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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Da schauten sich um alle Fräulen und dienten verwandelt
in Säulen zur allgemeinen Erbauung der Kirche im go¬
thischen Styl, denn in diesem Styl war der Hut der Frau
Inspektorin. So wurde die Kirche zwar sehr schnell, aber
doch nicht, ehe man sich umsah, erbaut. Als ich in das
Salzmünster hineintrat, verließ eben nach der Nachmittags-
Predigt der Redner die Kirche, aber ich versäumte nichts,
die Kirche ist echoistisch gebaut, der Redner braucht nur ein
paar Worte zu verlieren, so werden sie sogleich von Frau
Echo, der unverbesserlichen Widerbellerin, aufgeschnappt und
eine halbe Stunde lang zwischen den Säulen herumgehetzt
und geschleudert, und so lief auch jetzt zwischen allen Salz¬
säulen die Rede umher: "so gut auch das Salz sey, wäre
es doch mißlich, wenn es dumm werde, man habe Nichts,
um es zu salzen und es mache weder das Feld noch den
Mist besser." -- Ich kniete in ein Winkelchen und be¬
tete herzlich um die Hülfe Gottes; nicht weit von mir
kniete eine prächtig geputzte Köchin, und neben ihr stand ein
von Makaroninudeln geflochtener Gemüskorb, auf welchem
mit goldenen Buchstaben stand: "salzgräflich-Salomon-
Salabonischer Salatkorb." Sissi und Pfiffi merkten gleich,
daß dieses die Köchin der drei morgenländischen Petschier¬
stecher sey, sie schlupften in den Korb und ließen sich von
ihr in den salzgräflichen Pallast tragen. Als ich nun in
der Kirche einsam und allein war, vernahm ich durch das
geschäftige Echo jedes Gebet, jedes Flüstern und Seufzen
der Umherknieenden; der Eine betete: "ach Gott! befreie uns
von dem Hoffaktor Salzgraf Salathiel Salaboni, er ist
schuld, daß das Salz so dumm und theuer geworden;" der
Andere: "befreie uns von dem Commerzienrath, Salzgraf
Salomon Salaboni, er ist schuld, daß die Salzkukummern
so kümmerlich schmecken und so klein sind;" der Dritte seufzte:
"ach hilf uns aus dem Salz des Elendes, befreie uns von
dem Hoflieferanten, Salzgraf Salmanasser Salaboni, er ver¬

Da ſchauten ſich um alle Fraͤulen und dienten verwandelt
in Saͤulen zur allgemeinen Erbauung der Kirche im go¬
thiſchen Styl, denn in dieſem Styl war der Hut der Frau
Inſpektorin. So wurde die Kirche zwar ſehr ſchnell, aber
doch nicht, ehe man ſich umſah, erbaut. Als ich in das
Salzmuͤnſter hineintrat, verließ eben nach der Nachmittags-
Predigt der Redner die Kirche, aber ich verſaͤumte nichts,
die Kirche iſt echoiſtiſch gebaut, der Redner braucht nur ein
paar Worte zu verlieren, ſo werden ſie ſogleich von Frau
Echo, der unverbeſſerlichen Widerbellerin, aufgeſchnappt und
eine halbe Stunde lang zwiſchen den Saͤulen herumgehetzt
und geſchleudert, und ſo lief auch jetzt zwiſchen allen Salz¬
ſaͤulen die Rede umher: „ſo gut auch das Salz ſey, waͤre
es doch mißlich, wenn es dumm werde, man habe Nichts,
um es zu ſalzen und es mache weder das Feld noch den
Miſt beſſer.“ — Ich kniete in ein Winkelchen und be¬
tete herzlich um die Huͤlfe Gottes; nicht weit von mir
kniete eine praͤchtig geputzte Koͤchin, und neben ihr ſtand ein
von Makaroninudeln geflochtener Gemuͤskorb, auf welchem
mit goldenen Buchſtaben ſtand: „ſalzgraͤflich-Salomon-
Salaboniſcher Salatkorb.“ Siſſi und Pfiffi merkten gleich,
daß dieſes die Koͤchin der drei morgenlaͤndiſchen Petſchier¬
ſtecher ſey, ſie ſchlupften in den Korb und ließen ſich von
ihr in den ſalzgraͤflichen Pallaſt tragen. Als ich nun in
der Kirche einſam und allein war, vernahm ich durch das
geſchaͤftige Echo jedes Gebet, jedes Fluͤſtern und Seufzen
der Umherknieenden; der Eine betete: „ach Gott! befreie uns
von dem Hoffaktor Salzgraf Salathiel Salaboni, er iſt
ſchuld, daß das Salz ſo dumm und theuer geworden;“ der
Andere: „befreie uns von dem Commerzienrath, Salzgraf
Salomon Salaboni, er iſt ſchuld, daß die Salzkukummern
ſo kuͤmmerlich ſchmecken und ſo klein ſind;“ der Dritte ſeufzte:
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[173/0221] Da ſchauten ſich um alle Fraͤulen und dienten verwandelt in Saͤulen zur allgemeinen Erbauung der Kirche im go¬ thiſchen Styl, denn in dieſem Styl war der Hut der Frau Inſpektorin. So wurde die Kirche zwar ſehr ſchnell, aber doch nicht, ehe man ſich umſah, erbaut. Als ich in das Salzmuͤnſter hineintrat, verließ eben nach der Nachmittags- Predigt der Redner die Kirche, aber ich verſaͤumte nichts, die Kirche iſt echoiſtiſch gebaut, der Redner braucht nur ein paar Worte zu verlieren, ſo werden ſie ſogleich von Frau Echo, der unverbeſſerlichen Widerbellerin, aufgeſchnappt und eine halbe Stunde lang zwiſchen den Saͤulen herumgehetzt und geſchleudert, und ſo lief auch jetzt zwiſchen allen Salz¬ ſaͤulen die Rede umher: „ſo gut auch das Salz ſey, waͤre es doch mißlich, wenn es dumm werde, man habe Nichts, um es zu ſalzen und es mache weder das Feld noch den Miſt beſſer.“ — Ich kniete in ein Winkelchen und be¬ tete herzlich um die Huͤlfe Gottes; nicht weit von mir kniete eine praͤchtig geputzte Koͤchin, und neben ihr ſtand ein von Makaroninudeln geflochtener Gemuͤskorb, auf welchem mit goldenen Buchſtaben ſtand: „ſalzgraͤflich-Salomon- Salaboniſcher Salatkorb.“ Siſſi und Pfiffi merkten gleich, daß dieſes die Koͤchin der drei morgenlaͤndiſchen Petſchier¬ ſtecher ſey, ſie ſchlupften in den Korb und ließen ſich von ihr in den ſalzgraͤflichen Pallaſt tragen. Als ich nun in der Kirche einſam und allein war, vernahm ich durch das geſchaͤftige Echo jedes Gebet, jedes Fluͤſtern und Seufzen der Umherknieenden; der Eine betete: „ach Gott! befreie uns von dem Hoffaktor Salzgraf Salathiel Salaboni, er iſt ſchuld, daß das Salz ſo dumm und theuer geworden;“ der Andere: „befreie uns von dem Commerzienrath, Salzgraf Salomon Salaboni, er iſt ſchuld, daß die Salzkukummern ſo kuͤmmerlich ſchmecken und ſo klein ſind;“ der Dritte ſeufzte: „ach hilf uns aus dem Salz des Elendes, befreie uns von dem Hoflieferanten, Salzgraf Salmanaſſer Salaboni, er ver¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/221>, abgerufen am 24.11.2024.