme,
Du blühetest nicht nur zu deines Schöpfers Ruhme;
Du blühetest auch nicht für mich vergebens.
Du sollt, am Ende meines Lebens,
Mit GOttes Hülffe mir, selbst in der Todes-Pein,
Auch ein belehrend Lehr-Bild seyn.
Jch will mich dann, wie du, bestreben,
Mich von der Erde zu erheben,
Und, sonder mehr an das, was irdisch, zu gedencken,
Mich von der Welt empor, und Himmel-wärts zu lencken.
Mein GOTT, wann ich dereinst von hier zur Ruhe
gehe,

So gieb, daß, wie es ietzt von mir, auch dann geschehe!


Das
C c
Eine Art Aloe.
Eine Art Aloe.
Wenn and’re Bluhmen welck, und matt und Krafft-los
werden,

So biegen ſie das Haupt, und ſencken ſich zur Erden.
Doch dieſe hub, ſo bald ſie ihre Krafft verlohr,
So bald ſie welckete, ihr lechzend Haupt empor.
Kaum ſah’ ich dieß, ſo dacht ich: liebſte Bluhme,
Du bluͤheteſt nicht nur zu deines Schoͤpfers Ruhme;
Du bluͤheteſt auch nicht fuͤr mich vergebens.
Du ſollt, am Ende meines Lebens,
Mit GOttes Huͤlffe mir, ſelbſt in der Todes-Pein,
Auch ein belehrend Lehr-Bild ſeyn.
Jch will mich dann, wie du, beſtreben,
Mich von der Erde zu erheben,
Und, ſonder mehr an das, was irdiſch, zu gedencken,
Mich von der Welt empor, und Himmel-waͤrts zu lencken.
Mein GOTT, wann ich dereinſt von hier zur Ruhe
gehe,

So gieb, daß, wie es ietzt von mir, auch dann geſchehe!


Das
C c
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0433" n="401"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Eine Art Aloe.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Eine Art Aloe.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>enn and&#x2019;re Bluhmen welck, und matt und Krafft-los<lb/><hi rendition="#et">werden,</hi></l><lb/>
              <l>So biegen &#x017F;ie das Haupt, und &#x017F;encken &#x017F;ich zur Erden.</l><lb/>
              <l>Doch die&#x017F;e hub, &#x017F;o bald &#x017F;ie ihre Krafft verlohr,</l><lb/>
              <l>So bald &#x017F;ie welckete, ihr lechzend Haupt empor.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Kaum &#x017F;ah&#x2019; ich dieß, &#x017F;o dacht ich: lieb&#x017F;te Bluhme,</l><lb/>
              <l>Du blu&#x0364;hete&#x017F;t nicht nur zu deines Scho&#x0364;pfers Ruhme;</l><lb/>
              <l>Du blu&#x0364;hete&#x017F;t auch nicht fu&#x0364;r mich vergebens.</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;ollt, am Ende meines Lebens,</l><lb/>
              <l>Mit GOttes Hu&#x0364;lffe mir, &#x017F;elb&#x017F;t in der Todes-Pein,</l><lb/>
              <l>Auch ein belehrend Lehr-Bild &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Jch will mich dann, wie du, be&#x017F;treben,</l><lb/>
              <l>Mich von der Erde zu erheben,</l><lb/>
              <l>Und, &#x017F;onder mehr an das, was irdi&#x017F;ch, zu gedencken,</l><lb/>
              <l>Mich von der Welt empor, und Himmel-wa&#x0364;rts zu lencken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Mein GOTT, wann ich derein&#x017F;t von hier zur Ruhe<lb/><hi rendition="#et">gehe,</hi></l><lb/>
              <l>So gieb, daß, wie es ietzt von mir, auch dann ge&#x017F;chehe!</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">C c</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Das</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0433] Eine Art Aloe. Eine Art Aloe. Wenn and’re Bluhmen welck, und matt und Krafft-los werden, So biegen ſie das Haupt, und ſencken ſich zur Erden. Doch dieſe hub, ſo bald ſie ihre Krafft verlohr, So bald ſie welckete, ihr lechzend Haupt empor. Kaum ſah’ ich dieß, ſo dacht ich: liebſte Bluhme, Du bluͤheteſt nicht nur zu deines Schoͤpfers Ruhme; Du bluͤheteſt auch nicht fuͤr mich vergebens. Du ſollt, am Ende meines Lebens, Mit GOttes Huͤlffe mir, ſelbſt in der Todes-Pein, Auch ein belehrend Lehr-Bild ſeyn. Jch will mich dann, wie du, beſtreben, Mich von der Erde zu erheben, Und, ſonder mehr an das, was irdiſch, zu gedencken, Mich von der Welt empor, und Himmel-waͤrts zu lencken. Mein GOTT, wann ich dereinſt von hier zur Ruhe gehe, So gieb, daß, wie es ietzt von mir, auch dann geſchehe! Das C c

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/433
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/433>, abgerufen am 22.11.2024.