Doch sonder hier von Thieren viel zu sagen Und sonder Epicur um Rath zu fragen: Ob sie uns gleich? Lasst itzt die Dunckelheit Von dieser Frag' auf eine andre Zeit Und einen andern Ort noch ausgesetzet seyn. Wir reden itzo bloß von Uns allein.
Es mögen immerhin die Thier-Patronen dencken Ob seh' ein Frosch im Sumpf, wie wir, den Himmel lencken: Ob wär' ihm nichts als Anmuth und als Lust Auf frischem Gras, im schwancken Rohr bewust: Des Regens Uberfluß, des heitern Tages Schein Ergösse sich und strahl' üm und für ihm allein.
Die Rose, wenn ihr auf das neu Der kluge Phrygier die Stimme lieh', Spräch eben: daß der Lentz, verliebt in sie, Nur bloß darum erschienen sey, Den lieblichen Geruch, die Farben, die sie schmücken Voll holder Gluht, zu schmecken, zu erblicken. Aus ihrem Thron, von Dornen ausgespannt, Wär sie in eignem Glantz und holdem Schmuck entbrannt. Die Blumen-Königin, die so viel Lieblichkeit Jn ihren eignen Wesen spürt, Sagt' ohne Zweiffel selbst von ihr: Sie sey der schönen Zeit, Der angenehmen Tage, Zier, Daß nebst den Götterchen der Lieb' auch sie regier' Und daß die Zephir' ihrentwegen Allein, die lauen Flügel regen.
Es
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Von den Sinnlichkeiten insgemein.
Doch ſonder hier von Thieren viel zu ſagen Und ſonder Epicur um Rath zu fragen: Ob ſie uns gleich? Laſſt itzt die Dunckelheit Von dieſer Frag’ auf eine andre Zeit Und einen andern Ort noch ausgeſetzet ſeyn. Wir reden itzo bloß von Uns allein.
Es moͤgen immerhin die Thier-Patronen dencken Ob ſeh’ ein Froſch im Sumpf, wie wir, den Himmel lencken: Ob waͤr’ ihm nichts als Anmuth und als Luſt Auf friſchem Gras, im ſchwancken Rohr bewuſt: Des Regens Uberfluß, des heitern Tages Schein Ergoͤſſe ſich und ſtrahl’ uͤm und fuͤr ihm allein.
Die Roſe, wenn ihr auf das neu Der kluge Phrygier die Stimme lieh’, Spraͤch eben: daß der Lentz, verliebt in ſie, Nur bloß darum erſchienen ſey, Den lieblichen Geruch, die Farben, die ſie ſchmuͤcken Voll holder Gluht, zu ſchmecken, zu erblicken. Aus ihrem Thron, von Dornen ausgeſpannt, Waͤr ſie in eignem Glantz und holdem Schmuck entbrannt. Die Blumen-Koͤnigin, die ſo viel Lieblichkeit Jn ihren eignen Weſen ſpuͤrt, Sagt’ ohne Zweiffel ſelbſt von ihr: Sie ſey der ſchoͤnen Zeit, Der angenehmen Tage, Zier, Daß nebſt den Goͤtterchen der Lieb’ auch ſie regier’ Und daß die Zephir’ ihrentwegen Allein, die lauen Fluͤgel regen.
Es
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Von den Sinnlichkeiten insgemein.
Doch ſonder hier von Thieren viel zu ſagen
Und ſonder Epicur um Rath zu fragen:
Ob ſie uns gleich? Laſſt itzt die Dunckelheit
Von dieſer Frag’ auf eine andre Zeit
Und einen andern Ort noch ausgeſetzet ſeyn.
Wir reden itzo bloß von Uns allein.
Es moͤgen immerhin die Thier-Patronen dencken
Ob ſeh’ ein Froſch im Sumpf, wie wir, den Himmel lencken:
Ob waͤr’ ihm nichts als Anmuth und als Luſt
Auf friſchem Gras, im ſchwancken Rohr bewuſt:
Des Regens Uberfluß, des heitern Tages Schein
Ergoͤſſe ſich und ſtrahl’ uͤm und fuͤr ihm allein.
Die Roſe, wenn ihr auf das neu
Der kluge Phrygier die Stimme lieh’,
Spraͤch eben: daß der Lentz, verliebt in ſie,
Nur bloß darum erſchienen ſey,
Den lieblichen Geruch, die Farben, die ſie ſchmuͤcken
Voll holder Gluht, zu ſchmecken, zu erblicken.
Aus ihrem Thron, von Dornen ausgeſpannt,
Waͤr ſie in eignem Glantz und holdem Schmuck entbrannt.
Die Blumen-Koͤnigin, die ſo viel Lieblichkeit
Jn ihren eignen Weſen ſpuͤrt,
Sagt’ ohne Zweiffel ſelbſt von ihr:
Sie ſey der ſchoͤnen Zeit,
Der angenehmen Tage, Zier,
Daß nebſt den Goͤtterchen der Lieb’ auch ſie regier’
Und daß die Zephir’ ihrentwegen
Allein, die lauen Fluͤgel regen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/451>, abgerufen am 16.07.2024.
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