Wie wir, wann wir Aurora Rosen-Licht Nicht mehr am Firmamente sehen, Selbst in Aurora Farben stehen, Merckt es gleich unser Auge nicht; Und wie wir in den Abend-Stunden Das Abend-Roth nicht eh' empfunden, Als bis es sich von uns entfernet, und vergeht; So mercken wir das Glück, das GOTT uns gönnet, Jn ferner Hoffnung nur, auch wann sichs von uns trennet; Nur dann am wenigsten, wanns uns am nächsten steht.
Ach liebste Menschen, lernet! lernet Das gegenwärtge Glück erkennen; Nicht, wann es noch nicht da! nicht erst, wann sichs ent- fernet, Und nicht in Furcht und Hoffnung nur allein, Nein dann, wann ihr es seyd, vergnügt zu seyn! So dürftet ihr vielleicht, in wol empfundnen Freuden, Aus blosser Danckbarkeit, die Laster meiden.
Noth-
K 2
Gegenwart des Guten.
Gegenwart des Guten.
Wie wir, wann wir Aurora Roſen-Licht Nicht mehr am Firmamente ſehen, Selbſt in Aurora Farben ſtehen, Merckt es gleich unſer Auge nicht; Und wie wir in den Abend-Stunden Das Abend-Roth nicht eh’ empfunden, Als bis es ſich von uns entfernet, und vergeht; So mercken wir das Gluͤck, das GOTT uns goͤnnet, Jn ferner Hoffnung nur, auch wann ſichs von uns trennet; Nur dann am wenigſten, wanns uns am naͤchſten ſteht.
Ach liebſte Menſchen, lernet! lernet Das gegenwaͤrtge Gluͤck erkennen; Nicht, wann es noch nicht da! nicht erſt, wann ſichs ent- fernet, Und nicht in Furcht und Hoffnung nur allein, Nein dann, wann ihr es ſeyd, vergnuͤgt zu ſeyn! So duͤrftet ihr vielleicht, in wol empfundnen Freuden, Aus bloſſer Danckbarkeit, die Laſter meiden.
Noth-
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Gegenwart des Guten.
Gegenwart des Guten.
Wie wir, wann wir Aurora Roſen-Licht
Nicht mehr am Firmamente ſehen,
Selbſt in Aurora Farben ſtehen,
Merckt es gleich unſer Auge nicht;
Und wie wir in den Abend-Stunden
Das Abend-Roth nicht eh’ empfunden,
Als bis es ſich von uns entfernet, und vergeht;
So mercken wir das Gluͤck, das GOTT uns goͤnnet,
Jn ferner Hoffnung nur, auch wann ſichs von uns trennet;
Nur dann am wenigſten, wanns uns am naͤchſten ſteht.
Ach liebſte Menſchen, lernet! lernet
Das gegenwaͤrtge Gluͤck erkennen;
Nicht, wann es noch nicht da! nicht erſt, wann ſichs ent-
fernet,
Und nicht in Furcht und Hoffnung nur allein,
Nein dann, wann ihr es ſeyd, vergnuͤgt zu ſeyn!
So duͤrftet ihr vielleicht, in wol empfundnen Freuden,
Aus bloſſer Danckbarkeit, die Laſter meiden.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/179>, abgerufen am 23.07.2024.
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