Jndem ich also stand und dacht, Zertheilten sich die Wolcken auf einmahl. Des Wassers Schwärtze wich, es gläntzt' ein weisser Strahl Fast heller, wie vorhin, auf der so trüben Fluth, Worauf nunmehr aufs neu ein heller Schimmer ruht: Es scheint, als ob sie sich im Augenblick vergülde. Wobey ich denn so an zu dencken fieng:
"Es scheinet, daß auch hier die Fluth die Menschen bilde: "Denn ist im Leiden und im Schertz "Nicht meistens aller Menschen Hertz "Ein trotzig und verzagtes Ding? "Doch ist hiebey am meisten zu bedauren, "Daß offtermahl "Ein bloß durch einen Dufft in uns erregtes trauren "So gar der Gottheit Allmacht-Strahl "Jn unsern Wasser-weichen Seelen "Vermögend sey zu tilgen, zu verhelen.
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Schneller Wechſel.
Jndem ich alſo ſtand und dacht, Zertheilten ſich die Wolcken auf einmahl. Des Waſſers Schwaͤrtze wich, es glaͤntzt’ ein weiſſer Strahl Faſt heller, wie vorhin, auf der ſo truͤben Fluth, Worauf nunmehr aufs neu ein heller Schimmer ruht: Es ſcheint, als ob ſie ſich im Augenblick verguͤlde. Wobey ich denn ſo an zu dencken fieng:
„Es ſcheinet, daß auch hier die Fluth die Menſchen bilde: „Denn iſt im Leiden und im Schertz „Nicht meiſtens aller Menſchen Hertz „Ein trotzig und verzagtes Ding? „Doch iſt hiebey am meiſten zu bedauren, „Daß offtermahl „Ein bloß durch einen Dufft in uns erregtes trauren „So gar der Gottheit Allmacht-Strahl „Jn unſern Waſſer-weichen Seelen „Vermoͤgend ſey zu tilgen, zu verhelen.
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Schneller Wechſel.
Jndem ich alſo ſtand und dacht,
Zertheilten ſich die Wolcken auf einmahl.
Des Waſſers Schwaͤrtze wich, es glaͤntzt’ ein weiſſer Strahl
Faſt heller, wie vorhin, auf der ſo truͤben Fluth,
Worauf nunmehr aufs neu ein heller Schimmer ruht:
Es ſcheint, als ob ſie ſich im Augenblick verguͤlde.
Wobey ich denn ſo an zu dencken fieng:
„Es ſcheinet, daß auch hier die Fluth die Menſchen bilde:
„Denn iſt im Leiden und im Schertz
„Nicht meiſtens aller Menſchen Hertz
„Ein trotzig und verzagtes Ding?
„Doch iſt hiebey am meiſten zu bedauren,
„Daß offtermahl
„Ein bloß durch einen Dufft in uns erregtes trauren
„So gar der Gottheit Allmacht-Strahl
„Jn unſern Waſſer-weichen Seelen
„Vermoͤgend ſey zu tilgen, zu verhelen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/249>, abgerufen am 28.04.2024.
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