Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein GOtt, welch ein annemliches Gewül,
So bald das Brodt ins Wasser fiel,
Entstund im Augenblick! Die grosse Menge,
Womit der Teich erfüll't, erreg't' ein lieblich Spiel,
Und ihre Gierigkeit ein lustiges Gedränge.
Es schien der ganze Teich zu leben,
Ein jedes Stücklein Brodt war alsobald umgeben
Von funfzig auf einmal. Bald schien es Ernst, bald Scherz,
Bald stieß ein Schwarm es vor ein and'rer hinterwärts.
Man konnte voller Lust die blauen glatten Rücken
Oft höher, als die Flut, in grosser Meng' erblicken.
Noch über die sieht man zuweilen
Verschied'ne voller Eifer eilen.
Die liessen nun, dieweil sie alsobald,
Gehemmet durch den Gegenhalt,
Nicht konnten in das Wasser sinken,
Von den beschuppten glatten Seiten
Bald feuchtes Gold, bald Silber blinken.
Dort konnte man durch ihr behendes drehen
Auch in der dunk'len Flut das Silber schimmern sehen;
Wie wenn man einen weichen Grund,
Der voller Fettigkeiten, rühret,
Man alsobald von oben spüret
Was schwärzliches sich in die Höhe heben:
So sieht man oft, gleich einem Dunst
Was schwärzliches von unten aufwärts schweben,
Bis daß es höher steigt. Dann wird man erst gewahr,
Daß es ein' ungezäl'te Schar
Beschuppter Fische sey. So voll war dieser Teich,
Daß ob er gleich
Sehr tief gegraben war,
Man dennoch glaubt', auf ihren dunk'len Rücken
Kaum halbes Fusses tief den Grund schon zu erblicken.
Ein schwärmendes Gewül, ein liebliches Gewimmel
War überall zu sehn.

Man

Mein GOtt, welch ein annemliches Gewuͤl,
So bald das Brodt ins Waſſer fiel,
Entſtund im Augenblick! Die groſſe Menge,
Womit der Teich erfuͤll’t, erreg’t’ ein lieblich Spiel,
Und ihre Gierigkeit ein luſtiges Gedraͤnge.
Es ſchien der ganze Teich zu leben,
Ein jedes Stuͤcklein Brodt war alſobald umgeben
Von funfzig auf einmal. Bald ſchien es Ernſt, bald Scherz,
Bald ſtieß ein Schwarm es vor ein and’rer hinterwaͤrts.
Man konnte voller Luſt die blauen glatten Ruͤcken
Oft hoͤher, als die Flut, in groſſer Meng’ erblicken.
Noch uͤber die ſieht man zuweilen
Verſchied’ne voller Eifer eilen.
Die lieſſen nun, dieweil ſie alſobald,
Gehemmet durch den Gegenhalt,
Nicht konnten in das Waſſer ſinken,
Von den beſchuppten glatten Seiten
Bald feuchtes Gold, bald Silber blinken.
Dort konnte man durch ihr behendes drehen
Auch in der dunk’len Flut das Silber ſchimmern ſehen;
Wie wenn man einen weichen Grund,
Der voller Fettigkeiten, ruͤhret,
Man alſobald von oben ſpuͤret
Was ſchwaͤrzliches ſich in die Hoͤhe heben:
So ſieht man oft, gleich einem Dunſt
Was ſchwaͤrzliches von unten aufwaͤrts ſchweben,
Bis daß es hoͤher ſteigt. Dann wird man erſt gewahr,
Daß es ein’ ungezaͤl’te Schar
Beſchuppter Fiſche ſey. So voll war dieſer Teich,
Daß ob er gleich
Sehr tief gegraben war,
Man dennoch glaubt’, auf ihren dunk’len Ruͤcken
Kaum halbes Fuſſes tief den Grund ſchon zu erblicken.
Ein ſchwaͤrmendes Gewuͤl, ein liebliches Gewimmel
War uͤberall zu ſehn.

Man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="11">
            <l><pb facs="#f0143" n="107"/>
Mein GOtt, welch ein annemliches Gewu&#x0364;l,</l><lb/>
            <l>So bald das Brodt ins Wa&#x017F;&#x017F;er fiel,</l><lb/>
            <l>Ent&#x017F;tund im Augenblick! Die gro&#x017F;&#x017F;e Menge,</l><lb/>
            <l>Womit der Teich erfu&#x0364;ll&#x2019;t, erreg&#x2019;t&#x2019; ein lieblich Spiel,</l><lb/>
            <l>Und ihre Gierigkeit ein lu&#x017F;tiges Gedra&#x0364;nge.</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;chien der ganze Teich zu leben,</l><lb/>
            <l>Ein jedes Stu&#x0364;cklein Brodt war al&#x017F;obald umgeben</l><lb/>
            <l>Von funfzig auf einmal. Bald &#x017F;chien es Ern&#x017F;t, bald Scherz,</l><lb/>
            <l>Bald &#x017F;tieß ein Schwarm es vor ein and&#x2019;rer hinterwa&#x0364;rts.</l><lb/>
            <l>Man konnte voller Lu&#x017F;t die blauen glatten Ru&#x0364;cken</l><lb/>
            <l>Oft ho&#x0364;her, als die Flut, in gro&#x017F;&#x017F;er Meng&#x2019; erblicken.</l><lb/>
            <l>Noch u&#x0364;ber die &#x017F;ieht man zuweilen</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chied&#x2019;ne voller Eifer eilen.</l><lb/>
            <l>Die lie&#x017F;&#x017F;en nun, dieweil &#x017F;ie al&#x017F;obald,</l><lb/>
            <l>Gehemmet durch den Gegenhalt,</l><lb/>
            <l>Nicht konnten in das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;inken,</l><lb/>
            <l>Von den be&#x017F;chuppten glatten Seiten</l><lb/>
            <l>Bald feuchtes Gold, bald Silber blinken.</l><lb/>
            <l>Dort konnte man durch ihr behendes drehen</l><lb/>
            <l>Auch in der dunk&#x2019;len Flut das Silber &#x017F;chimmern &#x017F;ehen;</l><lb/>
            <l>Wie wenn man einen weichen Grund,</l><lb/>
            <l>Der voller Fettigkeiten, ru&#x0364;hret,</l><lb/>
            <l>Man al&#x017F;obald von oben &#x017F;pu&#x0364;ret</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;chwa&#x0364;rzliches &#x017F;ich in die Ho&#x0364;he heben:</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ieht man oft, gleich einem Dun&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Was &#x017F;chwa&#x0364;rzliches von unten aufwa&#x0364;rts &#x017F;chweben,</l><lb/>
            <l>Bis daß es ho&#x0364;her &#x017F;teigt. Dann wird man er&#x017F;t gewahr,</l><lb/>
            <l>Daß es ein&#x2019; ungeza&#x0364;l&#x2019;te Schar</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;chuppter Fi&#x017F;che &#x017F;ey. So voll war die&#x017F;er Teich,</l><lb/>
            <l>Daß ob er gleich</l><lb/>
            <l>Sehr tief gegraben war,</l><lb/>
            <l>Man dennoch glaubt&#x2019;, auf ihren dunk&#x2019;len Ru&#x0364;cken</l><lb/>
            <l>Kaum halbes Fu&#x017F;&#x017F;es tief den Grund &#x017F;chon zu erblicken.</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;chwa&#x0364;rmendes Gewu&#x0364;l, ein liebliches Gewimmel</l><lb/>
            <l>War u&#x0364;berall zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0143] Mein GOtt, welch ein annemliches Gewuͤl, So bald das Brodt ins Waſſer fiel, Entſtund im Augenblick! Die groſſe Menge, Womit der Teich erfuͤll’t, erreg’t’ ein lieblich Spiel, Und ihre Gierigkeit ein luſtiges Gedraͤnge. Es ſchien der ganze Teich zu leben, Ein jedes Stuͤcklein Brodt war alſobald umgeben Von funfzig auf einmal. Bald ſchien es Ernſt, bald Scherz, Bald ſtieß ein Schwarm es vor ein and’rer hinterwaͤrts. Man konnte voller Luſt die blauen glatten Ruͤcken Oft hoͤher, als die Flut, in groſſer Meng’ erblicken. Noch uͤber die ſieht man zuweilen Verſchied’ne voller Eifer eilen. Die lieſſen nun, dieweil ſie alſobald, Gehemmet durch den Gegenhalt, Nicht konnten in das Waſſer ſinken, Von den beſchuppten glatten Seiten Bald feuchtes Gold, bald Silber blinken. Dort konnte man durch ihr behendes drehen Auch in der dunk’len Flut das Silber ſchimmern ſehen; Wie wenn man einen weichen Grund, Der voller Fettigkeiten, ruͤhret, Man alſobald von oben ſpuͤret Was ſchwaͤrzliches ſich in die Hoͤhe heben: So ſieht man oft, gleich einem Dunſt Was ſchwaͤrzliches von unten aufwaͤrts ſchweben, Bis daß es hoͤher ſteigt. Dann wird man erſt gewahr, Daß es ein’ ungezaͤl’te Schar Beſchuppter Fiſche ſey. So voll war dieſer Teich, Daß ob er gleich Sehr tief gegraben war, Man dennoch glaubt’, auf ihren dunk’len Ruͤcken Kaum halbes Fuſſes tief den Grund ſchon zu erblicken. Ein ſchwaͤrmendes Gewuͤl, ein liebliches Gewimmel War uͤberall zu ſehn. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/143
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/143>, abgerufen am 18.04.2024.