Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Die herrliche Schau-Bühne. Sey Dir allein, o grosser Schöpfer! rieff ich, mit Thränenin den Augen, Worin ein Freuden-Feuer brannt'. Ach mögte mein ge- rührter Sinn, Ob dem, was mir so wol gefällt, Dir, HERR, durch Den ich, was ich bin, Und was ich sehe, bin und seh', aus Lieb' auch zu gefallen taugen! Ach mögt' ich Dich in Deinen Wercken doch stets, Dir wol- gefällig, loben! Der angenehm bebüschten Wiesen hell-grün-bestrahlte Herrlichkeit Ward durch die an dem Horizont noch überbliebne Dun- ckelheit Von einer halben Regen-Wolcke, die südlich noch im Osten stund, Und einen Strich daselbst noch schwärtzte, recht als durch einen duncklen Grund, Noch so viel schöner vorgestellt, noch desto kräfftiger erhoben. Man sah zugleich die helle Fluth der klaren Alster, zwischen Hügeln, Ju einem fast Saphirnen Glantz, vom Himmel so gefärbet, fliessen, Und öffters sanft auf fette Wiesen, und Gras und Bluhmen sich ergiessen. Da Binsen, Rohr und Kraut, und Bluhmen sich denn in ihr so hell bespiegeln, So lieblich, angenehm und bunt, so deutlich, rein und klar, so schön, Daß von der wahr-und falschen Bildung kaum kaum der Unterschied zu sehn. Des
Die herrliche Schau-Buͤhne. Sey Dir allein, o groſſer Schoͤpfer! rieff ich, mit Thraͤnenin den Augen, Worin ein Freuden-Feuer brannt’. Ach moͤgte mein ge- ruͤhrter Sinn, Ob dem, was mir ſo wol gefaͤllt, Dir, HERR, durch Den ich, was ich bin, Und was ich ſehe, bin und ſeh’, aus Lieb’ auch zu gefallen taugen! Ach moͤgt’ ich Dich in Deinen Wercken doch ſtets, Dir wol- gefaͤllig, loben! Der angenehm bebuͤſchten Wieſen hell-gruͤn-beſtrahlte Herrlichkeit Ward durch die an dem Horizont noch uͤberbliebne Dun- ckelheit Von einer halben Regen-Wolcke, die ſuͤdlich noch im Oſten ſtund, Und einen Strich daſelbſt noch ſchwaͤrtzte, recht als durch einen duncklen Grund, Noch ſo viel ſchoͤner vorgeſtellt, noch deſto kraͤfftiger erhoben. Man ſah zugleich die helle Fluth der klaren Alſter, zwiſchen Huͤgeln, Ju einem faſt Saphirnen Glantz, vom Himmel ſo gefaͤrbet, flieſſen, Und oͤffters ſanft auf fette Wieſen, und Gras und Bluhmen ſich ergieſſen. Da Binſen, Rohr und Kraut, und Bluhmen ſich denn in ihr ſo hell beſpiegeln, So lieblich, angenehm und bunt, ſo deutlich, rein und klar, ſo ſchoͤn, Daß von der wahr-und falſchen Bildung kaum kaum der Unterſchied zu ſehn. Des
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Die herrliche Schau-Buͤhne.
Sey Dir allein, o groſſer Schoͤpfer! rieff ich, mit Thraͤnen
in den Augen,
Worin ein Freuden-Feuer brannt’. Ach moͤgte mein ge-
ruͤhrter Sinn,
Ob dem, was mir ſo wol gefaͤllt, Dir, HERR, durch Den
ich, was ich bin,
Und was ich ſehe, bin und ſeh’, aus Lieb’ auch zu gefallen
taugen!
Ach moͤgt’ ich Dich in Deinen Wercken doch ſtets, Dir wol-
gefaͤllig, loben!
Der angenehm bebuͤſchten Wieſen hell-gruͤn-beſtrahlte
Herrlichkeit
Ward durch die an dem Horizont noch uͤberbliebne Dun-
ckelheit
Von einer halben Regen-Wolcke, die ſuͤdlich noch im Oſten
ſtund,
Und einen Strich daſelbſt noch ſchwaͤrtzte, recht als durch
einen duncklen Grund,
Noch ſo viel ſchoͤner vorgeſtellt, noch deſto kraͤfftiger erhoben.
Man ſah zugleich die helle Fluth der klaren Alſter,
zwiſchen Huͤgeln,
Ju einem faſt Saphirnen Glantz, vom Himmel ſo gefaͤrbet,
flieſſen,
Und oͤffters ſanft auf fette Wieſen, und Gras und Bluhmen
ſich ergieſſen.
Da Binſen, Rohr und Kraut, und Bluhmen ſich denn in ihr
ſo hell beſpiegeln,
So lieblich, angenehm und bunt, ſo deutlich, rein und
klar, ſo ſchoͤn,
Daß von der wahr-und falſchen Bildung kaum kaum der
Unterſchied zu ſehn.
Des
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