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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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schüttelte es dann über seiner Hand, und der Siegelring Sa¬
lomonis fiel ihm hinein. Alle Anwesenden weinten, Gockel
legte das Haupt zu dem Leibe auf den Scheiterhaufen der
Gebeine Gallina's; alle Vögel brachten noch dürre Reiser und
legten sie drum her, da steckte Gockel die Reiser an und ver¬
brannte alles zu Asche; aus den Flammen aber sah man
die Gestalt eines Hahns wie ein goldenes Wölkchen durch
die Luft davon schweben. Nun begrub Gockel die Asche
und deckte den Stein mit der Schrift wieder mit Erde zu,
und hielt dann eine herrliche Leichenrede über die Verdienste
Gallina's und besonders Alektryo's, wie des edlen Hahnenge¬
schlechts überhaupt. Nachdem er die Herkunft Alektryo's
von dem Hahne Hiobs nach der Erzählung Urgockels mit¬
getheilt hatte, sprach er unter Anderm:

"Wer gibt die Weisheit ins verborgene Herz des
Menschen, wer giebt dem Hahnen den Verstand? Gleich¬
wie der Hahn den Tag verkündet und den Menschen
vom Schlaf erweckt, so verkünden fromme Lehrer das
Licht der Wahrheit in die Nacht der Welt und sprechen:
"die Nacht ist vergangen, der Tag ist gekommen, las¬
set uns ablegen die Werke der Finsterniß und anlegen die
Waffen des Lichtes." Wie lieblich und nützlich ist das Krä¬
hen des Hahnen; dieser treue Hausgenosse erwecket den
Schlafenden, ermahnet den Sorgenden, tröstet den Wande¬
rer, meldet die Stunde der Nacht und verscheuchet den Dieb
und erfreuet den Schiffer auf einsamem Meere, denn er
verkündet den Morgen, da die Stürme sich legen. Die
Frommen weckt er zum Gebet und den Gelehrten ruft er,
seine Bücher bei Licht zu suchen. Den Sünder ermahnet er
zur Reue, wie Petrum. Sein Geschrei ermuthiget das Herz
des Kranken. Zwar spricht der weise Mann: "Dreierlei
haben einen feinen Gang und das Vierte geht wohl, der
Löwe mächtig unter den Thieren, er fürchtet Niemand -- ein
Hahn mit kraftgegürteten Lenden, ein Widder und ein Kö¬

ſchuͤttelte es dann uͤber ſeiner Hand, und der Siegelring Sa¬
lomonis fiel ihm hinein. Alle Anweſenden weinten, Gockel
legte das Haupt zu dem Leibe auf den Scheiterhaufen der
Gebeine Gallina's; alle Voͤgel brachten noch duͤrre Reiſer und
legten ſie drum her, da ſteckte Gockel die Reiſer an und ver¬
brannte alles zu Aſche; aus den Flammen aber ſah man
die Geſtalt eines Hahns wie ein goldenes Woͤlkchen durch
die Luft davon ſchweben. Nun begrub Gockel die Aſche
und deckte den Stein mit der Schrift wieder mit Erde zu,
und hielt dann eine herrliche Leichenrede uͤber die Verdienſte
Gallina's und beſonders Alektryo's, wie des edlen Hahnenge¬
ſchlechts uͤberhaupt. Nachdem er die Herkunft Alektryo's
von dem Hahne Hiobs nach der Erzaͤhlung Urgockels mit¬
getheilt hatte, ſprach er unter Anderm:

„Wer gibt die Weisheit ins verborgene Herz des
Menſchen, wer giebt dem Hahnen den Verſtand? Gleich¬
wie der Hahn den Tag verkuͤndet und den Menſchen
vom Schlaf erweckt, ſo verkuͤnden fromme Lehrer das
Licht der Wahrheit in die Nacht der Welt und ſprechen:
„die Nacht iſt vergangen, der Tag iſt gekommen, laſ¬
ſet uns ablegen die Werke der Finſterniß und anlegen die
Waffen des Lichtes.“ Wie lieblich und nuͤtzlich iſt das Kraͤ¬
hen des Hahnen; dieſer treue Hausgenoſſe erwecket den
Schlafenden, ermahnet den Sorgenden, troͤſtet den Wande¬
rer, meldet die Stunde der Nacht und verſcheuchet den Dieb
und erfreuet den Schiffer auf einſamem Meere, denn er
verkuͤndet den Morgen, da die Stuͤrme ſich legen. Die
Frommen weckt er zum Gebet und den Gelehrten ruft er,
ſeine Buͤcher bei Licht zu ſuchen. Den Suͤnder ermahnet er
zur Reue, wie Petrum. Sein Geſchrei ermuthiget das Herz
des Kranken. Zwar ſpricht der weiſe Mann: „Dreierlei
haben einen feinen Gang und das Vierte geht wohl, der
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[68/0098] ſchuͤttelte es dann uͤber ſeiner Hand, und der Siegelring Sa¬ lomonis fiel ihm hinein. Alle Anweſenden weinten, Gockel legte das Haupt zu dem Leibe auf den Scheiterhaufen der Gebeine Gallina's; alle Voͤgel brachten noch duͤrre Reiſer und legten ſie drum her, da ſteckte Gockel die Reiſer an und ver¬ brannte alles zu Aſche; aus den Flammen aber ſah man die Geſtalt eines Hahns wie ein goldenes Woͤlkchen durch die Luft davon ſchweben. Nun begrub Gockel die Aſche und deckte den Stein mit der Schrift wieder mit Erde zu, und hielt dann eine herrliche Leichenrede uͤber die Verdienſte Gallina's und beſonders Alektryo's, wie des edlen Hahnenge¬ ſchlechts uͤberhaupt. Nachdem er die Herkunft Alektryo's von dem Hahne Hiobs nach der Erzaͤhlung Urgockels mit¬ getheilt hatte, ſprach er unter Anderm: „Wer gibt die Weisheit ins verborgene Herz des Menſchen, wer giebt dem Hahnen den Verſtand? Gleich¬ wie der Hahn den Tag verkuͤndet und den Menſchen vom Schlaf erweckt, ſo verkuͤnden fromme Lehrer das Licht der Wahrheit in die Nacht der Welt und ſprechen: „die Nacht iſt vergangen, der Tag iſt gekommen, laſ¬ ſet uns ablegen die Werke der Finſterniß und anlegen die Waffen des Lichtes.“ Wie lieblich und nuͤtzlich iſt das Kraͤ¬ hen des Hahnen; dieſer treue Hausgenoſſe erwecket den Schlafenden, ermahnet den Sorgenden, troͤſtet den Wande¬ rer, meldet die Stunde der Nacht und verſcheuchet den Dieb und erfreuet den Schiffer auf einſamem Meere, denn er verkuͤndet den Morgen, da die Stuͤrme ſich legen. Die Frommen weckt er zum Gebet und den Gelehrten ruft er, ſeine Buͤcher bei Licht zu ſuchen. Den Suͤnder ermahnet er zur Reue, wie Petrum. Sein Geſchrei ermuthiget das Herz des Kranken. Zwar ſpricht der weiſe Mann: „Dreierlei haben einen feinen Gang und das Vierte geht wohl, der Loͤwe maͤchtig unter den Thieren, er fuͤrchtet Niemand — ein Hahn mit kraftgeguͤrteten Lenden, ein Widder und ein Koͤ¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/98>, abgerufen am 09.11.2024.