Zu brennen, wie die Gluht, zu blenden, wann zumalen Die Sonn' ihr helles Feu'r mit unbewölkten Stralen Auf ihre Blätter warf. So stark sind wenig Augen, Die diesen roten Glanz starr anzuschauen taugen. Ein Scharlach, Sammt, Damast, und wär' er noch so rot, Sind gegen diesen Grad entfärb't, erbleichet, todt. Man sieht ein rotes Licht mit einem roten Schatten Sich recht verwunderlich in ihren Blättern gatten, Und aus derselben Band recht wunderschön Ein rötlich Dämm'rungs-Licht bald hier bald dort entstehn. Durch diesen roten Schein, durch dieses Feuers Pracht Ward mein gerührter Geist zur Andacht angefach't.
So wie des Feuers Gluht die strenge Kälte lindert, Und vom verhassten Frost den starren Leib befrei't; So fül' ich, daß den Frost der Unempfindlichkeit Der Bluhmen roter Brand in meiner Sele mindert, Daß ihre Feuer-Farb' in mir ein Feu'r erweckt, Ein geistigs Andachts-Feu'r, das sich zu Dem allein Der Anmut, Farben, Form, Licht, Schönheit, Glanz und Schein Jn alle Dinge flösst, mit frohen Flammen streck't.
Unerschöpflichs helles Meer Aller Vollenkommenheiten, Schönheit und Vortrefflichkeiten! Deiner Creaturen Heer Zeiget, in dem Unterscheid Jhrer Form- und Farben Pracht, Wie so herrlich Deiner Macht, Deiner Weis heit, Deiner Liebe Und derselben holden Triebe Wahrheit und Unendlichkeit.
Die
Zu brennen, wie die Gluht, zu blenden, wann zumalen Die Sonn’ ihr helles Feu’r mit unbewoͤlkten Stralen Auf ihre Blaͤtter warf. So ſtark ſind wenig Augen, Die dieſen roten Glanz ſtarr anzuſchauen taugen. Ein Scharlach, Sammt, Damaſt, und waͤr’ er noch ſo rot, Sind gegen dieſen Grad entfaͤrb’t, erbleichet, todt. Man ſieht ein rotes Licht mit einem roten Schatten Sich recht verwunderlich in ihren Blaͤttern gatten, Und aus derſelben Band recht wunderſchoͤn Ein roͤtlich Daͤmm’rungs-Licht bald hier bald dort entſtehn. Durch dieſen roten Schein, durch dieſes Feuers Pracht Ward mein geruͤhrter Geiſt zur Andacht angefach’t.
So wie des Feuers Gluht die ſtrenge Kaͤlte lindert, Und vom verhaſſten Froſt den ſtarren Leib befrei’t; So fuͤl’ ich, daß den Froſt der Unempfindlichkeit Der Bluhmen roter Brand in meiner Sele mindert, Daß ihre Feuer-Farb’ in mir ein Feu’r erweckt, Ein geiſtigs Andachts-Feu’r, das ſich zu Dem allein Der Anmut, Farben, Form, Licht, Schoͤnheit, Glanz und Schein Jn alle Dinge floͤſſt, mit frohen Flammen ſtreck’t.
Unerſchoͤpflichs helles Meer Aller Vollenkommenheiten, Schoͤnheit und Vortrefflichkeiten! Deiner Creaturen Heer Zeiget, in dem Unterſcheid Jhrer Form- und Farben Pracht, Wie ſo herrlich Deiner Macht, Deiner Weiſ heit, Deiner Liebe Und derſelben holden Triebe Wahrheit und Unendlichkeit.
Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="7"><l><pbfacs="#f0100"n="64"/>
Zu brennen, wie die Gluht, zu blenden, wann zumalen</l><lb/><l>Die Sonn’ ihr helles Feu’r mit unbewoͤlkten Stralen</l><lb/><l>Auf ihre Blaͤtter warf. So ſtark ſind wenig Augen,</l><lb/><l>Die dieſen roten Glanz ſtarr anzuſchauen taugen.</l><lb/><l>Ein Scharlach, Sammt, Damaſt, und waͤr’ er noch ſo rot,</l><lb/><l>Sind gegen dieſen Grad entfaͤrb’t, erbleichet, todt.</l><lb/><l>Man ſieht ein rotes Licht mit einem roten Schatten</l><lb/><l>Sich recht verwunderlich in ihren Blaͤttern gatten,</l><lb/><l>Und aus derſelben Band recht wunderſchoͤn</l><lb/><l>Ein roͤtlich Daͤmm’rungs-Licht bald hier bald dort entſtehn.</l><lb/><l>Durch dieſen roten Schein, durch dieſes Feuers Pracht</l><lb/><l>Ward mein geruͤhrter Geiſt zur Andacht angefach’t.</l></lg><lb/><lgn="8"><l>So wie des Feuers Gluht die ſtrenge Kaͤlte lindert,</l><lb/><l>Und vom verhaſſten Froſt den ſtarren Leib befrei’t;</l><lb/><l>So fuͤl’ ich, daß den Froſt der Unempfindlichkeit</l><lb/><l>Der Bluhmen roter Brand in meiner Sele mindert,</l><lb/><l>Daß ihre Feuer-Farb’ in mir ein Feu’r erweckt,</l><lb/><l>Ein geiſtigs Andachts-Feu’r, das ſich zu Dem allein</l><lb/><l>Der Anmut, Farben, Form, Licht, Schoͤnheit, Glanz und</l><lb/><l><hirendition="#et">Schein</hi></l><lb/><l>Jn alle Dinge floͤſſt, mit frohen Flammen ſtreck’t.</l></lg><lb/><lgtype="poem"><l>Unerſchoͤpflichs helles Meer</l><lb/><l>Aller Vollenkommenheiten,</l><lb/><l>Schoͤnheit und Vortrefflichkeiten!</l><lb/><l>Deiner Creaturen Heer</l><lb/><l>Zeiget, in dem Unterſcheid</l><lb/><l>Jhrer Form- und Farben Pracht,</l><lb/><l>Wie ſo herrlich Deiner Macht,</l><lb/><l>Deiner Weiſ heit, Deiner Liebe</l><lb/><l>Und derſelben holden Triebe</l><lb/><l>Wahrheit und Unendlichkeit.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[64/0100]
Zu brennen, wie die Gluht, zu blenden, wann zumalen
Die Sonn’ ihr helles Feu’r mit unbewoͤlkten Stralen
Auf ihre Blaͤtter warf. So ſtark ſind wenig Augen,
Die dieſen roten Glanz ſtarr anzuſchauen taugen.
Ein Scharlach, Sammt, Damaſt, und waͤr’ er noch ſo rot,
Sind gegen dieſen Grad entfaͤrb’t, erbleichet, todt.
Man ſieht ein rotes Licht mit einem roten Schatten
Sich recht verwunderlich in ihren Blaͤttern gatten,
Und aus derſelben Band recht wunderſchoͤn
Ein roͤtlich Daͤmm’rungs-Licht bald hier bald dort entſtehn.
Durch dieſen roten Schein, durch dieſes Feuers Pracht
Ward mein geruͤhrter Geiſt zur Andacht angefach’t.
So wie des Feuers Gluht die ſtrenge Kaͤlte lindert,
Und vom verhaſſten Froſt den ſtarren Leib befrei’t;
So fuͤl’ ich, daß den Froſt der Unempfindlichkeit
Der Bluhmen roter Brand in meiner Sele mindert,
Daß ihre Feuer-Farb’ in mir ein Feu’r erweckt,
Ein geiſtigs Andachts-Feu’r, das ſich zu Dem allein
Der Anmut, Farben, Form, Licht, Schoͤnheit, Glanz und
Schein
Jn alle Dinge floͤſſt, mit frohen Flammen ſtreck’t.
Unerſchoͤpflichs helles Meer
Aller Vollenkommenheiten,
Schoͤnheit und Vortrefflichkeiten!
Deiner Creaturen Heer
Zeiget, in dem Unterſcheid
Jhrer Form- und Farben Pracht,
Wie ſo herrlich Deiner Macht,
Deiner Weiſ heit, Deiner Liebe
Und derſelben holden Triebe
Wahrheit und Unendlichkeit.
Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/100>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.