Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

Die lehrende Mah-Bluhme.

Sondern dessen Eigenschaft,
Durch uns unbekannte Krafft,
Also sich in sich verjünget,
Und sich selber wiederbringet.



Noch hab ich an diesen Bluhmen, wann die Knospen
offen gehn,

Da sie krumm gebogen stehn,
Daß die meisten Erd-wärts sehn,
Mehr als einmahl selbst betrachtet, auch wohl sonst davon
gehört.
Aber eh' und wann sie sterben,
Und die Blätter sich entfärben,
Sind sie Himmel-wärts gekehrt.
Dadurch werd auch ich belehrt,
Daß ie älter ich hier werde,
Jch auch billig Seel und Sinn
Von den Tieffen dieser Erde
Wende nach dem Himmel hin.
So wird, wie ein' irdsche Crone
Diesen Bluhmen, also mir,
Jn nie welcker Pracht und Zier,
Eine himmlische zum Lohne.
Noch

Die lehrende Mah-Bluhme.

Sondern deſſen Eigenſchaft,
Durch uns unbekannte Krafft,
Alſo ſich in ſich verjuͤnget,
Und ſich ſelber wiederbringet.



Noch hab ich an dieſen Bluhmen, wann die Knospen
offen gehn,

Da ſie krumm gebogen ſtehn,
Daß die meiſten Erd-waͤrts ſehn,
Mehr als einmahl ſelbſt betrachtet, auch wohl ſonſt davon
gehoͤrt.
Aber eh’ und wann ſie ſterben,
Und die Blaͤtter ſich entfaͤrben,
Sind ſie Himmel-waͤrts gekehrt.
Dadurch werd auch ich belehrt,
Daß ie aͤlter ich hier werde,
Jch auch billig Seel und Sinn
Von den Tieffen dieſer Erde
Wende nach dem Himmel hin.
So wird, wie ein’ irdſche Crone
Dieſen Bluhmen, alſo mir,
Jn nie welcker Pracht und Zier,
Eine himmliſche zum Lohne.
Noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <l>
                <pb facs="#f0152" n="120"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die lehrende Mah-Bluhme.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Sondern de&#x017F;&#x017F;en Eigen&#x017F;chaft,</l><lb/>
              <l>Durch uns unbekannte Krafft,</l><lb/>
              <l>Al&#x017F;o &#x017F;ich in &#x017F;ich verju&#x0364;nget,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ich &#x017F;elber wiederbringet.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="4">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>och hab ich an die&#x017F;en Bluhmen, wann die Knospen<lb/><hi rendition="#et">offen gehn,</hi></l><lb/>
              <l>Da &#x017F;ie krumm gebogen &#x017F;tehn,</l><lb/>
              <l>Daß die mei&#x017F;ten Erd-wa&#x0364;rts &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Mehr als einmahl &#x017F;elb&#x017F;t betrachtet, auch wohl &#x017F;on&#x017F;t davon<lb/><hi rendition="#et">geho&#x0364;rt.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Aber eh&#x2019; und wann &#x017F;ie &#x017F;terben,</l><lb/>
              <l>Und die Bla&#x0364;tter &#x017F;ich entfa&#x0364;rben,</l><lb/>
              <l>Sind &#x017F;ie Himmel-wa&#x0364;rts gekehrt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Dadurch werd auch ich belehrt,</l><lb/>
              <l>Daß ie a&#x0364;lter ich hier werde,</l><lb/>
              <l>Jch auch billig Seel und Sinn</l><lb/>
              <l>Von den Tieffen die&#x017F;er Erde</l><lb/>
              <l>Wende nach dem Himmel hin.</l><lb/>
              <l>So wird, wie ein&#x2019; ird&#x017F;che Crone</l><lb/>
              <l>Die&#x017F;en Bluhmen, al&#x017F;o mir,</l><lb/>
              <l>Jn nie welcker Pracht und Zier,</l><lb/>
              <l>Eine himmli&#x017F;che zum Lohne.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0152] Die lehrende Mah-Bluhme. Sondern deſſen Eigenſchaft, Durch uns unbekannte Krafft, Alſo ſich in ſich verjuͤnget, Und ſich ſelber wiederbringet. Noch hab ich an dieſen Bluhmen, wann die Knospen offen gehn, Da ſie krumm gebogen ſtehn, Daß die meiſten Erd-waͤrts ſehn, Mehr als einmahl ſelbſt betrachtet, auch wohl ſonſt davon gehoͤrt. Aber eh’ und wann ſie ſterben, Und die Blaͤtter ſich entfaͤrben, Sind ſie Himmel-waͤrts gekehrt. Dadurch werd auch ich belehrt, Daß ie aͤlter ich hier werde, Jch auch billig Seel und Sinn Von den Tieffen dieſer Erde Wende nach dem Himmel hin. So wird, wie ein’ irdſche Crone Dieſen Bluhmen, alſo mir, Jn nie welcker Pracht und Zier, Eine himmliſche zum Lohne. Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/152
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/152>, abgerufen am 03.05.2024.