Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.genommene Gedancken. Welch eine Mutter zeigt, aus Vorsorg', ihnen,Um ihr klein Nestchen weich zu machen, Sanft, niedlich und bequem, stat andrer Sachen, Sich zarter Woll' und Federn zu bedienen? Ja, wenn dergleichen nicht zu finden seyn, Wer gab so denn denselbigen die Triebe, Von einer Kunst- erfüllten Liebe, Und zärtlichen Erfindung, ein? Daß sie aus eigner Brust die Federchen zu nehmen, Mit ihrem Schnabel sich bequemen; Damit die zarte Zucht in einer weichen Wiegen Mag sanft, bequem und ruhig liegen? Durch welche Weisheit sind die Vögel angeführt, Daß iede Art ihr Nest, auf eigne Art, formirt? Begreifft es wol ein Mensch, wie solch ein Nest Auf tausend Arten sich zusammen setzen lässt? Wer flösset solchen Muth und solch Vertrauen Der schnellen Schwalben ein, ihr Nest bey uns zu bauen? Jndem sie uns ihr Werck zu weisen sich nicht schent, Uns recht zu Zeugen nimmt, sich gleichsam selbst erbeut, Aufrichtig alles uns zu zeigen. Sie bauet nicht aus Heu, auch nicht aus kleinen Zweigen, Sie bauet recht aus Kalck und Thon ihr Nest; Und zwar so starck und fest, Daß, braucht man sich dazu nicht Krafft und Stärcke, Es sich nicht leicht zerstören lässt. Und doch bedient sie sich zu diesem Wercke Des Schnabels bloß allein. Man
genommene Gedancken. Welch eine Mutter zeigt, aus Vorſorg’, ihnen,Um ihr klein Neſtchen weich zu machen, Sanft, niedlich und bequem, ſtat andrer Sachen, Sich zarter Woll’ und Federn zu bedienen? Ja, wenn dergleichen nicht zu finden ſeyn, Wer gab ſo denn denſelbigen die Triebe, Von einer Kunſt- erfuͤllten Liebe, Und zaͤrtlichen Erfindung, ein? Daß ſie aus eigner Bruſt die Federchen zu nehmen, Mit ihrem Schnabel ſich bequemen; Damit die zarte Zucht in einer weichen Wiegen Mag ſanft, bequem und ruhig liegen? Durch welche Weisheit ſind die Voͤgel angefuͤhrt, Daß iede Art ihr Neſt, auf eigne Art, formirt? Begreifft es wol ein Menſch, wie ſolch ein Neſt Auf tauſend Arten ſich zuſammen ſetzen laͤſſt? Wer floͤſſet ſolchen Muth und ſolch Vertrauen Der ſchnellen Schwalben ein, ihr Neſt bey uns zu bauen? Jndem ſie uns ihr Werck zu weiſen ſich nicht ſchent, Uns recht zu Zeugen nimmt, ſich gleichſam ſelbſt erbeut, Aufrichtig alles uns zu zeigen. Sie bauet nicht aus Heu, auch nicht aus kleinen Zweigen, Sie bauet recht aus Kalck und Thon ihr Neſt; Und zwar ſo ſtarck und feſt, Daß, braucht man ſich dazu nicht Krafft und Staͤrcke, Es ſich nicht leicht zerſtoͤren laͤſſt. Und doch bedient ſie ſich zu dieſem Wercke Des Schnabels bloß allein. Man
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genommene Gedancken.
Welch eine Mutter zeigt, aus Vorſorg’, ihnen,
Um ihr klein Neſtchen weich zu machen,
Sanft, niedlich und bequem, ſtat andrer Sachen,
Sich zarter Woll’ und Federn zu bedienen?
Ja, wenn dergleichen nicht zu finden ſeyn,
Wer gab ſo denn denſelbigen die Triebe,
Von einer Kunſt- erfuͤllten Liebe,
Und zaͤrtlichen Erfindung, ein?
Daß ſie aus eigner Bruſt die Federchen zu nehmen,
Mit ihrem Schnabel ſich bequemen;
Damit die zarte Zucht in einer weichen Wiegen
Mag ſanft, bequem und ruhig liegen?
Durch welche Weisheit ſind die Voͤgel angefuͤhrt,
Daß iede Art ihr Neſt, auf eigne Art, formirt?
Begreifft es wol ein Menſch, wie ſolch ein Neſt
Auf tauſend Arten ſich zuſammen ſetzen laͤſſt?
Wer floͤſſet ſolchen Muth und ſolch Vertrauen
Der ſchnellen Schwalben ein, ihr Neſt bey uns zu bauen?
Jndem ſie uns ihr Werck zu weiſen ſich nicht ſchent,
Uns recht zu Zeugen nimmt, ſich gleichſam ſelbſt erbeut,
Aufrichtig alles uns zu zeigen.
Sie bauet nicht aus Heu, auch nicht aus kleinen Zweigen,
Sie bauet recht aus Kalck und Thon ihr Neſt;
Und zwar ſo ſtarck und feſt,
Daß, braucht man ſich dazu nicht Krafft und Staͤrcke,
Es ſich nicht leicht zerſtoͤren laͤſſt.
Und doch bedient ſie ſich zu dieſem Wercke
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