Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Grosse im Kleinen.
Das Grosse im Kleinen.
Wir haben zu des Schöpfers Ruhme, wol eh' uns in
die Höh' geschwungen,

Und, zu des Allerhöchsten Ehren, wol eh' vom Grossen was
gesungen:

Wir haben ebenfalls den Geist auch in die Enge wol
gezogen,

Und das, was klein in der Natur, mit Andacht, gleicher
Weis' erwogen.
Auf! lasset uns denn ietzt mit Lust, und Ernst, und An-
dacht uns bestreben,

Auf einen grossen Satz, der gleichfalls so wahr als die, recht
Acht zu geben.
Nicht nur was klein, ist in dem Grossen; was Grosses,
ob wirs gleich nicht meinen,

Jst überall unendlich groß, und folglich groß auch in
dem Kleinen.
Wenn die Materie den Geist vermögend wäre auszu-
schliessen,

So würde, wenn man dieses glaubte, unstreitig daraus
dieses fliessen:

Daß selbst die Gottheit Grentzen hätte; daß Sie, bis zur
Materie

Nur bloß, und dann nicht weiter geh.
Wie läch-und lästerlich nun dieß, wird ja ein ieder leicht
erkennen,

Dem GOTT nur den geringsten Theil von einer Seele
wollen gönnen.

Durch-
Das Groſſe im Kleinen.
Das Groſſe im Kleinen.
Wir haben zu des Schoͤpfers Ruhme, wol eh’ uns in
die Hoͤh’ geſchwungen,

Und, zu des Allerhoͤchſten Ehren, wol eh’ vom Groſſen was
geſungen:

Wir haben ebenfalls den Geiſt auch in die Enge wol
gezogen,

Und das, was klein in der Natur, mit Andacht, gleicher
Weiſ’ erwogen.
Auf! laſſet uns denn ietzt mit Luſt, und Ernſt, und An-
dacht uns beſtreben,

Auf einen groſſen Satz, der gleichfalls ſo wahr als die, recht
Acht zu geben.
Nicht nur was klein, iſt in dem Groſſen; was Groſſes,
ob wirs gleich nicht meinen,

Jſt uͤberall unendlich groß, und folglich groß auch in
dem Kleinen.
Wenn die Materie den Geiſt vermoͤgend waͤre auszu-
ſchlieſſen,

So wuͤrde, wenn man dieſes glaubte, unſtreitig daraus
dieſes flieſſen:

Daß ſelbſt die Gottheit Grentzen haͤtte; daß Sie, bis zur
Materie

Nur bloß, und dann nicht weiter geh.
Wie laͤch-und laͤſterlich nun dieß, wird ja ein ieder leicht
erkennen,

Dem GOTT nur den geringſten Theil von einer Seele
wollen goͤnnen.

Durch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0191" n="159"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Gro&#x017F;&#x017F;e im Kleinen.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Das Gro&#x017F;&#x017F;e im Kleinen.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ir haben zu des Scho&#x0364;pfers Ruhme, wol eh&#x2019; uns in<lb/><hi rendition="#et">die Ho&#x0364;h&#x2019; ge&#x017F;chwungen,</hi></l><lb/>
              <l>Und, zu des Allerho&#x0364;ch&#x017F;ten Ehren, wol eh&#x2019; vom Gro&#x017F;&#x017F;en was<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;ungen:</hi></l><lb/>
              <l>Wir haben ebenfalls den Gei&#x017F;t auch in die Enge wol<lb/><hi rendition="#et">gezogen,</hi></l><lb/>
              <l>Und das, was klein in der Natur, mit Andacht, gleicher<lb/><hi rendition="#et">Wei&#x017F;&#x2019; erwogen.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Auf! la&#x017F;&#x017F;et uns denn ietzt mit Lu&#x017F;t, und Ern&#x017F;t, und An-<lb/><hi rendition="#et">dacht uns be&#x017F;treben,</hi></l><lb/>
              <l>Auf einen gro&#x017F;&#x017F;en Satz, der gleichfalls &#x017F;o wahr als die, recht<lb/><hi rendition="#et">Acht zu geben.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Nicht nur was klein, i&#x017F;t in dem Gro&#x017F;&#x017F;en; was Gro&#x017F;&#x017F;es,<lb/><hi rendition="#et">ob wirs gleich nicht meinen,</hi></hi></l><lb/>
              <l> <hi rendition="#fr">J&#x017F;t u&#x0364;berall unendlich groß, und folglich groß auch in<lb/><hi rendition="#et">dem Kleinen.</hi></hi> </l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wenn die Materie den Gei&#x017F;t vermo&#x0364;gend wa&#x0364;re auszu-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
              <l>So wu&#x0364;rde, wenn man die&#x017F;es glaubte, un&#x017F;treitig daraus<lb/><hi rendition="#et">die&#x017F;es flie&#x017F;&#x017F;en:</hi></l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;elb&#x017F;t die Gottheit Grentzen ha&#x0364;tte; daß Sie, bis zur<lb/><hi rendition="#et">Materie</hi></l><lb/>
              <l>Nur bloß, und dann nicht weiter geh.</l><lb/>
              <l>Wie la&#x0364;ch-und la&#x0364;&#x017F;terlich nun dieß, wird ja ein ieder leicht<lb/><hi rendition="#et">erkennen,</hi></l><lb/>
              <l>Dem GOTT nur den gering&#x017F;ten Theil von einer Seele<lb/><hi rendition="#et">wollen go&#x0364;nnen.</hi></l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Durch-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0191] Das Groſſe im Kleinen. Das Groſſe im Kleinen. Wir haben zu des Schoͤpfers Ruhme, wol eh’ uns in die Hoͤh’ geſchwungen, Und, zu des Allerhoͤchſten Ehren, wol eh’ vom Groſſen was geſungen: Wir haben ebenfalls den Geiſt auch in die Enge wol gezogen, Und das, was klein in der Natur, mit Andacht, gleicher Weiſ’ erwogen. Auf! laſſet uns denn ietzt mit Luſt, und Ernſt, und An- dacht uns beſtreben, Auf einen groſſen Satz, der gleichfalls ſo wahr als die, recht Acht zu geben. Nicht nur was klein, iſt in dem Groſſen; was Groſſes, ob wirs gleich nicht meinen, Jſt uͤberall unendlich groß, und folglich groß auch in dem Kleinen. Wenn die Materie den Geiſt vermoͤgend waͤre auszu- ſchlieſſen, So wuͤrde, wenn man dieſes glaubte, unſtreitig daraus dieſes flieſſen: Daß ſelbſt die Gottheit Grentzen haͤtte; daß Sie, bis zur Materie Nur bloß, und dann nicht weiter geh. Wie laͤch-und laͤſterlich nun dieß, wird ja ein ieder leicht erkennen, Dem GOTT nur den geringſten Theil von einer Seele wollen goͤnnen. Durch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/191
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/191>, abgerufen am 02.05.2024.