Des Kürbses Ahrt, daß von des Schöpfers Güte Die holde Schrift, die Züge seiner Lehren Sich mögten stets in mir vergrössern und vermehren!
Eh wir nun dieß Gedicht beschliessen, Werd' ich, mein Leser, dir noch was, So ich einmal vom Kürbs erbaulichs las, Vorher erzälen müssen:
Ein Landmann sahe mit Vergnügen Viel grosse Kürbs' auf seinem Acker liegen. Die Grösse dieser Frucht, an solchen kleinen Ranken, War ihm besonders lieb. Voll fröhlicher Gedanken Sah er von ungefehr auf einem Eichen-Baum Desselben kleine Frucht! Pfuy! Schande, brach er los: Des kleinen Strauches Frucht ist so gewaltig groß; Die deine sieht man kaum, Nichts-wehrtes faules Holz! Kaum hatt' er dieß gesprochen Mit recht erzürn'tem Mut; So fiel ein' Eichel ihm auf seinen Hut. Er stutzt', und blieb ganz unbeweglich stehn. Ach! fing er, wie er sich besann, Aus einem andern Ton, wie folget, an: Wie wäre mir geschehn, Dafern nach meinem Wollen Und meinem närrischen Verstande Die Frucht sich hätte richten sollen? Jch läge schon zerschmettert in dem Sande. Er dankte GOtt, und nam sich für, Allein auf Jhn zu sehn in allen seinen Sachen. Mein GOtt! ach laß auch mich es allezeit, wie hier er Landmann es gemachet, machen!
Betrach-
Des Kuͤrbſes Ahrt, daß von des Schoͤpfers Guͤte Die holde Schrift, die Zuͤge ſeiner Lehren Sich moͤgten ſtets in mir vergroͤſſern und vermehren!
Eh wir nun dieß Gedicht beſchlieſſen, Werd’ ich, mein Leſer, dir noch was, So ich einmal vom Kuͤrbs erbaulichs las, Vorher erzaͤlen muͤſſen:
Ein Landmann ſahe mit Vergnuͤgen Viel groſſe Kuͤrbſ’ auf ſeinem Acker liegen. Die Groͤſſe dieſer Frucht, an ſolchen kleinen Ranken, War ihm beſonders lieb. Voll froͤhlicher Gedanken Sah er von ungefehr auf einem Eichen-Baum Deſſelben kleine Frucht! Pfuy! Schande, brach er los: Des kleinen Strauches Frucht iſt ſo gewaltig groß; Die deine ſieht man kaum, Nichts-wehrtes faules Holz! Kaum hatt’ er dieß geſprochen Mit recht erzuͤrn’tem Mut; So fiel ein’ Eichel ihm auf ſeinen Hut. Er ſtutzt’, und blieb ganz unbeweglich ſtehn. Ach! fing er, wie er ſich beſann, Aus einem andern Ton, wie folget, an: Wie waͤre mir geſchehn, Dafern nach meinem Wollen Und meinem naͤrriſchen Verſtande Die Frucht ſich haͤtte richten ſollen? Jch laͤge ſchon zerſchmettert in dem Sande. Er dankte GOtt, und nam ſich fuͤr, Allein auf Jhn zu ſehn in allen ſeinen Sachen. Mein GOtt! ach laß auch mich es allezeit, wie hier er Landmann es gemachet, machen!
Betrach-
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Des Kuͤrbſes Ahrt, daß von des Schoͤpfers Guͤte</l><lb/><l>Die holde Schrift, die Zuͤge ſeiner Lehren</l><lb/><l>Sich moͤgten ſtets in mir vergroͤſſern und vermehren!</l></lg><lb/><lgn="119"><l>Eh wir nun dieß Gedicht beſchlieſſen,</l><lb/><l>Werd’ ich, mein Leſer, dir noch was,</l><lb/><l>So ich einmal vom Kuͤrbs erbaulichs las,</l><lb/><l>Vorher erzaͤlen muͤſſen:</l></lg><lb/><lgn="120"><l>Ein Landmann ſahe mit Vergnuͤgen</l><lb/><l>Viel groſſe Kuͤrbſ’ auf ſeinem Acker liegen.</l><lb/><l>Die Groͤſſe dieſer Frucht, an ſolchen kleinen Ranken,</l><lb/><l>War ihm beſonders lieb. Voll froͤhlicher Gedanken</l><lb/><l>Sah er von ungefehr auf einem Eichen-Baum</l><lb/><l>Deſſelben kleine Frucht!</l><lb/><l>Pfuy! Schande, brach er los:</l><lb/><l>Des kleinen Strauches Frucht iſt ſo gewaltig groß;</l><lb/><l>Die deine ſieht man kaum,</l><lb/><l>Nichts-wehrtes faules Holz! Kaum hatt’ er dieß geſprochen</l><lb/><l>Mit recht erzuͤrn’tem Mut;</l><lb/><l>So fiel ein’ Eichel ihm auf ſeinen Hut.</l><lb/><l>Er ſtutzt’, und blieb ganz unbeweglich ſtehn.</l><lb/><l>Ach! fing er, wie er ſich beſann,</l><lb/><l>Aus einem andern Ton, wie folget, an:</l><lb/><l>Wie waͤre mir geſchehn,</l><lb/><l>Dafern nach meinem Wollen</l><lb/><l>Und meinem naͤrriſchen Verſtande</l><lb/><l>Die Frucht ſich haͤtte richten ſollen?</l><lb/><l>Jch laͤge ſchon zerſchmettert in dem Sande.</l><lb/><l>Er dankte GOtt, und nam ſich fuͤr,</l><lb/><l>Allein auf Jhn zu ſehn in allen ſeinen Sachen.</l><lb/><l>Mein GOtt! ach laß auch mich es allezeit, wie hier</l><lb/><l><hirendition="#et">er Landmann es gemachet, machen!</hi></l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Betrach-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
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Des Kuͤrbſes Ahrt, daß von des Schoͤpfers Guͤte
Die holde Schrift, die Zuͤge ſeiner Lehren
Sich moͤgten ſtets in mir vergroͤſſern und vermehren!
Eh wir nun dieß Gedicht beſchlieſſen,
Werd’ ich, mein Leſer, dir noch was,
So ich einmal vom Kuͤrbs erbaulichs las,
Vorher erzaͤlen muͤſſen:
Ein Landmann ſahe mit Vergnuͤgen
Viel groſſe Kuͤrbſ’ auf ſeinem Acker liegen.
Die Groͤſſe dieſer Frucht, an ſolchen kleinen Ranken,
War ihm beſonders lieb. Voll froͤhlicher Gedanken
Sah er von ungefehr auf einem Eichen-Baum
Deſſelben kleine Frucht!
Pfuy! Schande, brach er los:
Des kleinen Strauches Frucht iſt ſo gewaltig groß;
Die deine ſieht man kaum,
Nichts-wehrtes faules Holz! Kaum hatt’ er dieß geſprochen
Mit recht erzuͤrn’tem Mut;
So fiel ein’ Eichel ihm auf ſeinen Hut.
Er ſtutzt’, und blieb ganz unbeweglich ſtehn.
Ach! fing er, wie er ſich beſann,
Aus einem andern Ton, wie folget, an:
Wie waͤre mir geſchehn,
Dafern nach meinem Wollen
Und meinem naͤrriſchen Verſtande
Die Frucht ſich haͤtte richten ſollen?
Jch laͤge ſchon zerſchmettert in dem Sande.
Er dankte GOtt, und nam ſich fuͤr,
Allein auf Jhn zu ſehn in allen ſeinen Sachen.
Mein GOtt! ach laß auch mich es allezeit, wie hier
er Landmann es gemachet, machen!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/310>, abgerufen am 16.02.2025.
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