Daß im Winter, wenn es frieret, Es nicht immer gleiche kalt, Daß man nicht im Sommer spüret Gleicher Hitz' und Gluht Gewalt; Dieß, wie viele Weise gläuben, Jst dem Luft-Geist zuzuschreiben, Ja der frechen Winde Zucht Jst wol gar derselben Frucht.
77.
Diese Gründ' und mehr dergleichen Glaub't man: denn sie scheinen klar. Dennoch will ich gerne weichen, Werd' ich bessere gewahr. Denn, nur GOttes Werk zu preisen, Und nicht meinen Witz zu weisen, Schreib' ich, und es hat mein Kiel GOttes Ruhm, nicht sich, zum Ziel.
78.
GOtt, der Du der Winde Rasen Fassest als in einem Schlauch, Du verspärr'st ihr stürmisch Blasen Jn der Erden dunkelm Bauch. Woher aller Winde Scharen Kommen, und wohin sie fahren, Fasst kein Menschlicher Verstand. Dir ist es allein bekannt.
Der
76.
Daß im Winter, wenn es frieret, Es nicht immer gleiche kalt, Daß man nicht im Sommer ſpuͤret Gleicher Hitz’ und Gluht Gewalt; Dieß, wie viele Weiſe glaͤuben, Jſt dem Luft-Geiſt zuzuſchreiben, Ja der frechen Winde Zucht Jſt wol gar derſelben Frucht.
77.
Dieſe Gruͤnd’ und mehr dergleichen Glaub’t man: denn ſie ſcheinen klar. Dennoch will ich gerne weichen, Werd’ ich beſſere gewahr. Denn, nur GOttes Werk zu preiſen, Und nicht meinen Witz zu weiſen, Schreib’ ich, und es hat mein Kiel GOttes Ruhm, nicht ſich, zum Ziel.
78.
GOtt, der Du der Winde Raſen Faſſeſt als in einem Schlauch, Du verſpaͤrr’ſt ihr ſtuͤrmiſch Blaſen Jn der Erden dunkelm Bauch. Woher aller Winde Scharen Kommen, und wohin ſie fahren, Faſſt kein Menſchlicher Verſtand. Dir iſt es allein bekannt.
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76.
Daß im Winter, wenn es frieret,
Es nicht immer gleiche kalt,
Daß man nicht im Sommer ſpuͤret
Gleicher Hitz’ und Gluht Gewalt;
Dieß, wie viele Weiſe glaͤuben,
Jſt dem Luft-Geiſt zuzuſchreiben,
Ja der frechen Winde Zucht
Jſt wol gar derſelben Frucht.
77.
Dieſe Gruͤnd’ und mehr dergleichen
Glaub’t man: denn ſie ſcheinen klar.
Dennoch will ich gerne weichen,
Werd’ ich beſſere gewahr.
Denn, nur GOttes Werk zu preiſen,
Und nicht meinen Witz zu weiſen,
Schreib’ ich, und es hat mein Kiel
GOttes Ruhm, nicht ſich, zum Ziel.
78.
GOtt, der Du der Winde Raſen
Faſſeſt als in einem Schlauch,
Du verſpaͤrr’ſt ihr ſtuͤrmiſch Blaſen
Jn der Erden dunkelm Bauch.
Woher aller Winde Scharen
Kommen, und wohin ſie fahren,
Faſſt kein Menſchlicher Verſtand.
Dir iſt es allein bekannt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/296>, abgerufen am 25.11.2024.
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