Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Bau der Welt.
Wir sprechen dies darauf: Die Cörper, welche sich
Um ihren Mittel-Punct in einem Creyse regen,
Jndem, (sie mögen sich bewegen,
Wie oder stille stehn)
Sie nicht mehr Raum gebrauchen; drehn
Sich durch einander um: Es drehet allemal
Die gantze Masse sich, recht wie ein Creyß aus Stahl,
Der glatt und wol polirt. Ob er gleich gantz erfüllt;
So hört gleichwohl sein Lauff,
Wohin er sich auch dreht, deswegen doch nicht auf.
Er dreht sich auf sich selbst, er folgt und jaget sich.
Bewegt ist alles, voll ist alles, alles treibt
Sich in der Aendrung fort, da, welches sonderlich,
Jn der Bewegung doch ein' Ordnung immer bleibt.
Ein Cörper gehet fort, ein andrer nimmt die Stelle.
Ein Fisch, indem er schwimmt, so giebt die Welle,
Die sich im Creyse dreht, ihm Raum. Geht er nun fort;
So ist zu gleicher Zeit der Ort,
Aus welchem er gekommen,
Von Circkeln, welche reg' und flüßig, eingenommen.


Ein jeder Cörper wiederstehet
Dem Cörper, der ihm drückt. Jndem nun alles voll,
So wird der Cörper Trieb, daß er nicht weiter gehet,
Von ihnen unter sich gehemmt. Jedennoch streben
Sie alle, sich vom Mittel-Punct zu heben,
Doch halten, im geraden Lauff,
Sie selbst durch ihren Druck einander auf;
Die
L
Von dem Bau der Welt.
Wir ſprechen dies darauf: Die Coͤrper, welche ſich
Um ihren Mittel-Punct in einem Creyſe regen,
Jndem, (ſie moͤgen ſich bewegen,
Wie oder ſtille ſtehn)
Sie nicht mehr Raum gebrauchen; drehn
Sich durch einander um: Es drehet allemal
Die gantze Maſſe ſich, recht wie ein Creyß aus Stahl,
Der glatt und wol polirt. Ob er gleich gantz erfuͤllt;
So hoͤrt gleichwohl ſein Lauff,
Wohin er ſich auch dreht, deswegen doch nicht auf.
Er dreht ſich auf ſich ſelbſt, er folgt und jaget ſich.
Bewegt iſt alles, voll iſt alles, alles treibt
Sich in der Aendrung fort, da, welches ſonderlich,
Jn der Bewegung doch ein’ Ordnung immer bleibt.
Ein Coͤrper gehet fort, ein andrer nimmt die Stelle.
Ein Fiſch, indem er ſchwimmt, ſo giebt die Welle,
Die ſich im Creyſe dreht, ihm Raum. Geht er nun fort;
So iſt zu gleicher Zeit der Ort,
Aus welchem er gekommen,
Von Circkeln, welche reg’ und fluͤßig, eingenommen.


Ein jeder Coͤrper wiederſtehet
Dem Coͤrper, der ihm druͤckt. Jndem nun alles voll,
So wird der Coͤrper Trieb, daß er nicht weiter gehet,
Von ihnen unter ſich gehemmt. Jedennoch ſtreben
Sie alle, ſich vom Mittel-Punct zu heben,
Doch halten, im geraden Lauff,
Sie ſelbſt durch ihren Druck einander auf;
Die
L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0191" n="161"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Bau der Welt.</hi> </fw><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Wir &#x017F;prechen dies darauf: Die Co&#x0364;rper, welche &#x017F;ich</l><lb/>
                <l>Um ihren Mittel-Punct in einem Crey&#x017F;e regen,</l><lb/>
                <l>Jndem, (&#x017F;ie mo&#x0364;gen &#x017F;ich bewegen,</l><lb/>
                <l>Wie oder &#x017F;tille &#x017F;tehn)</l><lb/>
                <l>Sie nicht mehr Raum gebrauchen; drehn</l><lb/>
                <l>Sich durch einander um: Es drehet allemal</l><lb/>
                <l>Die gantze Ma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich, recht wie ein Creyß aus Stahl,</l><lb/>
                <l>Der glatt und wol polirt. Ob er gleich gantz erfu&#x0364;llt;</l><lb/>
                <l>So ho&#x0364;rt gleichwohl &#x017F;ein Lauff,</l><lb/>
                <l>Wohin er &#x017F;ich auch dreht, deswegen doch nicht auf.</l><lb/>
                <l>Er dreht &#x017F;ich auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, er folgt und jaget &#x017F;ich.</l><lb/>
                <l>Bewegt i&#x017F;t alles, voll i&#x017F;t alles, alles treibt</l><lb/>
                <l>Sich in der Aendrung fort, da, welches &#x017F;onderlich,</l><lb/>
                <l>Jn der Bewegung doch ein&#x2019; Ordnung immer bleibt.</l><lb/>
                <l>Ein Co&#x0364;rper gehet fort, ein andrer nimmt die Stelle.</l><lb/>
                <l>Ein Fi&#x017F;ch, indem er &#x017F;chwimmt, &#x017F;o giebt die Welle,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;ich im Crey&#x017F;e dreht, ihm Raum. Geht er nun fort;</l><lb/>
                <l>So i&#x017F;t zu gleicher Zeit der Ort,</l><lb/>
                <l>Aus welchem er gekommen,</l><lb/>
                <l>Von Circkeln, welche reg&#x2019; und flu&#x0364;ßig, eingenommen.</l>
              </lg><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">E</hi>in jeder Co&#x0364;rper wieder&#x017F;tehet</l><lb/>
                <l>Dem Co&#x0364;rper, der ihm dru&#x0364;ckt. Jndem nun alles voll,</l><lb/>
                <l>So wird der Co&#x0364;rper Trieb, daß er nicht weiter gehet,</l><lb/>
                <l>Von ihnen unter &#x017F;ich gehemmt. Jedennoch &#x017F;treben</l><lb/>
                <l>Sie alle, &#x017F;ich vom Mittel-Punct zu heben,</l><lb/>
                <l>Doch halten, im geraden Lauff,</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;elb&#x017F;t durch ihren Druck einander auf;</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">L</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0191] Von dem Bau der Welt. Wir ſprechen dies darauf: Die Coͤrper, welche ſich Um ihren Mittel-Punct in einem Creyſe regen, Jndem, (ſie moͤgen ſich bewegen, Wie oder ſtille ſtehn) Sie nicht mehr Raum gebrauchen; drehn Sich durch einander um: Es drehet allemal Die gantze Maſſe ſich, recht wie ein Creyß aus Stahl, Der glatt und wol polirt. Ob er gleich gantz erfuͤllt; So hoͤrt gleichwohl ſein Lauff, Wohin er ſich auch dreht, deswegen doch nicht auf. Er dreht ſich auf ſich ſelbſt, er folgt und jaget ſich. Bewegt iſt alles, voll iſt alles, alles treibt Sich in der Aendrung fort, da, welches ſonderlich, Jn der Bewegung doch ein’ Ordnung immer bleibt. Ein Coͤrper gehet fort, ein andrer nimmt die Stelle. Ein Fiſch, indem er ſchwimmt, ſo giebt die Welle, Die ſich im Creyſe dreht, ihm Raum. Geht er nun fort; So iſt zu gleicher Zeit der Ort, Aus welchem er gekommen, Von Circkeln, welche reg’ und fluͤßig, eingenommen. Ein jeder Coͤrper wiederſtehet Dem Coͤrper, der ihm druͤckt. Jndem nun alles voll, So wird der Coͤrper Trieb, daß er nicht weiter gehet, Von ihnen unter ſich gehemmt. Jedennoch ſtreben Sie alle, ſich vom Mittel-Punct zu heben, Doch halten, im geraden Lauff, Sie ſelbſt durch ihren Druck einander auf; Die L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/191
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/191>, abgerufen am 25.11.2024.