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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Es kamen aber meine Ordensspielinnen und streuten Ro¬
sen in der Stube und über das Lager der Freundinn, und
setzten mir einen Kranz von weißen Rosen und dem Kinde
ein Kränzchen von Rosenknospen auf, während ich es trug;
dazu sang Cornelia:

"Die Rose blüht, selig die fromme Biene,
Die in der Blätter keuschen Busen sinkt
Und milden Thau und linden Honig trinkt,
Selig die Magd, die dir o Rose diene!
In Freuden schwebet ihr Gemüth,
Weil ihre Rose blüht.
Die Rose blüht, Gott laß doch milde glühen
Der Sonne Licht, hüll' Ros' und Röselein
Gen Frost und Gluth in deine Gnade ein,
Laß alle Lieb in dieser Rose blühen,
Dann singt das ganze hohe Lied:
Ach unsre Rose blüht!
Wie rosigt blüht das Röslein aller Rosen
Und lacht mit solcher Herzempfindlichkeit,
Daß selbst die Lilie ihr zu Dienst sich weiht,
Mit keiner andern Blume zu liebkosen,
Weil aller Unschuld Seelenfried
Aus diesem Röslein blüht.

Ich schenkte Cornelien für dieses Rosenlied einen schönen
Rosengarten, wofür sie bei Braut und Leichenzügen ein Gar¬
tenhuhn zu entrichten hat.

Vorabend vor Pfingsten. -- Ordenssitzung. Ich
armes Kind ordnete mit den Gespielen die Festlichkeit der fol¬
genden Tage. Es wurden Maien im Walde gehohlt und
Blumen auf der Wiese, nm das Fest zu schmücken.

Pfingstsonntag. -- Als ich erwachte, fand ich auf
der Wiese vor dem Schloß, meinem Fenster gegenüber einen
schönen Maienbaum von den Gespielen und den Waisenkin¬
dern gepflanzt. Er war mit Kränzen von Siebenfarbenblu¬
men und Bändern von siebenerlei Farben geschmückt. Als

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Es kamen aber meine Ordensſpielinnen und ſtreuten Ro¬
ſen in der Stube und uͤber das Lager der Freundinn, und
ſetzten mir einen Kranz von weißen Roſen und dem Kinde
ein Kraͤnzchen von Roſenknospen auf, waͤhrend ich es trug;
dazu ſang Cornelia:

„Die Roſe bluͤht, ſelig die fromme Biene,
Die in der Blaͤtter keuſchen Buſen ſinkt
Und milden Thau und linden Honig trinkt,
Selig die Magd, die dir o Roſe diene!
In Freuden ſchwebet ihr Gemuͤth,
Weil ihre Roſe bluͤht.
Die Roſe bluͤht, Gott laß doch milde gluͤhen
Der Sonne Licht, huͤll' Roſ' und Roͤſelein
Gen Froſt und Gluth in deine Gnade ein,
Laß alle Lieb in dieſer Roſe bluͤhen,
Dann ſingt das ganze hohe Lied:
Ach unſre Roſe bluͤht!
Wie roſigt bluͤht das Roͤslein aller Roſen
Und lacht mit ſolcher Herzempfindlichkeit,
Daß ſelbſt die Lilie ihr zu Dienſt ſich weiht,
Mit keiner andern Blume zu liebkoſen,
Weil aller Unſchuld Seelenfried
Aus dieſem Roͤslein bluͤht.

Ich ſchenkte Cornelien fuͤr dieſes Roſenlied einen ſchoͤnen
Roſengarten, wofuͤr ſie bei Braut und Leichenzuͤgen ein Gar¬
tenhuhn zu entrichten hat.

Vorabend vor Pfingſten. — Ordensſitzung. Ich
armes Kind ordnete mit den Geſpielen die Feſtlichkeit der fol¬
genden Tage. Es wurden Maien im Walde gehohlt und
Blumen auf der Wieſe, nm das Feſt zu ſchmuͤcken.

Pfingſtſonntag. — Als ich erwachte, fand ich auf
der Wieſe vor dem Schloß, meinem Fenſter gegenuͤber einen
ſchoͤnen Maienbaum von den Geſpielen und den Waiſenkin¬
dern gepflanzt. Er war mit Kraͤnzen von Siebenfarbenblu¬
men und Baͤndern von ſiebenerlei Farben geſchmuͤckt. Als

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[257/0311] Es kamen aber meine Ordensſpielinnen und ſtreuten Ro¬ ſen in der Stube und uͤber das Lager der Freundinn, und ſetzten mir einen Kranz von weißen Roſen und dem Kinde ein Kraͤnzchen von Roſenknospen auf, waͤhrend ich es trug; dazu ſang Cornelia: „Die Roſe bluͤht, ſelig die fromme Biene, Die in der Blaͤtter keuſchen Buſen ſinkt Und milden Thau und linden Honig trinkt, Selig die Magd, die dir o Roſe diene! In Freuden ſchwebet ihr Gemuͤth, Weil ihre Roſe bluͤht. Die Roſe bluͤht, Gott laß doch milde gluͤhen Der Sonne Licht, huͤll' Roſ' und Roͤſelein Gen Froſt und Gluth in deine Gnade ein, Laß alle Lieb in dieſer Roſe bluͤhen, Dann ſingt das ganze hohe Lied: Ach unſre Roſe bluͤht! Wie roſigt bluͤht das Roͤslein aller Roſen Und lacht mit ſolcher Herzempfindlichkeit, Daß ſelbſt die Lilie ihr zu Dienſt ſich weiht, Mit keiner andern Blume zu liebkoſen, Weil aller Unſchuld Seelenfried Aus dieſem Roͤslein bluͤht. Ich ſchenkte Cornelien fuͤr dieſes Roſenlied einen ſchoͤnen Roſengarten, wofuͤr ſie bei Braut und Leichenzuͤgen ein Gar¬ tenhuhn zu entrichten hat. Vorabend vor Pfingſten. — Ordensſitzung. Ich armes Kind ordnete mit den Geſpielen die Feſtlichkeit der fol¬ genden Tage. Es wurden Maien im Walde gehohlt und Blumen auf der Wieſe, nm das Feſt zu ſchmuͤcken. Pfingſtſonntag. — Als ich erwachte, fand ich auf der Wieſe vor dem Schloß, meinem Fenſter gegenuͤber einen ſchoͤnen Maienbaum von den Geſpielen und den Waiſenkin¬ dern gepflanzt. Er war mit Kraͤnzen von Siebenfarbenblu¬ men und Baͤndern von ſiebenerlei Farben geſchmuͤckt. Als 17

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/311>, abgerufen am 25.11.2024.