Du fülest keine Pein und Plagen. Dich drücken Schimpf und Armut nicht. Wenn du in uns'rer Stelle wärest; So würde dir die Zeit gewiß so kurz nicht scheinen. Du würdest nicht, wie itzo, meynen, Es wäre leicht, was du uns lehrest. Drauf sprech' ich: Jhr hab't Recht. Jch danke meinem GOtt, Daß weder Armut, Schimpf noch Spott, Noch Pein und Krankheit mich verletzen, Und ist es meine Schuldigkeit, Solch eine Gnade hoch zu schätzen. Allein verarget mir doch nicht, Wenn auch bey einem solchen Segen Mein Mund von fremden Plagen spricht; Denn es geschicht So eur-als meinet wegen. Jch denke nicht in meinem Sinn, Daß ich des Guten würdig bin, Nein, daß GOtt bloß, weil's Jhm beliebet, Mirs ohn Verdienst aus lauter Gnaden giebet. Jch denke nicht, daß Kummer und Verdruß Von mir stets ferne bleiben muß. Jch weiß, es kann im Huy geschehen, Daß Sturm- und Unglücks-Winde wehen, Weßhalben ich, GOtt Lob! mich ja nicht überhebe, Wol aber oft mit bangem Geist Das, was mir die Erfahrung weis't, Mir zum Exempel gebe. Und fleh' ich GOtt, den GOtt, Der alles kann,
Um
Du fuͤleſt keine Pein und Plagen. Dich druͤcken Schimpf und Armut nicht. Wenn du in unſ’rer Stelle waͤreſt; So wuͤrde dir die Zeit gewiß ſo kurz nicht ſcheinen. Du wuͤrdeſt nicht, wie itzo, meynen, Es waͤre leicht, was du uns lehreſt. Drauf ſprech’ ich: Jhr hab’t Recht. Jch danke meinem GOtt, Daß weder Armut, Schimpf noch Spott, Noch Pein und Krankheit mich verletzen, Und iſt es meine Schuldigkeit, Solch eine Gnade hoch zu ſchaͤtzen. Allein verarget mir doch nicht, Wenn auch bey einem ſolchen Segen Mein Mund von fremden Plagen ſpricht; Denn es geſchicht So eur-als meinet wegen. Jch denke nicht in meinem Sinn, Daß ich des Guten wuͤrdig bin, Nein, daß GOtt bloß, weil’s Jhm beliebet, Mirs ohn Verdienſt aus lauter Gnaden giebet. Jch denke nicht, daß Kummer und Verdruß Von mir ſtets ferne bleiben muß. Jch weiß, es kann im Huy geſchehen, Daß Sturm- und Ungluͤcks-Winde wehen, Weßhalben ich, GOtt Lob! mich ja nicht uͤberhebe, Wol aber oft mit bangem Geiſt Das, was mir die Erfahrung weiſ’t, Mir zum Exempel gebe. Und fleh’ ich GOtt, den GOtt, Der alles kann,
Um
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Du fuͤleſt keine Pein und Plagen.
Dich druͤcken Schimpf und Armut nicht.
Wenn du in unſ’rer Stelle waͤreſt;
So wuͤrde dir die Zeit gewiß ſo kurz nicht ſcheinen.
Du wuͤrdeſt nicht, wie itzo, meynen,
Es waͤre leicht, was du uns lehreſt.
Drauf ſprech’ ich: Jhr hab’t Recht. Jch danke meinem GOtt,
Daß weder Armut, Schimpf noch Spott,
Noch Pein und Krankheit mich verletzen,
Und iſt es meine Schuldigkeit,
Solch eine Gnade hoch zu ſchaͤtzen.
Allein verarget mir doch nicht,
Wenn auch bey einem ſolchen Segen
Mein Mund von fremden Plagen ſpricht;
Denn es geſchicht
So eur-als meinet wegen.
Jch denke nicht in meinem Sinn,
Daß ich des Guten wuͤrdig bin,
Nein, daß GOtt bloß, weil’s Jhm beliebet,
Mirs ohn Verdienſt aus lauter Gnaden giebet.
Jch denke nicht, daß Kummer und Verdruß
Von mir ſtets ferne bleiben muß.
Jch weiß, es kann im Huy geſchehen,
Daß Sturm- und Ungluͤcks-Winde wehen,
Weßhalben ich, GOtt Lob! mich ja nicht uͤberhebe,
Wol aber oft mit bangem Geiſt
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/495>, abgerufen am 22.11.2024.
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