Als es die Sonne stark beschien, Erblickt' ich einst dieß schöne Wasser-Kleid, Und zwar, wie es auf sonderbare Ahrt Durch ein gar helles Schatten-Spiel Mit sauberm Ranken-Werk bewirket ward.
Vom schwanken Rohr, vom Gras' und Bluhmen fiel Ein dunkel-grünes Bild auf manche Stelle. Hiedurch verdoppelt sich die liebliche Gestalt Und Anmut dieses Orts; Die Schönheit ward dadurch noch einst so mannigfalt. Man sieht mit innigem Vergnügen Auf dieser lieblich-grünen Glätte, Als wann ein Künstler sie darauf gezeichnet hätte, Die zierlichsten Figuren liegen Von Schilf, von Bluhmen, Gras und Kraut, Von Sträuchen und Gebüsch. Man schaut Gar oft, und zwar nie sonder Freuden, Von glänzenden und weissen Weiden Den Schatten sich mit dunkel-grünen Bildern, Als auf ein hell-grün Tuch, gar deutlich schildern. Es lässt, als ob es eine Schilderey Aus grün in grün gemalet sey, So lebhaft, daß man oft wie sich die Bilder regen, Und hin und her bewegen, Mit aufgeheitertem Gemüt Und recht vergnüg'ten Blicken sieht.
Wenn ich in dieser Lust, Daß nichts aus nichts entsteht, daß nichts sich selber macht, Und nichts von ungefehr entsteht, betracht;
So
F 3
Als es die Sonne ſtark beſchien, Erblickt’ ich einſt dieß ſchoͤne Waſſer-Kleid, Und zwar, wie es auf ſonderbare Ahrt Durch ein gar helles Schatten-Spiel Mit ſauberm Ranken-Werk bewirket ward.
Vom ſchwanken Rohr, vom Graſ’ und Bluhmen fiel Ein dunkel-gruͤnes Bild auf manche Stelle. Hiedurch verdoppelt ſich die liebliche Geſtalt Und Anmut dieſes Orts; Die Schoͤnheit ward dadurch noch einſt ſo mannigfalt. Man ſieht mit innigem Vergnuͤgen Auf dieſer lieblich-gruͤnen Glaͤtte, Als wann ein Kuͤnſtler ſie darauf gezeichnet haͤtte, Die zierlichſten Figuren liegen Von Schilf, von Bluhmen, Gras und Kraut, Von Straͤuchen und Gebuͤſch. Man ſchaut Gar oft, und zwar nie ſonder Freuden, Von glaͤnzenden und weiſſen Weiden Den Schatten ſich mit dunkel-gruͤnen Bildern, Als auf ein hell-gruͤn Tuch, gar deutlich ſchildern. Es laͤſſt, als ob es eine Schilderey Aus gruͤn in gruͤn gemalet ſey, So lebhaft, daß man oft wie ſich die Bilder regen, Und hin und her bewegen, Mit aufgeheitertem Gemuͤt Und recht vergnuͤg’ten Blicken ſieht.
Wenn ich in dieſer Luſt, Daß nichts aus nichts entſteht, daß nichts ſich ſelber macht, Und nichts von ungefehr entſteht, betracht;
So
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Als es die Sonne ſtark beſchien,
Erblickt’ ich einſt dieß ſchoͤne Waſſer-Kleid,
Und zwar, wie es auf ſonderbare Ahrt
Durch ein gar helles Schatten-Spiel
Mit ſauberm Ranken-Werk bewirket ward.
Vom ſchwanken Rohr, vom Graſ’ und Bluhmen fiel
Ein dunkel-gruͤnes Bild auf manche Stelle.
Hiedurch verdoppelt ſich die liebliche Geſtalt
Und Anmut dieſes Orts;
Die Schoͤnheit ward dadurch noch einſt ſo mannigfalt.
Man ſieht mit innigem Vergnuͤgen
Auf dieſer lieblich-gruͤnen Glaͤtte,
Als wann ein Kuͤnſtler ſie darauf gezeichnet haͤtte,
Die zierlichſten Figuren liegen
Von Schilf, von Bluhmen, Gras und Kraut,
Von Straͤuchen und Gebuͤſch. Man ſchaut
Gar oft, und zwar nie ſonder Freuden,
Von glaͤnzenden und weiſſen Weiden
Den Schatten ſich mit dunkel-gruͤnen Bildern,
Als auf ein hell-gruͤn Tuch, gar deutlich ſchildern.
Es laͤſſt, als ob es eine Schilderey
Aus gruͤn in gruͤn gemalet ſey,
So lebhaft, daß man oft wie ſich die Bilder regen,
Und hin und her bewegen,
Mit aufgeheitertem Gemuͤt
Und recht vergnuͤg’ten Blicken ſieht.
Wenn ich in dieſer Luſt,
Daß nichts aus nichts entſteht, daß nichts ſich ſelber macht,
Und nichts von ungefehr entſteht, betracht;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/121>, abgerufen am 16.02.2025.
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