Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Zugleich ein kleines Bild von Mond und Sonne finde.

So viel Vertiefungen und Höh'n
Als wir an einer Traube sehn,
So mancher Grad vom halben Licht,
Von zartem Wieder-Schein,
Gebroch'nen Farben, klaren Schatten,
Die, da sie sich so lieblich gatten,
Nur bloß den Künstlern sichtbar seyn;
Vergnügen ein drauf achtendes Gesicht.
Der Trauben zierliche Figur,
Da sie, wie wir mit Anmut sehn,
Aus vielen Kügelchen bestehn,
Jst recht ein Kunstwerk der Natur,
Das wol betrachtens-wehrt,
Jndem ein Stengel solche Menge
Von Beeren träget und ernährt,
So daß sie durch ihr eigenes Gedränge
Da sie so nah beysammen sitzen,
Sich nicht verdrängen, sondern stützen.
Die vollenkommenste Figur
Jst ja die Ründ' in der Natur.
Da an den Trauben nun sich alle Beeren ründen;
Jst fast kein lieblicher Gewächs zu finden.
Wird Jsis als ein viel-gebrüstet Weib
Uns vorgestellt; so kommt oft eine Traube mir
Als wie ein solcher Jsis-Leib,
Mit vtelen kleinen Brüsten, für.
Das zierlich eingekerbt- und nett-gezackte Laub,
Wodurch die Adern sich bis an die Ecken,

Voll

Zugleich ein kleines Bild von Mond und Sonne finde.

So viel Vertiefungen und Hoͤh’n
Als wir an einer Traube ſehn,
So mancher Grad vom halben Licht,
Von zartem Wieder-Schein,
Gebroch’nen Farben, klaren Schatten,
Die, da ſie ſich ſo lieblich gatten,
Nur bloß den Kuͤnſtlern ſichtbar ſeyn;
Vergnuͤgen ein drauf achtendes Geſicht.
Der Trauben zierliche Figur,
Da ſie, wie wir mit Anmut ſehn,
Aus vielen Kuͤgelchen beſtehn,
Jſt recht ein Kunſtwerk der Natur,
Das wol betrachtens-wehrt,
Jndem ein Stengel ſolche Menge
Von Beeren traͤget und ernaͤhrt,
So daß ſie durch ihr eigenes Gedraͤnge
Da ſie ſo nah beyſammen ſitzen,
Sich nicht verdraͤngen, ſondern ſtuͤtzen.
Die vollenkommenſte Figur
Jſt ja die Ruͤnd’ in der Natur.
Da an den Trauben nun ſich alle Beeren ruͤnden;
Jſt faſt kein lieblicher Gewaͤchs zu finden.
Wird Jſis als ein viel-gebruͤſtet Weib
Uns vorgeſtellt; ſo kommt oft eine Traube mir
Als wie ein ſolcher Jſis-Leib,
Mit vtelen kleinen Bruͤſten, fuͤr.
Das zierlich eingekerbt- und nett-gezackte Laub,
Wodurch die Adern ſich bis an die Ecken,

Voll
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="3">
            <l><pb facs="#f0380" n="344"/>
Zugleich ein kleines Bild von Mond und Sonne finde.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>So viel Vertiefungen und Ho&#x0364;h&#x2019;n</l><lb/>
            <l>Als wir an einer Traube &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>So mancher Grad vom halben Licht,</l><lb/>
            <l>Von zartem Wieder-Schein,</l><lb/>
            <l>Gebroch&#x2019;nen Farben, klaren Schatten,</l><lb/>
            <l>Die, da &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;o lieblich gatten,</l><lb/>
            <l>Nur bloß den Ku&#x0364;n&#x017F;tlern &#x017F;ichtbar &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Vergnu&#x0364;gen ein drauf achtendes Ge&#x017F;icht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Der Trauben zierliche Figur,</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie, wie wir mit Anmut &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Aus vielen Ku&#x0364;gelchen be&#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t recht ein Kun&#x017F;twerk der Natur,</l><lb/>
            <l>Das wol betrachtens-wehrt,</l><lb/>
            <l>Jndem ein Stengel &#x017F;olche Menge</l><lb/>
            <l>Von Beeren tra&#x0364;get und erna&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>So daß &#x017F;ie durch ihr eigenes Gedra&#x0364;nge</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie &#x017F;o nah bey&#x017F;ammen &#x017F;itzen,</l><lb/>
            <l>Sich nicht verdra&#x0364;ngen, &#x017F;ondern &#x017F;tu&#x0364;tzen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Die vollenkommen&#x017F;te Figur</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t ja die Ru&#x0364;nd&#x2019; in der Natur.</l><lb/>
            <l>Da an den Trauben nun &#x017F;ich alle Beeren ru&#x0364;nden;</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t fa&#x017F;t kein lieblicher Gewa&#x0364;chs zu finden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Wird J&#x017F;is als ein viel-gebru&#x0364;&#x017F;tet Weib</l><lb/>
            <l>Uns vorge&#x017F;tellt; &#x017F;o kommt oft eine Traube mir</l><lb/>
            <l>Als wie ein &#x017F;olcher J&#x017F;is-Leib,</l><lb/>
            <l>Mit vtelen kleinen Bru&#x0364;&#x017F;ten, fu&#x0364;r.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Das zierlich eingekerbt- und nett-gezackte Laub,</l><lb/>
            <l>Wodurch die Adern &#x017F;ich bis an die Ecken,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Voll</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0380] Zugleich ein kleines Bild von Mond und Sonne finde. So viel Vertiefungen und Hoͤh’n Als wir an einer Traube ſehn, So mancher Grad vom halben Licht, Von zartem Wieder-Schein, Gebroch’nen Farben, klaren Schatten, Die, da ſie ſich ſo lieblich gatten, Nur bloß den Kuͤnſtlern ſichtbar ſeyn; Vergnuͤgen ein drauf achtendes Geſicht. Der Trauben zierliche Figur, Da ſie, wie wir mit Anmut ſehn, Aus vielen Kuͤgelchen beſtehn, Jſt recht ein Kunſtwerk der Natur, Das wol betrachtens-wehrt, Jndem ein Stengel ſolche Menge Von Beeren traͤget und ernaͤhrt, So daß ſie durch ihr eigenes Gedraͤnge Da ſie ſo nah beyſammen ſitzen, Sich nicht verdraͤngen, ſondern ſtuͤtzen. Die vollenkommenſte Figur Jſt ja die Ruͤnd’ in der Natur. Da an den Trauben nun ſich alle Beeren ruͤnden; Jſt faſt kein lieblicher Gewaͤchs zu finden. Wird Jſis als ein viel-gebruͤſtet Weib Uns vorgeſtellt; ſo kommt oft eine Traube mir Als wie ein ſolcher Jſis-Leib, Mit vtelen kleinen Bruͤſten, fuͤr. Das zierlich eingekerbt- und nett-gezackte Laub, Wodurch die Adern ſich bis an die Ecken, Voll

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/380
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/380>, abgerufen am 18.12.2024.