Und also härten sich die edelsten Metallen, Und die so gläntzenden als köstlichen Crystallen, Die, wie gefrohrne Fluht in einem reinen Schein, Durchsicht'ge Cörper seyn.
Was flüßig ist, muß man wol überlegen. Es ist ein Stoff, den, weil er bald verläufft, Man nicht so leicht begreifft. Sehn wir in seinem Bett' ein Wasser sich bewegen; So lasst uns uns bemühn, das Reich der Wellen Als kleine Cörperchen uns vorzustellen, Die länglich von Figur, jedoch auch rund dabey, Die alle, ob sie gleich sich trennen, Dennoch vor sich beständig rennen: Dieselben machen nun die Fluth, Die flüß-und flüchtig ist und nimmer ruht, Von welcher sich die feste Flüßigkeit Vermuthlich unterhalten muß, Durch einen dünnen Stoff, der durch dieselben eilet, Und sie stets von einander theilet. Die Cörperchen, die lang, die glatt, die biegsam seyn, Und, da sie so gelenck, sich leichtlich regen, Wenn wir sie, abgetrennt, absonderlich erwegen; Die bildet man sich leicht, als Aale, welche klein, Und rege, glatt, und schlüpfrig, ein, Die sich stets schlängeln und sich drängen, Leicht gleiten, ohne sich woran zu hängen.
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Von der Haͤrte und Fluͤßigkeit.
Und alſo haͤrten ſich die edelſten Metallen, Und die ſo glaͤntzenden als koͤſtlichen Cryſtallen, Die, wie gefrohrne Fluht in einem reinen Schein, Durchſicht’ge Coͤrper ſeyn.
Was fluͤßig iſt, muß man wol uͤberlegen. Es iſt ein Stoff, den, weil er bald verlaͤufft, Man nicht ſo leicht begreifft. Sehn wir in ſeinem Bett’ ein Waſſer ſich bewegen; So laſſt uns uns bemuͤhn, das Reich der Wellen Als kleine Coͤrperchen uns vorzuſtellen, Die laͤnglich von Figur, jedoch auch rund dabey, Die alle, ob ſie gleich ſich trennen, Dennoch vor ſich beſtaͤndig rennen: Dieſelben machen nun die Fluth, Die fluͤß-und fluͤchtig iſt und nimmer ruht, Von welcher ſich die feſte Fluͤßigkeit Vermuthlich unterhalten muß, Durch einen duͤnnen Stoff, der durch dieſelben eilet, Und ſie ſtets von einander theilet. Die Coͤrperchen, die lang, die glatt, die biegſam ſeyn, Und, da ſie ſo gelenck, ſich leichtlich regen, Wenn wir ſie, abgetrennt, abſonderlich erwegen; Die bildet man ſich leicht, als Aale, welche klein, Und rege, glatt, und ſchluͤpfrig, ein, Die ſich ſtets ſchlaͤngeln und ſich draͤngen, Leicht gleiten, ohne ſich woran zu haͤngen.
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Von der Haͤrte und Fluͤßigkeit.
Und alſo haͤrten ſich die edelſten Metallen,
Und die ſo glaͤntzenden als koͤſtlichen Cryſtallen,
Die, wie gefrohrne Fluht in einem reinen Schein,
Durchſicht’ge Coͤrper ſeyn.
Was fluͤßig iſt, muß man wol uͤberlegen.
Es iſt ein Stoff, den, weil er bald verlaͤufft,
Man nicht ſo leicht begreifft.
Sehn wir in ſeinem Bett’ ein Waſſer ſich bewegen;
So laſſt uns uns bemuͤhn, das Reich der Wellen
Als kleine Coͤrperchen uns vorzuſtellen,
Die laͤnglich von Figur, jedoch auch rund dabey,
Die alle, ob ſie gleich ſich trennen,
Dennoch vor ſich beſtaͤndig rennen:
Dieſelben machen nun die Fluth,
Die fluͤß-und fluͤchtig iſt und nimmer ruht,
Von welcher ſich die feſte Fluͤßigkeit
Vermuthlich unterhalten muß,
Durch einen duͤnnen Stoff, der durch dieſelben eilet,
Und ſie ſtets von einander theilet.
Die Coͤrperchen, die lang, die glatt, die biegſam ſeyn,
Und, da ſie ſo gelenck, ſich leichtlich regen,
Wenn wir ſie, abgetrennt, abſonderlich erwegen;
Die bildet man ſich leicht, als Aale, welche klein,
Und rege, glatt, und ſchluͤpfrig, ein,
Die ſich ſtets ſchlaͤngeln und ſich draͤngen,
Leicht gleiten, ohne ſich woran zu haͤngen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/323>, abgerufen am 18.07.2024.
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