Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Betrachtung. Man senckt sich in den Grund der tieffen See hinein. Ja man begäbe sich gern nach den schwartzen Schwellen Des fiustern Abgrunds, nach der Höllen, Um dieses Schein-Gut, hin. Sich dessen zu erfreuen Sieht man Lust, Stoltz und Geitz, noch Müh' noch Laster scheuen. Allein, wenn wir auch gleich so weit Die Sinnen brächten, daß mit Freuden, An aller Vorwürff Herrlichkeit; Wir, Unschulds voll, die Augen könnten weiden: Wenn eine glückliche Vermuthung uns gleich lehret, Worauf man viele Zeit gewandt; Wie etwan die Natur verfähret, Mit Mitteln, die uns unbekannt Um eine solche Meng von unterschiednen Dingen Zu bilden und hervor zu bringen; Wie unvollkommen ist jedennoch unser dencken, Das wir mit so viel Müh' auf alle Vorwürff lencken, Wenn wir nicht wissen zu erklären, Wie alles das zusammen hängt, Wodurch der Geist das, was er fühlt empfängt. O schöner Gegenwurf von unsern Lehren! Wer die Materie besieht und überlegt, Sie sey geformt, sie sey bewegt; So kan, wenn wir es wol ergründen, Jn Theilchen, die auch noch so klein, So mannigfalt gedehnt und ausgespannet seyn, Man etwas cörperliches finden. Allein, C c 5
Betrachtung. Man ſenckt ſich in den Grund der tieffen See hinein. Ja man begaͤbe ſich gern nach den ſchwartzen Schwellen Des fiuſtern Abgrunds, nach der Hoͤllen, Um dieſes Schein-Gut, hin. Sich deſſen zu erfreuen Sieht man Luſt, Stoltz und Geitz, noch Muͤh’ noch Laſter ſcheuen. Allein, wenn wir auch gleich ſo weit Die Sinnen braͤchten, daß mit Freuden, An aller Vorwuͤrff Herrlichkeit; Wir, Unſchulds voll, die Augen koͤnnten weiden: Wenn eine gluͤckliche Vermuthung uns gleich lehret, Worauf man viele Zeit gewandt; Wie etwan die Natur verfaͤhret, Mit Mitteln, die uns unbekannt Um eine ſolche Meng von unterſchiednen Dingen Zu bilden und hervor zu bringen; Wie unvollkommen iſt jedennoch unſer dencken, Das wir mit ſo viel Muͤh’ auf alle Vorwuͤrff lencken, Wenn wir nicht wiſſen zu erklaͤren, Wie alles das zuſammen haͤngt, Wodurch der Geiſt das, was er fuͤhlt empfaͤngt. O ſchoͤner Gegenwurf von unſern Lehren! Wer die Materie beſieht und uͤberlegt, Sie ſey geformt, ſie ſey bewegt; So kan, wenn wir es wol ergruͤnden, Jn Theilchen, die auch noch ſo klein, So mannigfalt gedehnt und ausgeſpannet ſeyn, Man etwas coͤrperliches finden. Allein, C c 5
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Betrachtung.
Man ſenckt ſich in den Grund der tieffen See hinein.
Ja man begaͤbe ſich gern nach den ſchwartzen Schwellen
Des fiuſtern Abgrunds, nach der Hoͤllen,
Um dieſes Schein-Gut, hin. Sich deſſen zu erfreuen
Sieht man Luſt, Stoltz und Geitz, noch Muͤh’ noch Laſter
ſcheuen.
Allein, wenn wir auch gleich ſo weit
Die Sinnen braͤchten, daß mit Freuden,
An aller Vorwuͤrff Herrlichkeit;
Wir, Unſchulds voll, die Augen koͤnnten weiden:
Wenn eine gluͤckliche Vermuthung uns gleich lehret,
Worauf man viele Zeit gewandt;
Wie etwan die Natur verfaͤhret,
Mit Mitteln, die uns unbekannt
Um eine ſolche Meng von unterſchiednen Dingen
Zu bilden und hervor zu bringen;
Wie unvollkommen iſt jedennoch unſer dencken,
Das wir mit ſo viel Muͤh’ auf alle Vorwuͤrff lencken,
Wenn wir nicht wiſſen zu erklaͤren,
Wie alles das zuſammen haͤngt,
Wodurch der Geiſt das, was er fuͤhlt empfaͤngt.
O ſchoͤner Gegenwurf von unſern Lehren!
Wer die Materie beſieht und uͤberlegt,
Sie ſey geformt, ſie ſey bewegt;
So kan, wenn wir es wol ergruͤnden,
Jn Theilchen, die auch noch ſo klein,
So mannigfalt gedehnt und ausgeſpannet ſeyn,
Man etwas coͤrperliches finden.
Allein,
C c 5
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