Jn den so zarten Kleinigkeiten, So sich durch die Natur bereiten, Wenn er sie recht betrachtet und ergründet, Vergnügen in des Höchsten Allmacht findet.
Um von dem Baume nun noch mehrers zu erzehlen, Auf dem man solchen Schmuck in solcher Meng erblicket; So ist kein Mensch, der seine Pracht, Die Anmuth seiner grünen Nacht, Zumahl in schwüler Zeit, in hellen Sonnen-Strahlen Natürlich bilden kan, beschreiben oder mahlen. Wenn man die Augen mit Bedacht Auf seine äusre Schönheit lencket, Auch in die grüne Tieffe sencket; Vergnüget sich das Hertz, und rühmt des Schöpfers Macht. Jndem, dies holde Grün dem, der es wol bemerckt, Nicht nur sein leibliches sein Seelen-Aug' auch stärckt.
So mancher Grad vom Licht, so mancher Grad vom Schatten Jst in den dunckel-grünen Gründen, Worinn sie sich bald scheiden, bald sich gatten. Hier nimmt ein dunckler Zweig, von vielen Blättern kraus, Sich dort von einer lichten Stelle, Die durch der Sonnen Feur bestrahlt und helle, Recht unvergleichlich aus. Dort sticht ein heller Platz, der gantz im Lichten steht, Jndem des Himmels Gluth auf ihn herab Mit vollen Strahlen fällt; sich ebenmäßig ab Von einer Schattenreichen Tieffe, Die sein Licht-helles Grün als eine Fulg' erhöht: Wenn nun der güldnen Sonnen Schein Sich allgemählich abwerts senckt, Und sich, dem Schein nach, von uns lenckt; Zieht in dies grüne Zelt, bey gantzen Schaaren, ein
Das
Jn den ſo zarten Kleinigkeiten, So ſich durch die Natur bereiten, Wenn er ſie recht betrachtet und ergruͤndet, Vergnuͤgen in des Hoͤchſten Allmacht findet.
Um von dem Baume nun noch mehrers zu erzehlen, Auf dem man ſolchen Schmuck in ſolcher Meng erblicket; So iſt kein Menſch, der ſeine Pracht, Die Anmuth ſeiner gruͤnen Nacht, Zumahl in ſchwuͤler Zeit, in hellen Sonnen-Strahlen Natuͤrlich bilden kan, beſchreiben oder mahlen. Wenn man die Augen mit Bedacht Auf ſeine aͤuſre Schoͤnheit lencket, Auch in die gruͤne Tieffe ſencket; Vergnuͤget ſich das Hertz, und ruͤhmt des Schoͤpfers Macht. Jndem, dies holde Gruͤn dem, der es wol bemerckt, Nicht nur ſein leibliches ſein Seelen-Aug’ auch ſtaͤrckt.
So mancher Grad vom Licht, ſo mancher Grad vom Schatten Jſt in den dunckel-gruͤnen Gruͤnden, Worinn ſie ſich bald ſcheiden, bald ſich gatten. Hier nimmt ein dunckler Zweig, von vielen Blaͤttern kraus, Sich dort von einer lichten Stelle, Die durch der Sonnen Feur beſtrahlt und helle, Recht unvergleichlich aus. Dort ſticht ein heller Platz, der gantz im Lichten ſteht, Jndem des Himmels Gluth auf ihn herab Mit vollen Strahlen faͤllt; ſich ebenmaͤßig ab Von einer Schattenreichen Tieffe, Die ſein Licht-helles Gruͤn als eine Fulg’ erhoͤht: Wenn nun der guͤldnen Sonnen Schein Sich allgemaͤhlich abwerts ſenckt, Und ſich, dem Schein nach, von uns lenckt; Zieht in dies gruͤne Zelt, bey gantzen Schaaren, ein
Das
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Jn den ſo zarten Kleinigkeiten,
So ſich durch die Natur bereiten,
Wenn er ſie recht betrachtet und ergruͤndet,
Vergnuͤgen in des Hoͤchſten Allmacht findet.
Um von dem Baume nun noch mehrers zu erzehlen,
Auf dem man ſolchen Schmuck in ſolcher Meng erblicket;
So iſt kein Menſch, der ſeine Pracht,
Die Anmuth ſeiner gruͤnen Nacht,
Zumahl in ſchwuͤler Zeit, in hellen Sonnen-Strahlen
Natuͤrlich bilden kan, beſchreiben oder mahlen.
Wenn man die Augen mit Bedacht
Auf ſeine aͤuſre Schoͤnheit lencket,
Auch in die gruͤne Tieffe ſencket;
Vergnuͤget ſich das Hertz, und ruͤhmt des Schoͤpfers Macht.
Jndem, dies holde Gruͤn dem, der es wol bemerckt,
Nicht nur ſein leibliches ſein Seelen-Aug’ auch ſtaͤrckt.
So mancher Grad vom Licht, ſo mancher Grad vom Schatten
Jſt in den dunckel-gruͤnen Gruͤnden,
Worinn ſie ſich bald ſcheiden, bald ſich gatten.
Hier nimmt ein dunckler Zweig, von vielen Blaͤttern kraus,
Sich dort von einer lichten Stelle,
Die durch der Sonnen Feur beſtrahlt und helle,
Recht unvergleichlich aus.
Dort ſticht ein heller Platz, der gantz im Lichten ſteht,
Jndem des Himmels Gluth auf ihn herab
Mit vollen Strahlen faͤllt; ſich ebenmaͤßig ab
Von einer Schattenreichen Tieffe,
Die ſein Licht-helles Gruͤn als eine Fulg’ erhoͤht:
Wenn nun der guͤldnen Sonnen Schein
Sich allgemaͤhlich abwerts ſenckt,
Und ſich, dem Schein nach, von uns lenckt;
Zieht in dies gruͤne Zelt, bey gantzen Schaaren, ein
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/626>, abgerufen am 16.07.2024.
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