Das selbst den Schnee beschämt. Sie gleichen weissen Sternen, Jn sechs-geeckter Form. Es ist ein iedes Blat Ein wenig ausgehölet, glatt, Und sind sie, in der Bluhmen Reich, Den Frühlings-Hyacinthen gleich, Doch weit ansehnlicher und grösser: Daher man sie des Herbstes-, ja noch besser Die Hyacinth der Jndianer nennt, Die ihres gleichen nicht an Grösse kennt.
Wer wird von deiner Balsam-Krafft, Mit welcher deine Bluhm' erfüllet, Und die, recht wie ein trockner Safft, Aus dir noch mehr fast fliesst, als quillet, Was würdiges erzehlen können?
Es scheint, geliebte Bluhm', in dir Ein unsichtbares Feur zu brennen, Das unaufhörlich dünstet, lodert, Das recht besondere Betrachtungen erfodert, Und, einem Rauch-Faß gleich, gewürtzte Düffte Rings üm sich her ins Reich der Lüffte, Mit stetem wallen, schickt, dem nahen GOTT zu ehren.
Ach laß denn dieser Bluhm' Exempel Doch auch bey dir die Glut der Andacht mehren! Dein Rauch-Faß sey dein Hertz! es sey die Welt dein Tem- pel! Betrachtung, Lust und Danck das Räuch-Werck! welches Dem, Der alles schuff, vermuthlich angenehm, Zum lieblichen Geruch.
O wah-
A a 3
Die Tuberoſe.
Das ſelbſt den Schnee beſchaͤmt. Sie gleichen weiſſen Sternen, Jn ſechs-geeckter Form. Es iſt ein iedes Blat Ein wenig ausgehoͤlet, glatt, Und ſind ſie, in der Bluhmen Reich, Den Fruͤhlings-Hyacinthen gleich, Doch weit anſehnlicher und groͤſſer: Daher man ſie des Herbſtes-, ja noch beſſer Die Hyacinth der Jndianer nennt, Die ihres gleichen nicht an Groͤſſe kennt.
Wer wird von deiner Balſam-Krafft, Mit welcher deine Bluhm’ erfuͤllet, Und die, recht wie ein trockner Safft, Aus dir noch mehr faſt flieſſt, als quillet, Was wuͤrdiges erzehlen koͤnnen?
Es ſcheint, geliebte Bluhm’, in dir Ein unſichtbares Feur zu brennen, Das unaufhoͤrlich duͤnſtet, lodert, Das recht beſondere Betrachtungen erfodert, Und, einem Rauch-Faß gleich, gewuͤrtzte Duͤffte Rings uͤm ſich her ins Reich der Luͤffte, Mit ſtetem wallen, ſchickt, dem nahen GOTT zu ehren.
Ach laß denn dieſer Bluhm’ Exempel Doch auch bey dir die Glut der Andacht mehren! Dein Rauch-Faß ſey dein Hertz! es ſey die Welt dein Tem- pel! Betrachtung, Luſt und Danck das Raͤuch-Werck! welches Dem, Der alles ſchuff, vermuthlich angenehm, Zum lieblichen Geruch.
O wah-
A a 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="6"><l><pbfacs="#f0405"n="373"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Tuberoſe.</hi></fw></l><lb/><l>Das ſelbſt den Schnee beſchaͤmt. Sie gleichen weiſſen<lb/><hirendition="#et">Sternen,</hi></l><lb/><l>Jn ſechs-geeckter Form. Es iſt ein iedes Blat</l><lb/><l>Ein wenig ausgehoͤlet, glatt,</l><lb/><l>Und ſind ſie, in der Bluhmen Reich,</l><lb/><l>Den Fruͤhlings-Hyacinthen gleich,</l><lb/><l>Doch weit anſehnlicher und groͤſſer:</l><lb/><l>Daher man ſie des Herbſtes-, ja noch beſſer</l><lb/><l>Die Hyacinth der Jndianer nennt,</l><lb/><l>Die ihres gleichen nicht an Groͤſſe kennt.</l></lg><lb/><lgn="7"><l>Wer wird von deiner Balſam-Krafft,</l><lb/><l>Mit welcher deine Bluhm’ erfuͤllet,</l><lb/><l>Und die, recht wie ein trockner Safft,</l><lb/><l>Aus dir noch mehr faſt flieſſt, als quillet,</l><lb/><l>Was wuͤrdiges erzehlen koͤnnen?</l></lg><lb/><lgn="8"><l>Es ſcheint, geliebte Bluhm’, in dir</l><lb/><l>Ein unſichtbares Feur zu brennen,</l><lb/><l>Das unaufhoͤrlich duͤnſtet, lodert,</l><lb/><l>Das recht beſondere Betrachtungen erfodert,</l><lb/><l>Und, einem Rauch-Faß gleich, gewuͤrtzte Duͤffte</l><lb/><l>Rings uͤm ſich her ins Reich der Luͤffte,</l><lb/><l>Mit ſtetem wallen, ſchickt, dem nahen GOTT zu ehren.</l></lg><lb/><lgn="9"><l>Ach laß denn dieſer Bluhm’ Exempel</l><lb/><l>Doch auch bey dir die Glut der Andacht mehren!</l><lb/><l>Dein Rauch-Faß ſey dein Hertz! es ſey die Welt dein Tem-<lb/><hirendition="#et">pel!</hi></l><lb/><l>Betrachtung, Luſt und Danck das Raͤuch-Werck! welches<lb/><hirendition="#et">Dem,</hi></l><lb/><l>Der alles ſchuff, vermuthlich angenehm,</l><lb/><l>Zum lieblichen Geruch.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">O wah-</fw><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[373/0405]
Die Tuberoſe.
Das ſelbſt den Schnee beſchaͤmt. Sie gleichen weiſſen
Sternen,
Jn ſechs-geeckter Form. Es iſt ein iedes Blat
Ein wenig ausgehoͤlet, glatt,
Und ſind ſie, in der Bluhmen Reich,
Den Fruͤhlings-Hyacinthen gleich,
Doch weit anſehnlicher und groͤſſer:
Daher man ſie des Herbſtes-, ja noch beſſer
Die Hyacinth der Jndianer nennt,
Die ihres gleichen nicht an Groͤſſe kennt.
Wer wird von deiner Balſam-Krafft,
Mit welcher deine Bluhm’ erfuͤllet,
Und die, recht wie ein trockner Safft,
Aus dir noch mehr faſt flieſſt, als quillet,
Was wuͤrdiges erzehlen koͤnnen?
Es ſcheint, geliebte Bluhm’, in dir
Ein unſichtbares Feur zu brennen,
Das unaufhoͤrlich duͤnſtet, lodert,
Das recht beſondere Betrachtungen erfodert,
Und, einem Rauch-Faß gleich, gewuͤrtzte Duͤffte
Rings uͤm ſich her ins Reich der Luͤffte,
Mit ſtetem wallen, ſchickt, dem nahen GOTT zu ehren.
Ach laß denn dieſer Bluhm’ Exempel
Doch auch bey dir die Glut der Andacht mehren!
Dein Rauch-Faß ſey dein Hertz! es ſey die Welt dein Tem-
pel!
Betrachtung, Luſt und Danck das Raͤuch-Werck! welches
Dem,
Der alles ſchuff, vermuthlich angenehm,
Zum lieblichen Geruch.
O wah-
A a 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/405>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.