Wann alle Bluhmen ihre Pracht Allein vom Licht der Sonne haben, Und sie sich folglich auch am Licht der Sonne laben; So scheinet diese Bluhm' allein Fast für die Nacht Gemacht zu seyn. Wir können sie am Tage daß sie schön So wenig als die Sterne sehn.
Hier, deucht mich, find' ich eine Spur, Und scheinet fast hieraus zu fliessen, Daß Creaturen auch vielleicht in der Natur, Verhanden, die geschickt, auch sonder Sonnen-Schein, Verschiedner Schönheit zu geniessen, Und die an der Geschöpfe Schätzen, Wie andere bey Tag, des Nachts sich auch ergetzen. Jedoch es sey solch' eine Welt, Weil sie uns unbekannt, dahin gestellt; Wofern sie aber wircklich wäre, Verminderte sie nicht des grossen Schöpfers Ehre.
Jch schliesse denn hiemit, o schöne Wunder-Bluhme, Was ich in meiner Lust, zu deines Schöpfers Ruhme, Von deiner Zierde sang. Ach möchte meiner Lieder Klang Doch Jhm auch angenehm, und nicht nur mir allein, Auch manchem Leser, nützlich seyn!
Das
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Flos Admirabilis.
Wann alle Bluhmen ihre Pracht Allein vom Licht der Sonne haben, Und ſie ſich folglich auch am Licht der Sonne laben; So ſcheinet dieſe Bluhm’ allein Faſt fuͤr die Nacht Gemacht zu ſeyn. Wir koͤnnen ſie am Tage daß ſie ſchoͤn So wenig als die Sterne ſehn.
Hier, deucht mich, find’ ich eine Spur, Und ſcheinet faſt hieraus zu flieſſen, Daß Creaturen auch vielleicht in der Natur, Verhanden, die geſchickt, auch ſonder Sonnen-Schein, Verſchiedner Schoͤnheit zu genieſſen, Und die an der Geſchoͤpfe Schaͤtzen, Wie andere bey Tag, des Nachts ſich auch ergetzen. Jedoch es ſey ſolch’ eine Welt, Weil ſie uns unbekannt, dahin geſtellt; Wofern ſie aber wircklich waͤre, Verminderte ſie nicht des groſſen Schoͤpfers Ehre.
Jch ſchlieſſe denn hiemit, o ſchoͤne Wunder-Bluhme, Was ich in meiner Luſt, zu deines Schoͤpfers Ruhme, Von deiner Zierde ſang. Ach moͤchte meiner Lieder Klang Doch Jhm auch angenehm, und nicht nur mir allein, Auch manchem Leſer, nuͤtzlich ſeyn!
Das
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Flos Admirabilis.
Wann alle Bluhmen ihre Pracht
Allein vom Licht der Sonne haben,
Und ſie ſich folglich auch am Licht der Sonne laben;
So ſcheinet dieſe Bluhm’ allein
Faſt fuͤr die Nacht
Gemacht zu ſeyn.
Wir koͤnnen ſie am Tage daß ſie ſchoͤn
So wenig als die Sterne ſehn.
Hier, deucht mich, find’ ich eine Spur,
Und ſcheinet faſt hieraus zu flieſſen,
Daß Creaturen auch vielleicht in der Natur,
Verhanden, die geſchickt, auch ſonder Sonnen-Schein,
Verſchiedner Schoͤnheit zu genieſſen,
Und die an der Geſchoͤpfe Schaͤtzen,
Wie andere bey Tag, des Nachts ſich auch ergetzen.
Jedoch es ſey ſolch’ eine Welt,
Weil ſie uns unbekannt, dahin geſtellt;
Wofern ſie aber wircklich waͤre,
Verminderte ſie nicht des groſſen Schoͤpfers Ehre.
Jch ſchlieſſe denn hiemit, o ſchoͤne Wunder-Bluhme,
Was ich in meiner Luſt, zu deines Schoͤpfers Ruhme,
Von deiner Zierde ſang.
Ach moͤchte meiner Lieder Klang
Doch Jhm auch angenehm, und nicht nur mir allein,
Auch manchem Leſer, nuͤtzlich ſeyn!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/211>, abgerufen am 23.07.2024.
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