Zwar haben die besten und berühmtesten Gesetzgeber, wie Minos, Solon, Lykurg, Numa bei ihren staatlichen Verordnungen Rücksicht auf die Religion genommen und hauptsächlich dadurch ihre Gesetzgebung heilsam und segensreich gemacht. Aber beweist nicht gerade diese Thatsache, daß das religiöse Gefühl nicht etwas Neues war, sondern tief und lebendig und allgemein in den Gemüthern lebte? Beweist nicht gerade diese That- sache, daß der Glaube an Gott die Grundlage der Gesellschaft sei und zwar der Art, daß auf die Dauer ein menschenwürdiges Leben unter uns unmöglich wird ohne den Glauben an Gott? Das führt uns zu einem neuen Gedanken, den wir noch für einige Augenblicke betrachten wollen.
4. Wir glauben unerschütterlich fest an das Dasein eines unendlichen Gottes; denn wir finden, daß die Anerkennung Gottes ein wahres Bedürfniß für die menschliche Gesellschaft ist. Was für ein großes Gebäude das Fundament, das ist für die Menschheit der Glaube an Gott. Ohne Fundament ist ein Bau nicht dauerhaft, wird er in den Stürmen und Unwettern nicht lange Stand halten. Mögen die Steine noch so fest und hart sein, mag der Baumeister sonst seine Aufgabe noch so gut gelöst haben, mag die innere Einrichtung noch so schön und bequem sein, das Alles ist nicht im Stande, das Fundament zu ersetzen; ohne Fundament wird der herrliche, bequeme Bau eines Tages krachend zusammenstürzen und vielleicht die Ein- wohner im Schutt begraben. Ein großer Bau ohne
Zwar haben die besten und berühmtesten Gesetzgeber, wie Minos, Solon, Lykurg, Numa bei ihren staatlichen Verordnungen Rücksicht auf die Religion genommen und hauptsächlich dadurch ihre Gesetzgebung heilsam und segensreich gemacht. Aber beweist nicht gerade diese Thatsache, daß das religiöse Gefühl nicht etwas Neues war, sondern tief und lebendig und allgemein in den Gemüthern lebte? Beweist nicht gerade diese That- sache, daß der Glaube an Gott die Grundlage der Gesellschaft sei und zwar der Art, daß auf die Dauer ein menschenwürdiges Leben unter uns unmöglich wird ohne den Glauben an Gott? Das führt uns zu einem neuen Gedanken, den wir noch für einige Augenblicke betrachten wollen.
4. Wir glauben unerschütterlich fest an das Dasein eines unendlichen Gottes; denn wir finden, daß die Anerkennung Gottes ein wahres Bedürfniß für die menschliche Gesellschaft ist. Was für ein großes Gebäude das Fundament, das ist für die Menschheit der Glaube an Gott. Ohne Fundament ist ein Bau nicht dauerhaft, wird er in den Stürmen und Unwettern nicht lange Stand halten. Mögen die Steine noch so fest und hart sein, mag der Baumeister sonst seine Aufgabe noch so gut gelöst haben, mag die innere Einrichtung noch so schön und bequem sein, das Alles ist nicht im Stande, das Fundament zu ersetzen; ohne Fundament wird der herrliche, bequeme Bau eines Tages krachend zusammenstürzen und vielleicht die Ein- wohner im Schutt begraben. Ein großer Bau ohne
<TEI><text><body><divn="2"><divn="1"><pbfacs="#f0055"xml:id="B836_001_1901_pb0043_0001"n="43"/><p>Zwar haben die besten und berühmtesten Gesetzgeber,<lb/>
wie Minos, Solon, Lykurg, Numa bei ihren staatlichen<lb/>
Verordnungen Rücksicht auf die Religion genommen und<lb/>
hauptsächlich dadurch ihre Gesetzgebung heilsam und<lb/>
segensreich gemacht. Aber beweist nicht gerade diese<lb/>
Thatsache, daß das religiöse Gefühl nicht etwas Neues<lb/>
war, sondern tief und lebendig und allgemein in den<lb/>
Gemüthern lebte? Beweist nicht gerade diese That-<lb/>
sache, daß der Glaube an Gott die Grundlage der<lb/>
Gesellschaft sei und zwar der Art, daß auf die Dauer<lb/>
ein menschenwürdiges Leben unter uns unmöglich wird<lb/>
ohne den Glauben an Gott? Das führt uns zu einem<lb/>
neuen Gedanken, den wir noch für einige Augenblicke<lb/>
betrachten wollen.</p><p>4. Wir glauben unerschütterlich fest an das Dasein<lb/>
eines unendlichen Gottes; denn wir finden, daß <hirendition="#g">die<lb/>
Anerkennung Gottes ein wahres Bedürfniß<lb/>
für die menschliche Gesellschaft ist</hi>. Was für<lb/>
ein großes Gebäude das Fundament, das ist für die<lb/>
Menschheit der Glaube an Gott. Ohne Fundament<lb/>
ist ein Bau nicht dauerhaft, wird er in den Stürmen<lb/>
und Unwettern nicht lange Stand halten. Mögen die<lb/>
Steine noch so fest und hart sein, mag der Baumeister<lb/>
sonst seine Aufgabe noch so gut gelöst haben, mag die<lb/>
innere Einrichtung noch so schön und bequem sein, das<lb/>
Alles ist nicht im Stande, das Fundament zu ersetzen;<lb/>
ohne Fundament wird der herrliche, bequeme Bau eines<lb/>
Tages krachend zusammenstürzen und vielleicht die Ein-<lb/>
wohner im Schutt begraben. Ein großer Bau ohne<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[43/0055]
Zwar haben die besten und berühmtesten Gesetzgeber,
wie Minos, Solon, Lykurg, Numa bei ihren staatlichen
Verordnungen Rücksicht auf die Religion genommen und
hauptsächlich dadurch ihre Gesetzgebung heilsam und
segensreich gemacht. Aber beweist nicht gerade diese
Thatsache, daß das religiöse Gefühl nicht etwas Neues
war, sondern tief und lebendig und allgemein in den
Gemüthern lebte? Beweist nicht gerade diese That-
sache, daß der Glaube an Gott die Grundlage der
Gesellschaft sei und zwar der Art, daß auf die Dauer
ein menschenwürdiges Leben unter uns unmöglich wird
ohne den Glauben an Gott? Das führt uns zu einem
neuen Gedanken, den wir noch für einige Augenblicke
betrachten wollen.
4. Wir glauben unerschütterlich fest an das Dasein
eines unendlichen Gottes; denn wir finden, daß die
Anerkennung Gottes ein wahres Bedürfniß
für die menschliche Gesellschaft ist. Was für
ein großes Gebäude das Fundament, das ist für die
Menschheit der Glaube an Gott. Ohne Fundament
ist ein Bau nicht dauerhaft, wird er in den Stürmen
und Unwettern nicht lange Stand halten. Mögen die
Steine noch so fest und hart sein, mag der Baumeister
sonst seine Aufgabe noch so gut gelöst haben, mag die
innere Einrichtung noch so schön und bequem sein, das
Alles ist nicht im Stande, das Fundament zu ersetzen;
ohne Fundament wird der herrliche, bequeme Bau eines
Tages krachend zusammenstürzen und vielleicht die Ein-
wohner im Schutt begraben. Ein großer Bau ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/55>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.