Als wenn durch einen dünnen Tafft, Worauf des Künstlers Hand mit Wasser-Farben mahlet, Bey dunkler Nacht ein helles Licht Jn einem bunten Schimmer bricht. Denn diese Blätter sind nicht nur illuminiret; Nein, wenn die Sonn' ihr Bild in ihre Fläche drückt, Wird jedes Blat, Wovon die eine Seite glatt, Mit einem hellen Schein geschmückt, Mit einem kleinen Glanz gezieret, Der, wenn durch Zweig' und Laub der laue Zephir kület, Recht lieblich hin und her mit holdem Blitzen spielet. Des funkelnden Smaragds durch Kunst geschliffne Spitzen Die haben nie mein Herz so sehr durchs Aug' ergetzt, Als wie der glatten Blätter Blitzen Durch ihren grünen Glanz mein Herz in Freude setzt.
Wenn sich nun noch die zarten Schatten Mit aller dieser Schönheit gatten, Und daß die sanfte Dunkelheit Nicht nur der Farben Glanz, der Lichter Lieblichkeit, Nein, durch die Schatten-Blüht' und Schatten-Blätter gar, Die wahren Blüht' und Blätter zu vermehren Und zu erheben scheint; werd' ich mit Lust gewahr, Wie auf den dicht belanbt- und reich beblühmten Zweigen Durch Schatten in der Sonnen Stral Veränderungen ohne Zahl Sich jeden Augenblick an jedem Orte zeigen. Die Stelle, die itzt weiß, wird dunkel; gelblich grün Wird die vorhero dunkel schien. Hiedurch, wenn Zweig und Laub bald sinken, bald sich heben, Scheint alles, was wir sehn, Jn grüner Dämm'rung bald zu stehn, Und bald im grünen Licht zu schweben.
Der
Als wenn durch einen duͤnnen Tafft, Worauf des Kuͤnſtlers Hand mit Waſſer-Farben mahlet, Bey dunkler Nacht ein helles Licht Jn einem bunten Schimmer bricht. Denn dieſe Blaͤtter ſind nicht nur illuminiret; Nein, wenn die Sonn’ ihr Bild in ihre Flaͤche druͤckt, Wird jedes Blat, Wovon die eine Seite glatt, Mit einem hellen Schein geſchmuͤckt, Mit einem kleinen Glanz gezieret, Der, wenn durch Zweig’ und Laub der laue Zephir kuͤlet, Recht lieblich hin und her mit holdem Blitzen ſpielet. Des funkelnden Smaragds durch Kunſt geſchliffne Spitzen Die haben nie mein Herz ſo ſehr durchs Aug’ ergetzt, Als wie der glatten Blaͤtter Blitzen Durch ihren gruͤnen Glanz mein Herz in Freude ſetzt.
Wenn ſich nun noch die zarten Schatten Mit aller dieſer Schoͤnheit gatten, Und daß die ſanfte Dunkelheit Nicht nur der Farben Glanz, der Lichter Lieblichkeit, Nein, durch die Schatten-Bluͤht’ und Schatten-Blaͤtter gar, Die wahren Bluͤht’ und Blaͤtter zu vermehren Und zu erheben ſcheint; werd’ ich mit Luſt gewahr, Wie auf den dicht belanbt- und reich bebluͤhmten Zweigen Durch Schatten in der Sonnen Stral Veraͤnderungen ohne Zahl Sich jeden Augenblick an jedem Orte zeigen. Die Stelle, die itzt weiß, wird dunkel; gelblich gruͤn Wird die vorhero dunkel ſchien. Hiedurch, wenn Zweig und Laub bald ſinken, bald ſich heben, Scheint alles, was wir ſehn, Jn gruͤner Daͤmm’rung bald zu ſtehn, Und bald im gruͤnen Licht zu ſchweben.
Der
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Als wenn durch einen duͤnnen Tafft,</l><lb/><l>Worauf des Kuͤnſtlers Hand mit Waſſer-Farben mahlet,</l><lb/><l>Bey dunkler Nacht ein helles Licht</l><lb/><l>Jn einem bunten Schimmer bricht.</l><lb/><l>Denn dieſe Blaͤtter ſind nicht nur illuminiret;</l><lb/><l>Nein, wenn die Sonn’ ihr Bild in ihre Flaͤche druͤckt,</l><lb/><l>Wird jedes Blat,</l><lb/><l>Wovon die eine Seite glatt,</l><lb/><l>Mit einem hellen Schein geſchmuͤckt,</l><lb/><l>Mit einem kleinen Glanz gezieret,</l><lb/><l>Der, wenn durch Zweig’ und Laub der laue Zephir kuͤlet,</l><lb/><l>Recht lieblich hin und her mit holdem Blitzen ſpielet.</l><lb/><l>Des funkelnden Smaragds durch Kunſt geſchliffne Spitzen</l><lb/><l>Die haben nie mein Herz ſo ſehr durchs Aug’ ergetzt,</l><lb/><l>Als wie der glatten Blaͤtter Blitzen</l><lb/><l>Durch ihren gruͤnen Glanz mein Herz in Freude ſetzt.</l></lg><lb/><lgn="6"><l>Wenn ſich nun noch die zarten Schatten</l><lb/><l>Mit aller dieſer Schoͤnheit gatten,</l><lb/><l>Und daß die ſanfte Dunkelheit</l><lb/><l>Nicht nur der Farben Glanz, der Lichter Lieblichkeit,</l><lb/><l>Nein, durch die Schatten-Bluͤht’ und Schatten-Blaͤtter gar,</l><lb/><l>Die wahren Bluͤht’ und Blaͤtter zu vermehren</l><lb/><l>Und zu erheben ſcheint; werd’ ich mit Luſt gewahr,</l><lb/><l>Wie auf den dicht belanbt- und reich bebluͤhmten Zweigen</l><lb/><l>Durch Schatten in der Sonnen Stral</l><lb/><l>Veraͤnderungen ohne Zahl</l><lb/><l>Sich jeden Augenblick an jedem Orte zeigen.</l><lb/><l>Die Stelle, die itzt weiß, wird dunkel; gelblich gruͤn</l><lb/><l>Wird die vorhero dunkel ſchien.</l><lb/><l>Hiedurch, wenn Zweig und Laub bald ſinken, bald ſich heben,</l><lb/><l>Scheint alles, was wir ſehn,</l><lb/><l>Jn gruͤner Daͤmm’rung bald zu ſtehn,</l><lb/><l>Und bald im gruͤnen Licht zu ſchweben.</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[22/0058]
Als wenn durch einen duͤnnen Tafft,
Worauf des Kuͤnſtlers Hand mit Waſſer-Farben mahlet,
Bey dunkler Nacht ein helles Licht
Jn einem bunten Schimmer bricht.
Denn dieſe Blaͤtter ſind nicht nur illuminiret;
Nein, wenn die Sonn’ ihr Bild in ihre Flaͤche druͤckt,
Wird jedes Blat,
Wovon die eine Seite glatt,
Mit einem hellen Schein geſchmuͤckt,
Mit einem kleinen Glanz gezieret,
Der, wenn durch Zweig’ und Laub der laue Zephir kuͤlet,
Recht lieblich hin und her mit holdem Blitzen ſpielet.
Des funkelnden Smaragds durch Kunſt geſchliffne Spitzen
Die haben nie mein Herz ſo ſehr durchs Aug’ ergetzt,
Als wie der glatten Blaͤtter Blitzen
Durch ihren gruͤnen Glanz mein Herz in Freude ſetzt.
Wenn ſich nun noch die zarten Schatten
Mit aller dieſer Schoͤnheit gatten,
Und daß die ſanfte Dunkelheit
Nicht nur der Farben Glanz, der Lichter Lieblichkeit,
Nein, durch die Schatten-Bluͤht’ und Schatten-Blaͤtter gar,
Die wahren Bluͤht’ und Blaͤtter zu vermehren
Und zu erheben ſcheint; werd’ ich mit Luſt gewahr,
Wie auf den dicht belanbt- und reich bebluͤhmten Zweigen
Durch Schatten in der Sonnen Stral
Veraͤnderungen ohne Zahl
Sich jeden Augenblick an jedem Orte zeigen.
Die Stelle, die itzt weiß, wird dunkel; gelblich gruͤn
Wird die vorhero dunkel ſchien.
Hiedurch, wenn Zweig und Laub bald ſinken, bald ſich heben,
Scheint alles, was wir ſehn,
Jn gruͤner Daͤmm’rung bald zu ſtehn,
Und bald im gruͤnen Licht zu ſchweben.
Der
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/58>, abgerufen am 09.01.2025.
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