Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Geruch.


Auf solche Weise nun (doch dieses ausgenommen,
Wenn wir um den Geschmack durch einen Zufall kommen.)
Hat eine Handlung nur das Riechen und das Schmecken,
Da sie in Nas' und Zung denselben Druck erwecken.
Es bleibet mehrentheils die Regel fest gestellt,
Daß Speise, die wohl riecht, auch dem Geschmack gefällt.


Dieß alles können wir bey Gastereyen finden,
Woselbst sich Kunst und Uberfluß verbinden.
Die niedliche und leckerhaffte Speisen,
Die ihre Krafft schon im Geruch erweisen,
Sind fähig, eine Lust den Gästen zu erwecken,
Sie zu geniessen und zu schmecken.


Wenn der Geruch zu starck, kan man ihn nicht wohl leiden,
Das Hirn verträget nicht so hefftiges Bewegen;
Wenn er gemildert ist hingegen,
Würckt er so hefftig nicht, und macht uns sanfte Freuden.
So, wie verschiedene Bewegungen zu sehn
An Dingen, woraus Dunst, Geruch und Düfft' entstehn;
So würckt auch ihr Geruch verschiedentlich.
Der, welcher uns zuerst zuwider, ändert sich
Und würckt in das Gehirn und in der Brust
Nichts als ein' angenehm' und süsse Lust.


Die Theilchen, so sich immer regen,
Und die dasjenige, was riecht, formiren,
Wird man verschiedentlich verspüren,
Nachdem das Werckzeug selbst geschickt sich zu bewegen.
Ein
Von dem Geruch.


Auf ſolche Weiſe nun (doch dieſes ausgenommen,
Wenn wir um den Geſchmack durch einen Zufall kommen.)
Hat eine Handlung nur das Riechen und das Schmecken,
Da ſie in Naſ’ und Zung denſelben Druck erwecken.
Es bleibet mehrentheils die Regel feſt geſtellt,
Daß Speiſe, die wohl riecht, auch dem Geſchmack gefaͤllt.


Dieß alles koͤnnen wir bey Gaſtereyen finden,
Woſelbſt ſich Kunſt und Uberfluß verbinden.
Die niedliche und leckerhaffte Speiſen,
Die ihre Krafft ſchon im Geruch erweiſen,
Sind faͤhig, eine Luſt den Gaͤſten zu erwecken,
Sie zu genieſſen und zu ſchmecken.


Wenn der Geruch zu ſtarck, kan man ihn nicht wohl leiden,
Das Hirn vertraͤget nicht ſo hefftiges Bewegen;
Wenn er gemildert iſt hingegen,
Wuͤrckt er ſo hefftig nicht, und macht uns ſanfte Freuden.
So, wie verſchiedene Bewegungen zu ſehn
An Dingen, woraus Dunſt, Geruch und Duͤfft’ entſtehn;
So wuͤrckt auch ihr Geruch verſchiedentlich.
Der, welcher uns zuerſt zuwider, aͤndert ſich
Und wuͤrckt in das Gehirn und in der Bruſt
Nichts als ein’ angenehm’ und ſuͤſſe Luſt.


Die Theilchen, ſo ſich immer regen,
Und die dasjenige, was riecht, formiren,
Wird man verſchiedentlich verſpuͤren,
Nachdem das Werckzeug ſelbſt geſchickt ſich zu bewegen.
Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0379" n="349"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Geruch.</hi> </fw><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">A</hi>uf &#x017F;olche Wei&#x017F;e nun (doch die&#x017F;es ausgenommen,</l><lb/>
                <l>Wenn wir um den Ge&#x017F;chmack durch einen Zufall kommen.)</l><lb/>
                <l>Hat eine Handlung nur das Riechen und das Schmecken,</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ie in Na&#x017F;&#x2019; und Zung den&#x017F;elben Druck erwecken.</l><lb/>
                <l>Es bleibet mehrentheils die Regel fe&#x017F;t ge&#x017F;tellt,</l><lb/>
                <l>Daß Spei&#x017F;e, die wohl riecht, auch dem Ge&#x017F;chmack gefa&#x0364;llt.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>ieß alles ko&#x0364;nnen wir bey Ga&#x017F;tereyen finden,</l><lb/>
                <l>Wo&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich Kun&#x017F;t und Uberfluß verbinden.</l><lb/>
                <l>Die niedliche und leckerhaffte Spei&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Die ihre Krafft &#x017F;chon im Geruch erwei&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Sind fa&#x0364;hig, eine Lu&#x017F;t den Ga&#x0364;&#x017F;ten zu erwecken,</l><lb/>
                <l>Sie zu genie&#x017F;&#x017F;en und zu &#x017F;chmecken.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">W</hi>enn der Geruch zu &#x017F;tarck, kan man ihn nicht wohl leiden,</l><lb/>
                <l>Das Hirn vertra&#x0364;get nicht &#x017F;o hefftiges Bewegen;</l><lb/>
                <l>Wenn er gemildert i&#x017F;t hingegen,</l><lb/>
                <l>Wu&#x0364;rckt er &#x017F;o hefftig nicht, und macht uns &#x017F;anfte Freuden.</l><lb/>
                <l>So, wie ver&#x017F;chiedene Bewegungen zu &#x017F;ehn</l><lb/>
                <l>An Dingen, woraus Dun&#x017F;t, Geruch und Du&#x0364;fft&#x2019; ent&#x017F;tehn;</l><lb/>
                <l>So wu&#x0364;rckt auch ihr Geruch ver&#x017F;chiedentlich.</l><lb/>
                <l>Der, welcher uns zuer&#x017F;t zuwider, a&#x0364;ndert &#x017F;ich</l><lb/>
                <l>Und wu&#x0364;rckt in das Gehirn und in der Bru&#x017F;t</l><lb/>
                <l>Nichts als ein&#x2019; angenehm&#x2019; und &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Theilchen, &#x017F;o &#x017F;ich immer regen,</l><lb/>
                <l>Und die dasjenige, was riecht, formiren,</l><lb/>
                <l>Wird man ver&#x017F;chiedentlich ver&#x017F;pu&#x0364;ren,</l><lb/>
                <l>Nachdem das Werckzeug &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chickt &#x017F;ich zu bewegen.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0379] Von dem Geruch. Auf ſolche Weiſe nun (doch dieſes ausgenommen, Wenn wir um den Geſchmack durch einen Zufall kommen.) Hat eine Handlung nur das Riechen und das Schmecken, Da ſie in Naſ’ und Zung denſelben Druck erwecken. Es bleibet mehrentheils die Regel feſt geſtellt, Daß Speiſe, die wohl riecht, auch dem Geſchmack gefaͤllt. Dieß alles koͤnnen wir bey Gaſtereyen finden, Woſelbſt ſich Kunſt und Uberfluß verbinden. Die niedliche und leckerhaffte Speiſen, Die ihre Krafft ſchon im Geruch erweiſen, Sind faͤhig, eine Luſt den Gaͤſten zu erwecken, Sie zu genieſſen und zu ſchmecken. Wenn der Geruch zu ſtarck, kan man ihn nicht wohl leiden, Das Hirn vertraͤget nicht ſo hefftiges Bewegen; Wenn er gemildert iſt hingegen, Wuͤrckt er ſo hefftig nicht, und macht uns ſanfte Freuden. So, wie verſchiedene Bewegungen zu ſehn An Dingen, woraus Dunſt, Geruch und Duͤfft’ entſtehn; So wuͤrckt auch ihr Geruch verſchiedentlich. Der, welcher uns zuerſt zuwider, aͤndert ſich Und wuͤrckt in das Gehirn und in der Bruſt Nichts als ein’ angenehm’ und ſuͤſſe Luſt. Die Theilchen, ſo ſich immer regen, Und die dasjenige, was riecht, formiren, Wird man verſchiedentlich verſpuͤren, Nachdem das Werckzeug ſelbſt geſchickt ſich zu bewegen. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/379
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/379>, abgerufen am 11.05.2024.