Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Einer prächtigen Nichtigkeit. Daß, ehe sie den Faden feste macht,Sie ihn, mit grossem Vorbedacht, Mit einem Fuß vorher verlängt, Damit, wann Wind und Luft die Wohnung drängt', Und etwan gar zu hefftig zöge, Dieselbe nicht zerreissen möge. Wer wies' ihr, daß, wenn wo von ungefehr Ein Blättchen, oder sonst was, in ihr Netze fällt, Sie ieden Faden, der es hält, Nicht nur zerbeisst, nein, mit dem Fuß, Daß es hinauswärts fallen muß, Und es das Netz im Fallen nicht versehre, Hinauswärts stößt: wie ich, daß solches offt geschehn, Offt mit verwunderndem Erstaunen angesehn, Und wie es iederman, Durch Einwurff eines Blats, gar leicht probiren kann. Von ihrer Schlauigkeit, die Fliegen und die Mücken, Zu ihrer Nahrung zu berücken; Auch wie sie die Natur schon in der Jugend lehrt, Daß, weil die kleine Brut in solcher Menge, Wie sie hervor kommt, sich an einem Ort nicht nehrt, Sie Fäden von gnugsamer Länge, Daß es sie tragen kann, Bey stillem Wetter von sich lassen; Die iede dann, Wohin ein Ungefehr sie bringet, Sich durch die Lufft zur neuen Heymat schwinget: Woselbst sie denn so gleich sich häußlich niederlässt; Auch wie im Fall sie gleich an ihrem Faden fest; Und Q 5
Einer praͤchtigen Nichtigkeit. Daß, ehe ſie den Faden feſte macht,Sie ihn, mit groſſem Vorbedacht, Mit einem Fuß vorher verlaͤngt, Damit, wann Wind und Luft die Wohnung draͤngt’, Und etwan gar zu hefftig zoͤge, Dieſelbe nicht zerreiſſen moͤge. Wer wieſ’ ihr, daß, wenn wo von ungefehr Ein Blaͤttchen, oder ſonſt was, in ihr Netze faͤllt, Sie ieden Faden, der es haͤlt, Nicht nur zerbeiſſt, nein, mit dem Fuß, Daß es hinauswaͤrts fallen muß, Und es das Netz im Fallen nicht verſehre, Hinauswaͤrts ſtoͤßt: wie ich, daß ſolches offt geſchehn, Offt mit verwunderndem Erſtaunen angeſehn, Und wie es iederman, Durch Einwurff eines Blats, gar leicht probiren kann. Von ihrer Schlauigkeit, die Fliegen und die Muͤcken, Zu ihrer Nahrung zu beruͤcken; Auch wie ſie die Natur ſchon in der Jugend lehrt, Daß, weil die kleine Brut in ſolcher Menge, Wie ſie hervor kommt, ſich an einem Ort nicht nehrt, Sie Faͤden von gnugſamer Laͤnge, Daß es ſie tragen kann, Bey ſtillem Wetter von ſich laſſen; Die iede dann, Wohin ein Ungefehr ſie bringet, Sich durch die Lufft zur neuen Heymat ſchwinget: Woſelbſt ſie denn ſo gleich ſich haͤußlich niederlaͤſſt; Auch wie im Fall ſie gleich an ihrem Faden feſt; Und Q 5
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Einer praͤchtigen Nichtigkeit.
Daß, ehe ſie den Faden feſte macht,
Sie ihn, mit groſſem Vorbedacht,
Mit einem Fuß vorher verlaͤngt,
Damit, wann Wind und Luft die Wohnung draͤngt’,
Und etwan gar zu hefftig zoͤge,
Dieſelbe nicht zerreiſſen moͤge.
Wer wieſ’ ihr, daß, wenn wo von ungefehr
Ein Blaͤttchen, oder ſonſt was, in ihr Netze faͤllt,
Sie ieden Faden, der es haͤlt,
Nicht nur zerbeiſſt, nein, mit dem Fuß,
Daß es hinauswaͤrts fallen muß,
Und es das Netz im Fallen nicht verſehre,
Hinauswaͤrts ſtoͤßt: wie ich, daß ſolches offt geſchehn,
Offt mit verwunderndem Erſtaunen angeſehn,
Und wie es iederman,
Durch Einwurff eines Blats, gar leicht probiren kann.
Von ihrer Schlauigkeit, die Fliegen und die Muͤcken,
Zu ihrer Nahrung zu beruͤcken;
Auch wie ſie die Natur ſchon in der Jugend lehrt,
Daß, weil die kleine Brut in ſolcher Menge,
Wie ſie hervor kommt, ſich an einem Ort nicht nehrt,
Sie Faͤden von gnugſamer Laͤnge,
Daß es ſie tragen kann,
Bey ſtillem Wetter von ſich laſſen;
Die iede dann,
Wohin ein Ungefehr ſie bringet,
Sich durch die Lufft zur neuen Heymat ſchwinget:
Woſelbſt ſie denn ſo gleich ſich haͤußlich niederlaͤſſt;
Auch wie im Fall ſie gleich an ihrem Faden feſt;
Und
Q 5
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