Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von den Sinnlichkeiten insgemein. Es unterscheiden sich die Seelen, Erniedrigt durch des Cörpers Druck-Gewicht, Von ihrer Sinnen Werckzeug nicht, Wenn wir, voll Unvernunft, uns falsche Schlüsse wehlen: Kan, spricht man, GOTT der HERR und SCHOEPF- FER aller Sachen Nicht Cörper, welche dencken, machen? Ja, GOTT der HERR formirt nach Seinem Willen Sowol die Cörper, als Gedancken: Doch beyde bleiben stets, Sein Wollen zu erfüllen, Jn ihren angewiesnen Schrancken. Von denen von Natur verschiednen Eigenschafften Und Kräfften wird man nimmer sehn Die eine Art zur andern übergehn. Ob die Gedancken gleich sich an die Cörper hangen; So können Cörper doch zum Dencken nie gelangen. Die GOTTHEJT will Sich Selbst nicht widersprechen Jn Jhren Ordnungen den Schluß zu unterbrechen. Jn beyden bleibet Jhr zugleich Jhr unveränderliches Reich. Es bleibet cörperlich, was GOTT zum Cörper macht, Und geistig, so er nicht aus Stoff hervorgebracht. Materialisch ist der Menschen Seele nicht, Als welche bloß den Thieren nur gemein, Von welchen man mit Unrecht spricht, Daß selbe Seelen seyn, Und über welcher ihr Bewegen Wir eine falsche Meinung hegen. Wird
Von den Sinnlichkeiten insgemein. Es unterſcheiden ſich die Seelen, Erniedrigt durch des Coͤrpers Druck-Gewicht, Von ihrer Sinnen Werckzeug nicht, Wenn wir, voll Unvernunft, uns falſche Schluͤſſe wehlen: Kan, ſpricht man, GOTT der HERR und SCHOEPF- FER aller Sachen Nicht Coͤrper, welche dencken, machen? Ja, GOTT der HERR formirt nach Seinem Willen Sowol die Coͤrper, als Gedancken: Doch beyde bleiben ſtets, Sein Wollen zu erfuͤllen, Jn ihren angewieſnen Schrancken. Von denen von Natur verſchiednen Eigenſchafften Und Kraͤfften wird man nimmer ſehn Die eine Art zur andern uͤbergehn. Ob die Gedancken gleich ſich an die Coͤrper hangen; So koͤnnen Coͤrper doch zum Dencken nie gelangen. Die GOTTHEJT will Sich Selbſt nicht widerſprechen Jn Jhren Ordnungen den Schluß zu unterbrechen. Jn beyden bleibet Jhr zugleich Jhr unveraͤnderliches Reich. Es bleibet coͤrperlich, was GOTT zum Coͤrper macht, Und geiſtig, ſo er nicht aus Stoff hervorgebracht. Materialiſch iſt der Menſchen Seele nicht, Als welche bloß den Thieren nur gemein, Von welchen man mit Unrecht ſpricht, Daß ſelbe Seelen ſeyn, Und uͤber welcher ihr Bewegen Wir eine falſche Meinung hegen. Wird
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0457" n="427"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von den Sinnlichkeiten insgemein.</hi> </fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s unterſcheiden ſich die Seelen,</l><lb/> <l>Erniedrigt durch des Coͤrpers Druck-Gewicht,</l><lb/> <l>Von ihrer Sinnen Werckzeug nicht,</l><lb/> <l>Wenn wir, voll Unvernunft, uns falſche Schluͤſſe wehlen:</l><lb/> <l>Kan, ſpricht man, GOTT der HERR und SCHOEPF-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">FER aller Sachen</hi> </l><lb/> <l>Nicht Coͤrper, welche dencken, machen?</l><lb/> <l>Ja, GOTT der HERR formirt nach Seinem Willen</l><lb/> <l>Sowol die Coͤrper, als Gedancken:</l><lb/> <l>Doch beyde bleiben ſtets, Sein Wollen zu erfuͤllen,</l><lb/> <l>Jn ihren angewieſnen Schrancken.</l><lb/> <l>Von denen von Natur verſchiednen Eigenſchafften</l><lb/> <l>Und Kraͤfften wird man nimmer ſehn</l><lb/> <l>Die eine Art zur andern uͤbergehn.</l><lb/> <l>Ob die Gedancken gleich ſich an die Coͤrper hangen;</l><lb/> <l>So koͤnnen Coͤrper doch zum Dencken nie gelangen.</l><lb/> <l>Die GOTTHEJT will Sich Selbſt nicht widerſprechen</l><lb/> <l>Jn Jhren Ordnungen den Schluß zu unterbrechen.</l><lb/> <l>Jn beyden bleibet Jhr zugleich</l><lb/> <l>Jhr unveraͤnderliches Reich.</l><lb/> <l>Es bleibet coͤrperlich, was GOTT zum Coͤrper macht,</l><lb/> <l>Und geiſtig, ſo er nicht aus Stoff hervorgebracht.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">M</hi><hi rendition="#fr">aterialiſch</hi> iſt der Menſchen Seele nicht,</l><lb/> <l>Als welche bloß den Thieren nur gemein,</l><lb/> <l>Von welchen man mit Unrecht ſpricht,</l><lb/> <l>Daß ſelbe Seelen ſeyn,</l><lb/> <l>Und uͤber welcher ihr Bewegen</l><lb/> <l>Wir eine falſche Meinung hegen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wird</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [427/0457]
Von den Sinnlichkeiten insgemein.
Es unterſcheiden ſich die Seelen,
Erniedrigt durch des Coͤrpers Druck-Gewicht,
Von ihrer Sinnen Werckzeug nicht,
Wenn wir, voll Unvernunft, uns falſche Schluͤſſe wehlen:
Kan, ſpricht man, GOTT der HERR und SCHOEPF-
FER aller Sachen
Nicht Coͤrper, welche dencken, machen?
Ja, GOTT der HERR formirt nach Seinem Willen
Sowol die Coͤrper, als Gedancken:
Doch beyde bleiben ſtets, Sein Wollen zu erfuͤllen,
Jn ihren angewieſnen Schrancken.
Von denen von Natur verſchiednen Eigenſchafften
Und Kraͤfften wird man nimmer ſehn
Die eine Art zur andern uͤbergehn.
Ob die Gedancken gleich ſich an die Coͤrper hangen;
So koͤnnen Coͤrper doch zum Dencken nie gelangen.
Die GOTTHEJT will Sich Selbſt nicht widerſprechen
Jn Jhren Ordnungen den Schluß zu unterbrechen.
Jn beyden bleibet Jhr zugleich
Jhr unveraͤnderliches Reich.
Es bleibet coͤrperlich, was GOTT zum Coͤrper macht,
Und geiſtig, ſo er nicht aus Stoff hervorgebracht.
Materialiſch iſt der Menſchen Seele nicht,
Als welche bloß den Thieren nur gemein,
Von welchen man mit Unrecht ſpricht,
Daß ſelbe Seelen ſeyn,
Und uͤber welcher ihr Bewegen
Wir eine falſche Meinung hegen.
Wird
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |