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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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würdig zu beginnen. So wirst du dann auch wohl fühlen,
daß ich nothwendig erst meine große Wäsche wieder von der
Bleiche in den Schränken haben muß, ehe ich an so etwas
mit Ruhe denken kann; hilf mir schön morgen früh, wenn
wir fertig, wollen wir sehen, wie es mit dem Kloster wird.
Gute Nacht, jetzt bin ich müde!" -- Da ging Klareta ge¬
gen die Thüre des Zeltes, aber sie kehrte nochmals um, und
sagte: "o meine Herrinn! senke doch einschlafend dein Haupt
zur rechten Seite, auf daß dir das Kleinod Friede gebe!"--
ich nickte und sie schied. Ich wollte thun, wie sie gebeten,
aber entschlummernd that ich das Gegentheil und erwachte
unter Thränen.

St. Eligiustag nach des Täufers Tag. -- Heute
früh weckten mich meine Gespielen mit liebem Gesang; als
ich zum Zelt heraustrat, hing alles mein Geräthe schon auf
den Leinen und wehte der aufgehenden Sonne entgegen. --
Klareta und die Schwestern hatten nicht geschlafen und Al¬
les so geordnet. Um acht Uhr war Alles in Körben in das
Schloß gefahren, und nun strichen, plätteten und falteten
wir alle emsig darauf los. Wir waren sechs und dreißig
Mägdlein in drei Hallen arbeitend. Es war eine rechte
Freude, Alles war schneeweiß und lind. St. Johannis Thau
hatte mit vollem Segen gewirkt. Ich habe noch nie eine so
gesegnete Wäsche gehabt. Noch vor Abend war Alles auf¬
geschrieben und in den Schränken. -- Nachdem wir ein klei¬
nes Mahl eingenommen, führte ich Alle in den Grafensaal,
wo Jakob von Guise und mein Kanzler mit der Stiftungs¬
urkunde von Kloster Lilienthal im Ländchen Vadutz, die ich
ihnen zu verfassen befohlen hatte, unsrer warteten. Ich be¬
gab mich mit den Ordensgespielen in meine Kleiderkammer
und legte meinen Grafenmantel an und setzte die Krone auf;
dann trat ich von meinen Gespielen begleitet in den Saal
und setzte mich auf den Grafenstuhl. Die drei Fräulein zur
Lilien knieten vor mir auf dem Teppich. Der Kanzler ver¬

wuͤrdig zu beginnen. So wirſt du dann auch wohl fuͤhlen,
daß ich nothwendig erſt meine große Waͤſche wieder von der
Bleiche in den Schraͤnken haben muß, ehe ich an ſo etwas
mit Ruhe denken kann; hilf mir ſchoͤn morgen fruͤh, wenn
wir fertig, wollen wir ſehen, wie es mit dem Kloſter wird.
Gute Nacht, jetzt bin ich muͤde!“ — Da ging Klareta ge¬
gen die Thuͤre des Zeltes, aber ſie kehrte nochmals um, und
ſagte: „o meine Herrinn! ſenke doch einſchlafend dein Haupt
zur rechten Seite, auf daß dir das Kleinod Friede gebe!“—
ich nickte und ſie ſchied. Ich wollte thun, wie ſie gebeten,
aber entſchlummernd that ich das Gegentheil und erwachte
unter Thraͤnen.

St. Eligiustag nach des Taͤufers Tag. — Heute
fruͤh weckten mich meine Geſpielen mit liebem Geſang; als
ich zum Zelt heraustrat, hing alles mein Geraͤthe ſchon auf
den Leinen und wehte der aufgehenden Sonne entgegen. —
Klareta und die Schweſtern hatten nicht geſchlafen und Al¬
les ſo geordnet. Um acht Uhr war Alles in Koͤrben in das
Schloß gefahren, und nun ſtrichen, plaͤtteten und falteten
wir alle emſig darauf los. Wir waren ſechs und dreißig
Maͤgdlein in drei Hallen arbeitend. Es war eine rechte
Freude, Alles war ſchneeweiß und lind. St. Johannis Thau
hatte mit vollem Segen gewirkt. Ich habe noch nie eine ſo
geſegnete Waͤſche gehabt. Noch vor Abend war Alles auf¬
geſchrieben und in den Schraͤnken. — Nachdem wir ein klei¬
nes Mahl eingenommen, fuͤhrte ich Alle in den Grafenſaal,
wo Jakob von Guiſe und mein Kanzler mit der Stiftungs¬
urkunde von Kloſter Lilienthal im Laͤndchen Vadutz, die ich
ihnen zu verfaſſen befohlen hatte, unſrer warteten. Ich be¬
gab mich mit den Ordensgeſpielen in meine Kleiderkammer
und legte meinen Grafenmantel an und ſetzte die Krone auf;
dann trat ich von meinen Geſpielen begleitet in den Saal
und ſetzte mich auf den Grafenſtuhl. Die drei Fraͤulein zur
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[316/0370] wuͤrdig zu beginnen. So wirſt du dann auch wohl fuͤhlen, daß ich nothwendig erſt meine große Waͤſche wieder von der Bleiche in den Schraͤnken haben muß, ehe ich an ſo etwas mit Ruhe denken kann; hilf mir ſchoͤn morgen fruͤh, wenn wir fertig, wollen wir ſehen, wie es mit dem Kloſter wird. Gute Nacht, jetzt bin ich muͤde!“ — Da ging Klareta ge¬ gen die Thuͤre des Zeltes, aber ſie kehrte nochmals um, und ſagte: „o meine Herrinn! ſenke doch einſchlafend dein Haupt zur rechten Seite, auf daß dir das Kleinod Friede gebe!“— ich nickte und ſie ſchied. Ich wollte thun, wie ſie gebeten, aber entſchlummernd that ich das Gegentheil und erwachte unter Thraͤnen. St. Eligiustag nach des Taͤufers Tag. — Heute fruͤh weckten mich meine Geſpielen mit liebem Geſang; als ich zum Zelt heraustrat, hing alles mein Geraͤthe ſchon auf den Leinen und wehte der aufgehenden Sonne entgegen. — Klareta und die Schweſtern hatten nicht geſchlafen und Al¬ les ſo geordnet. Um acht Uhr war Alles in Koͤrben in das Schloß gefahren, und nun ſtrichen, plaͤtteten und falteten wir alle emſig darauf los. Wir waren ſechs und dreißig Maͤgdlein in drei Hallen arbeitend. Es war eine rechte Freude, Alles war ſchneeweiß und lind. St. Johannis Thau hatte mit vollem Segen gewirkt. Ich habe noch nie eine ſo geſegnete Waͤſche gehabt. Noch vor Abend war Alles auf¬ geſchrieben und in den Schraͤnken. — Nachdem wir ein klei¬ nes Mahl eingenommen, fuͤhrte ich Alle in den Grafenſaal, wo Jakob von Guiſe und mein Kanzler mit der Stiftungs¬ urkunde von Kloſter Lilienthal im Laͤndchen Vadutz, die ich ihnen zu verfaſſen befohlen hatte, unſrer warteten. Ich be¬ gab mich mit den Ordensgeſpielen in meine Kleiderkammer und legte meinen Grafenmantel an und ſetzte die Krone auf; dann trat ich von meinen Geſpielen begleitet in den Saal und ſetzte mich auf den Grafenſtuhl. Die drei Fraͤulein zur Lilien knieten vor mir auf dem Teppich. Der Kanzler ver¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/370>, abgerufen am 25.11.2024.