Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von Verein. u. Untersch. Seel. u. Cörpers. Die Röhren, die erfüllt von Flammen, Lufft und Wind: Dies ist was Epicur der Menschen Seelen nennet, Dies ist, was grösser wird, in Dünsten sich verdünnt, Und was mit unsrem Blut zugleich von hinnen rinnt. Dies ist die Seele nicht, die man vernünfftig heisst, Ein unvergänglich Seyn, ein Geist. Wenn er untheilbar ist, wenn er uncörperlich; Jst er ohn Aendrung und unzerstöhrlich, Und folglich währt er unaufhörlich, Wie die unendliche, selbst-ständig' ew'ge Macht, Die ihn hervorgebracht. Erzeiget man dem Geist noch mehr Verächtlichkeit? Der Leib, sein Werckzeug sey nicht richtig im Geschicke, Er sey von Dunst verwirrt, zernaget durch die Zeit; Sodann ist er ein Schiff ohn Seegel, sonder Stricke, Des sich der Steuermann Nicht mehr gebrauchen kan. Doch duldet unser Leib die Aenderung allein, Der Fäulniß muß der Leib nur unterwoffen seyn. Kein schlechtes Jnstrument kan solchen Ton gewähren, Als man ihn sonsten würd' von guten Meister hören. Wär selber in Arions Hand Die Laut entzwey, die Saiten abgerissen; Würd' er darauf doch nicht zu spielen wissen, Jst ihm die Kunst gleich nach als vor bekannt, Die wir so offt bewundern müssen. Die
Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers. Die Roͤhren, die erfuͤllt von Flammen, Lufft und Wind: Dies iſt was Epicur der Menſchen Seelen nennet, Dies iſt, was groͤſſer wird, in Duͤnſten ſich verduͤnnt, Und was mit unſrem Blut zugleich von hinnen rinnt. Dies iſt die Seele nicht, die man vernuͤnfftig heiſſt, Ein unvergaͤnglich Seyn, ein Geiſt. Wenn er untheilbar iſt, wenn er uncoͤrperlich; Jſt er ohn Aendrung und unzerſtoͤhrlich, Und folglich waͤhrt er unaufhoͤrlich, Wie die unendliche, ſelbſt-ſtaͤndig’ ew’ge Macht, Die ihn hervorgebracht. Erzeiget man dem Geiſt noch mehr Veraͤchtlichkeit? Der Leib, ſein Werckzeug ſey nicht richtig im Geſchicke, Er ſey von Dunſt verwirrt, zernaget durch die Zeit; Sodann iſt er ein Schiff ohn Seegel, ſonder Stricke, Des ſich der Steuermann Nicht mehr gebrauchen kan. Doch duldet unſer Leib die Aenderung allein, Der Faͤulniß muß der Leib nur unterwoffen ſeyn. Kein ſchlechtes Jnſtrument kan ſolchen Ton gewaͤhren, Als man ihn ſonſten wuͤrd’ von guten Meiſter hoͤren. Waͤr ſelber in Arions Hand Die Laut entzwey, die Saiten abgeriſſen; Wuͤrd’ er darauf doch nicht zu ſpielen wiſſen, Jſt ihm die Kunſt gleich nach als vor bekannt, Die wir ſo offt bewundern muͤſſen. Die
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Von Verein. u. Unterſch. Seel. u. Coͤrpers.
Die Roͤhren, die erfuͤllt von Flammen, Lufft und Wind:
Dies iſt was Epicur der Menſchen Seelen nennet,
Dies iſt, was groͤſſer wird, in Duͤnſten ſich verduͤnnt,
Und was mit unſrem Blut zugleich von hinnen rinnt.
Dies iſt die Seele nicht, die man vernuͤnfftig heiſſt,
Ein unvergaͤnglich Seyn, ein Geiſt.
Wenn er untheilbar iſt, wenn er uncoͤrperlich;
Jſt er ohn Aendrung und unzerſtoͤhrlich,
Und folglich waͤhrt er unaufhoͤrlich,
Wie die unendliche, ſelbſt-ſtaͤndig’ ew’ge Macht,
Die ihn hervorgebracht.
Erzeiget man dem Geiſt noch mehr Veraͤchtlichkeit?
Der Leib, ſein Werckzeug ſey nicht richtig im Geſchicke,
Er ſey von Dunſt verwirrt, zernaget durch die Zeit;
Sodann iſt er ein Schiff ohn Seegel, ſonder Stricke,
Des ſich der Steuermann
Nicht mehr gebrauchen kan.
Doch duldet unſer Leib die Aenderung allein,
Der Faͤulniß muß der Leib nur unterwoffen ſeyn.
Kein ſchlechtes Jnſtrument kan ſolchen Ton gewaͤhren,
Als man ihn ſonſten wuͤrd’ von guten Meiſter hoͤren.
Waͤr ſelber in Arions Hand
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Wuͤrd’ er darauf doch nicht zu ſpielen wiſſen,
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