Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Flos Admirabilis.
Ein Wunder, welches dem, der es bedenckt,
Unfehlbar muß zu einem Wesen leiten,
Das anders, künstlicher, und weiser wirckt, als wir.
Ach daß man dem dafür
Nicht wenigstens, nebst froher Danck-Begier,
Die Ehre der Betrachtung schenckt!

Noch stellt uns dieser Bluhmen Zier
Jn ihrem Unterschied ein neues Wunder für.
Wenn alle Bluhmen sonst einander völlig gleichen,
Die einer Mutter Kinder seyn;
So kommt bey dieser hier
Nicht eine mit der andern überein.
Sie sind an Aenderung so unbeschreiblich reich,
Daß es unglaublich ist. Steht etwan diese gantz
Jn einer rothen Gluht, so stehet jene
Der ersten Nachbarin, nicht minder schöne
Jn einem lieblich gelben Glantz.
Halb gelb, halb roth ist die bey jener sitzet,
Jnzwischen daß ein kleiner gelber Strich
Dort auf der vierten Purpur blitzet.
Wann dort ein rother Streiff durch gelbe Bluhmen läufft,
Sind hier die rothen gelb gestreifft.
Ein grosses Theil punctiret sich
Auf stets veränderliche Weise.
Viel zeigen Linien und Punct' in einem Kreise.
Lässt sich auf manchem Busch nur roht und Purpur sehn,
So sieht man gantze Büsch' in Weiß und Purpur stehn.
Bewunderns-würdig ist noch ferner, daß sich hier,
Bey solcher Mannigfaltigkeit
Jn

Flos Admirabilis.
Ein Wunder, welches dem, der es bedenckt,
Unfehlbar muß zu einem Weſen leiten,
Das anders, kuͤnſtlicher, und weiſer wirckt, als wir.
Ach daß man dem dafuͤr
Nicht wenigſtens, nebſt froher Danck-Begier,
Die Ehre der Betrachtung ſchenckt!

Noch ſtellt uns dieſer Bluhmen Zier
Jn ihrem Unterſchied ein neues Wunder fuͤr.
Wenn alle Bluhmen ſonſt einander voͤllig gleichen,
Die einer Mutter Kinder ſeyn;
So kommt bey dieſer hier
Nicht eine mit der andern uͤberein.
Sie ſind an Aenderung ſo unbeſchreiblich reich,
Daß es unglaublich iſt. Steht etwan dieſe gantz
Jn einer rothen Gluht, ſo ſtehet jene
Der erſten Nachbarin, nicht minder ſchoͤne
Jn einem lieblich gelben Glantz.
Halb gelb, halb roth iſt die bey jener ſitzet,
Jnzwiſchen daß ein kleiner gelber Strich
Dort auf der vierten Purpur blitzet.
Wann dort ein rother Streiff durch gelbe Bluhmen laͤufft,
Sind hier die rothen gelb geſtreifft.
Ein groſſes Theil punctiret ſich
Auf ſtets veraͤnderliche Weiſe.
Viel zeigen Linien und Punct’ in einem Kreiſe.
Laͤſſt ſich auf manchem Buſch nur roht und Purpur ſehn,
So ſieht man gantze Buͤſch’ in Weiß und Purpur ſtehn.
Bewunderns-wuͤrdig iſt noch ferner, daß ſich hier,
Bey ſolcher Mannigfaltigkeit
Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="6">
              <pb facs="#f0208" n="176"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Flos Admirabilis.</hi> </fw><lb/>
              <l>Ein Wunder, welches dem, der es bedenckt,</l><lb/>
              <l>Unfehlbar muß zu einem We&#x017F;en leiten,</l><lb/>
              <l>Das anders, ku&#x0364;n&#x017F;tlicher, und wei&#x017F;er wirckt, als wir.</l><lb/>
              <l>Ach daß man dem dafu&#x0364;r</l><lb/>
              <l>Nicht wenig&#x017F;tens, neb&#x017F;t froher Danck-Begier,</l><lb/>
              <l>Die Ehre der Betrachtung &#x017F;chenckt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Noch &#x017F;tellt uns die&#x017F;er Bluhmen Zier</l><lb/>
              <l>Jn ihrem Unter&#x017F;chied ein neues Wunder fu&#x0364;r.</l><lb/>
              <l>Wenn alle Bluhmen &#x017F;on&#x017F;t einander vo&#x0364;llig gleichen,</l><lb/>
              <l>Die einer Mutter Kinder &#x017F;eyn;</l><lb/>
              <l>So kommt bey die&#x017F;er hier</l><lb/>
              <l>Nicht eine mit der andern u&#x0364;berein.</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ind an Aenderung &#x017F;o unbe&#x017F;chreiblich reich,</l><lb/>
              <l>Daß es unglaublich i&#x017F;t. Steht etwan die&#x017F;e gantz</l><lb/>
              <l>Jn einer rothen Gluht, &#x017F;o &#x017F;tehet jene</l><lb/>
              <l>Der er&#x017F;ten Nachbarin, nicht minder &#x017F;cho&#x0364;ne</l><lb/>
              <l>Jn einem lieblich gelben Glantz.</l><lb/>
              <l>Halb gelb, halb roth i&#x017F;t die bey jener &#x017F;itzet,</l><lb/>
              <l>Jnzwi&#x017F;chen daß ein kleiner gelber Strich</l><lb/>
              <l>Dort auf der vierten Purpur blitzet.</l><lb/>
              <l>Wann dort ein rother Streiff durch gelbe Bluhmen la&#x0364;ufft,</l><lb/>
              <l>Sind hier die rothen gelb ge&#x017F;treifft.</l><lb/>
              <l>Ein gro&#x017F;&#x017F;es Theil punctiret &#x017F;ich</l><lb/>
              <l>Auf &#x017F;tets vera&#x0364;nderliche Wei&#x017F;e.</l><lb/>
              <l>Viel zeigen Linien und Punct&#x2019; in einem Krei&#x017F;e.</l><lb/>
              <l>La&#x0364;&#x017F;&#x017F;t &#x017F;ich auf manchem Bu&#x017F;ch nur roht und Purpur &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;ieht man gantze Bu&#x0364;&#x017F;ch&#x2019; in Weiß und Purpur &#x017F;tehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Bewunderns-wu&#x0364;rdig i&#x017F;t noch ferner, daß &#x017F;ich hier,</l><lb/>
              <l>Bey &#x017F;olcher Mannigfaltigkeit</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0208] Flos Admirabilis. Ein Wunder, welches dem, der es bedenckt, Unfehlbar muß zu einem Weſen leiten, Das anders, kuͤnſtlicher, und weiſer wirckt, als wir. Ach daß man dem dafuͤr Nicht wenigſtens, nebſt froher Danck-Begier, Die Ehre der Betrachtung ſchenckt! Noch ſtellt uns dieſer Bluhmen Zier Jn ihrem Unterſchied ein neues Wunder fuͤr. Wenn alle Bluhmen ſonſt einander voͤllig gleichen, Die einer Mutter Kinder ſeyn; So kommt bey dieſer hier Nicht eine mit der andern uͤberein. Sie ſind an Aenderung ſo unbeſchreiblich reich, Daß es unglaublich iſt. Steht etwan dieſe gantz Jn einer rothen Gluht, ſo ſtehet jene Der erſten Nachbarin, nicht minder ſchoͤne Jn einem lieblich gelben Glantz. Halb gelb, halb roth iſt die bey jener ſitzet, Jnzwiſchen daß ein kleiner gelber Strich Dort auf der vierten Purpur blitzet. Wann dort ein rother Streiff durch gelbe Bluhmen laͤufft, Sind hier die rothen gelb geſtreifft. Ein groſſes Theil punctiret ſich Auf ſtets veraͤnderliche Weiſe. Viel zeigen Linien und Punct’ in einem Kreiſe. Laͤſſt ſich auf manchem Buſch nur roht und Purpur ſehn, So ſieht man gantze Buͤſch’ in Weiß und Purpur ſtehn. Bewunderns-wuͤrdig iſt noch ferner, daß ſich hier, Bey ſolcher Mannigfaltigkeit Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/208
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/208>, abgerufen am 27.04.2024.