Da all' an einer Seite stehen, Da all' auf einen Vorwurf sehen. Sie hängen unter sich, sie scheinen sich allein Und ihre Niedrigkeit in Demut zu betrachten. Ach lasset sie auch uns ein Bild der Demut seyn, Ach lasset uns viel lieber in uns gehn, Als neben andern uns erheben, sie verachten! Man überhebe sich der eig'nen Gaben nicht, Und sehe mehr auf sich, als auf des Nächsten Fehler! Erweg't, wie öfters es geschicht, Daß GOtt sowol die niedren Thäler Als Berge fruchtbar werden ließ!
Aus unsers Blühmchens Kelchen quillet Ein angenemes Bitter-süß, So unser Hirn mit Nutz und Lust erfüllet. Man hat es lange schon bemerkt, Wie dieser Bluhmen Kraft so Hirn als Nerven stärkt. Wie in der Arzeney Jhr Nutz so mannichfaltig sey; Hat sich schon oftermals gewiesen. Sie öffnet unser Haupt im Niesen, Vertreib't den Schlag, verjag't die Gicht. Jndem ich also denk', und bey den Bluhmen stehe, Die Kraft erweg', und ihre Schönheit sehe; So deucht mich, daß dieß Blühmchen spricht:
Gedenk an GOtt und Seine Macht, Der dich und mich hervor gebracht, Der gegenwärtig bey uns beiden, Der allenthalben, nirgends nicht, Und Dem durch deine Freuden Der allerliebste Dienst geschicht!
Die
Da all’ an einer Seite ſtehen, Da all’ auf einen Vorwurf ſehen. Sie haͤngen unter ſich, ſie ſcheinen ſich allein Und ihre Niedrigkeit in Demut zu betrachten. Ach laſſet ſie auch uns ein Bild der Demut ſeyn, Ach laſſet uns viel lieber in uns gehn, Als neben andern uns erheben, ſie verachten! Man uͤberhebe ſich der eig’nen Gaben nicht, Und ſehe mehr auf ſich, als auf des Naͤchſten Fehler! Erweg’t, wie oͤfters es geſchicht, Daß GOtt ſowol die niedren Thaͤler Als Berge fruchtbar werden ließ!
Aus unſers Bluͤhmchens Kelchen quillet Ein angenemes Bitter-ſuͤß, So unſer Hirn mit Nutz und Luſt erfuͤllet. Man hat es lange ſchon bemerkt, Wie dieſer Bluhmen Kraft ſo Hirn als Nerven ſtaͤrkt. Wie in der Arzeney Jhr Nutz ſo mannichfaltig ſey; Hat ſich ſchon oftermals gewieſen. Sie oͤffnet unſer Haupt im Nieſen, Vertreib’t den Schlag, verjag’t die Gicht. Jndem ich alſo denk’, und bey den Bluhmen ſtehe, Die Kraft erweg’, und ihre Schoͤnheit ſehe; So deucht mich, daß dieß Bluͤhmchen ſpricht:
Gedenk an GOtt und Seine Macht, Der dich und mich hervor gebracht, Der gegenwaͤrtig bey uns beiden, Der allenthalben, nirgends nicht, Und Dem durch deine Freuden Der allerliebſte Dienſt geſchicht!
Die
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Da all’ an einer Seite ſtehen,</l><lb/><l>Da all’ auf einen Vorwurf ſehen.</l><lb/><l>Sie haͤngen unter ſich, ſie ſcheinen ſich allein</l><lb/><l>Und ihre Niedrigkeit in Demut zu betrachten.</l><lb/><l>Ach laſſet ſie auch uns ein Bild der Demut ſeyn,</l><lb/><l>Ach laſſet uns viel lieber in uns gehn,</l><lb/><l>Als neben andern uns erheben, ſie verachten!</l><lb/><l>Man uͤberhebe ſich der eig’nen Gaben nicht,</l><lb/><l>Und ſehe mehr auf ſich, als auf des Naͤchſten Fehler!</l><lb/><l>Erweg’t, wie oͤfters es geſchicht,</l><lb/><l>Daß GOtt ſowol die niedren Thaͤler</l><lb/><l>Als Berge fruchtbar werden ließ!</l></lg><lb/><lgn="7"><l>Aus unſers Bluͤhmchens Kelchen quillet</l><lb/><l>Ein angenemes Bitter-ſuͤß,</l><lb/><l>So unſer Hirn mit Nutz und Luſt erfuͤllet.</l><lb/><l>Man hat es lange ſchon bemerkt,</l><lb/><l>Wie dieſer Bluhmen Kraft ſo Hirn als Nerven ſtaͤrkt.</l><lb/><l>Wie in der Arzeney</l><lb/><l>Jhr Nutz ſo mannichfaltig ſey;</l><lb/><l>Hat ſich ſchon oftermals gewieſen.</l><lb/><l>Sie oͤffnet unſer Haupt im Nieſen,</l><lb/><l>Vertreib’t den Schlag, verjag’t die Gicht.</l><lb/><l>Jndem ich alſo denk’, und bey den Bluhmen ſtehe,</l><lb/><l>Die Kraft erweg’, und ihre Schoͤnheit ſehe;</l><lb/><l>So deucht mich, daß dieß Bluͤhmchen ſpricht:</l></lg><lb/><lgn="8"><l>Gedenk an GOtt und Seine Macht,</l><lb/><l>Der dich und mich hervor gebracht,</l><lb/><l>Der gegenwaͤrtig bey uns beiden,</l><lb/><l>Der allenthalben, nirgends nicht,</l><lb/><l>Und Dem durch deine Freuden</l><lb/><l>Der allerliebſte Dienſt geſchicht!</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Die</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
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Da all’ an einer Seite ſtehen,
Da all’ auf einen Vorwurf ſehen.
Sie haͤngen unter ſich, ſie ſcheinen ſich allein
Und ihre Niedrigkeit in Demut zu betrachten.
Ach laſſet ſie auch uns ein Bild der Demut ſeyn,
Ach laſſet uns viel lieber in uns gehn,
Als neben andern uns erheben, ſie verachten!
Man uͤberhebe ſich der eig’nen Gaben nicht,
Und ſehe mehr auf ſich, als auf des Naͤchſten Fehler!
Erweg’t, wie oͤfters es geſchicht,
Daß GOtt ſowol die niedren Thaͤler
Als Berge fruchtbar werden ließ!
Aus unſers Bluͤhmchens Kelchen quillet
Ein angenemes Bitter-ſuͤß,
So unſer Hirn mit Nutz und Luſt erfuͤllet.
Man hat es lange ſchon bemerkt,
Wie dieſer Bluhmen Kraft ſo Hirn als Nerven ſtaͤrkt.
Wie in der Arzeney
Jhr Nutz ſo mannichfaltig ſey;
Hat ſich ſchon oftermals gewieſen.
Sie oͤffnet unſer Haupt im Nieſen,
Vertreib’t den Schlag, verjag’t die Gicht.
Jndem ich alſo denk’, und bey den Bluhmen ſtehe,
Die Kraft erweg’, und ihre Schoͤnheit ſehe;
So deucht mich, daß dieß Bluͤhmchen ſpricht:
Gedenk an GOtt und Seine Macht,
Der dich und mich hervor gebracht,
Der gegenwaͤrtig bey uns beiden,
Der allenthalben, nirgends nicht,
Und Dem durch deine Freuden
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/80>, abgerufen am 21.11.2024.
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