Und zwar auf viele Meilen, Den Kreis der Lufft, in allen Himmels-Theilen, Um diese Kugel ein.
Je näher ich dem grossen Cörper kam, Je mehr ein süsser Duust mich ein-und übernahm. Die Seele lebete fast im Geruch allein. Die fünfffach sonst getheilte Krafft Vereinte sich, und wirckt' in meiner Lung' und Brust Ein' ungemeine Lust.
Auf einen hohen Berg gelangt' ich Anfangs an: Und, ob ich gleich, in meinem schnellen Flug, An dessen Härtigkeit mich zu verletzen, Mit Recht mich fürchtete, war er doch weich genug, Die Felsen gaben nach. Jhr Wesen kunnte man Nicht härter, als das Laub auf dichten Wipfeln, schätzen.
Hier hemmte sich iedoch mein schnelles fliegen, Und fand ich mich nicht weit von einem Fluß, An eines hohen Baumes Fuß, Auf einem weichen Boden liegen.
Jch richtete mich auf, üm dieses Berges Höhen Ein wenig in die Fern zu sehen; Allein, Es senckte sich der Sonnen Schein, An stat, wie sonst, zurück zu prallen, Und so uns ins Gesicht zu fallen, (Weil alle Cörper weich,) in sie hinein.
Daher
N
Traum-Geſicht.
Und zwar auf viele Meilen, Den Kreis der Lufft, in allen Himmels-Theilen, Um dieſe Kugel ein.
Je naͤher ich dem groſſen Coͤrper kam, Je mehr ein ſuͤſſer Duuſt mich ein-und uͤbernahm. Die Seele lebete faſt im Geruch allein. Die fuͤnfffach ſonſt getheilte Krafft Vereinte ſich, und wirckt’ in meiner Lung’ und Bruſt Ein’ ungemeine Luſt.
Auf einen hohen Berg gelangt’ ich Anfangs an: Und, ob ich gleich, in meinem ſchnellen Flug, An deſſen Haͤrtigkeit mich zu verletzen, Mit Recht mich fuͤrchtete, war er doch weich genug, Die Felſen gaben nach. Jhr Weſen kunnte man Nicht haͤrter, als das Laub auf dichten Wipfeln, ſchaͤtzen.
Hier hemmte ſich iedoch mein ſchnelles fliegen, Und fand ich mich nicht weit von einem Fluß, An eines hohen Baumes Fuß, Auf einem weichen Boden liegen.
Jch richtete mich auf, uͤm dieſes Berges Hoͤhen Ein wenig in die Fern zu ſehen; Allein, Es ſenckte ſich der Sonnen Schein, An ſtat, wie ſonſt, zuruͤck zu prallen, Und ſo uns ins Geſicht zu fallen, (Weil alle Coͤrper weich,) in ſie hinein.
Daher
N
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Traum-Geſicht.
Und zwar auf viele Meilen,
Den Kreis der Lufft, in allen Himmels-Theilen,
Um dieſe Kugel ein.
Je naͤher ich dem groſſen Coͤrper kam,
Je mehr ein ſuͤſſer Duuſt mich ein-und uͤbernahm.
Die Seele lebete faſt im Geruch allein.
Die fuͤnfffach ſonſt getheilte Krafft
Vereinte ſich, und wirckt’ in meiner Lung’ und Bruſt
Ein’ ungemeine Luſt.
Auf einen hohen Berg gelangt’ ich Anfangs an:
Und, ob ich gleich, in meinem ſchnellen Flug,
An deſſen Haͤrtigkeit mich zu verletzen,
Mit Recht mich fuͤrchtete, war er doch weich genug,
Die Felſen gaben nach. Jhr Weſen kunnte man
Nicht haͤrter, als das Laub auf dichten Wipfeln, ſchaͤtzen.
Hier hemmte ſich iedoch mein ſchnelles fliegen,
Und fand ich mich nicht weit von einem Fluß,
An eines hohen Baumes Fuß,
Auf einem weichen Boden liegen.
Jch richtete mich auf, uͤm dieſes Berges Hoͤhen
Ein wenig in die Fern zu ſehen;
Allein,
Es ſenckte ſich der Sonnen Schein,
An ſtat, wie ſonſt, zuruͤck zu prallen,
Und ſo uns ins Geſicht zu fallen,
(Weil alle Coͤrper weich,) in ſie hinein.
Daher
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/225>, abgerufen am 23.07.2024.
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