ein höheres, übernatürliches Wesen, das für Alle und für Alles Interesse besitzt. Von ihr sagt selbst der heilige Geist in der Schrift: "Gnade über Gnade ist ein heiliges und schamhaftes Weib" (Sir. 26, 19). Das wissen selbst Männer, die für ihre eigene Person sich nicht viel um Religion kümmern; gern führen sie die Worte im Munde: Die Religion ist gut für die Frauen. Daher kommt es auch oft vor, daß solche irreligiöse Männer ihre eigenen Töchter Klosterfrauen zur Erziehung übergeben. Sie haben es mehr wie einmal erfahren, daß ein Weib ohne Reli- gion ein Weib ohne sittlichen Halt, ohne Opfergeist und ohne Tugend, daß es eine Plage und ein Ver- derben für den Mann und die Kinder, für die Familie und die Gesellschaft ist. Ja, die Religion besitzt eine hohe Bedeutung für das weibliche Geschlecht.
Das weibliche Geschlecht aber, die Frauen und Jung- frauen werden nicht auf die Dauer wahrhaft religiös bleiben, werden nicht auf die Dauer durch gediegene Frömmigkeit reichen Segen verbreiten, wenn die Männerwelt mehr und mehr der Religion entfremdet wird. Zum Beweise dafür kann ich mich einfach auf die tägliche Erfahrung berufen. Da lebt eine Jung- frau, die alles Lob verdient; sie kommt eifrig ihren religiösen Pflichten nach und fühlt sich glücklich dabei; sie ist wirklich tugendhaft; man kann ihr keinen Vor- wurf machen. Eines Tages nun tritt sie mit einem jungen Manne zum Brautaltare, um mit ihm den Ehebund zu schließen. Sie ist im Augenblicke von dem
ein höheres, übernatürliches Wesen, das für Alle und für Alles Interesse besitzt. Von ihr sagt selbst der heilige Geist in der Schrift: „Gnade über Gnade ist ein heiliges und schamhaftes Weib“ (Sir. 26, 19). Das wissen selbst Männer, die für ihre eigene Person sich nicht viel um Religion kümmern; gern führen sie die Worte im Munde: Die Religion ist gut für die Frauen. Daher kommt es auch oft vor, daß solche irreligiöse Männer ihre eigenen Töchter Klosterfrauen zur Erziehung übergeben. Sie haben es mehr wie einmal erfahren, daß ein Weib ohne Reli- gion ein Weib ohne sittlichen Halt, ohne Opfergeist und ohne Tugend, daß es eine Plage und ein Ver- derben für den Mann und die Kinder, für die Familie und die Gesellschaft ist. Ja, die Religion besitzt eine hohe Bedeutung für das weibliche Geschlecht.
Das weibliche Geschlecht aber, die Frauen und Jung- frauen werden nicht auf die Dauer wahrhaft religiös bleiben, werden nicht auf die Dauer durch gediegene Frömmigkeit reichen Segen verbreiten, wenn die Männerwelt mehr und mehr der Religion entfremdet wird. Zum Beweise dafür kann ich mich einfach auf die tägliche Erfahrung berufen. Da lebt eine Jung- frau, die alles Lob verdient; sie kommt eifrig ihren religiösen Pflichten nach und fühlt sich glücklich dabei; sie ist wirklich tugendhaft; man kann ihr keinen Vor- wurf machen. Eines Tages nun tritt sie mit einem jungen Manne zum Brautaltare, um mit ihm den Ehebund zu schließen. Sie ist im Augenblicke von dem
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ein höheres, übernatürliches Wesen, das für Alle und für
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Geist in der Schrift: „Gnade über Gnade ist
ein heiliges und schamhaftes Weib“ (Sir.
26, 19). Das wissen selbst Männer, die für ihre
eigene Person sich nicht viel um Religion kümmern;
gern führen sie die Worte im Munde: Die Religion
ist gut für die Frauen. Daher kommt es auch oft
vor, daß solche irreligiöse Männer ihre eigenen Töchter
Klosterfrauen zur Erziehung übergeben. Sie haben es
mehr wie einmal erfahren, daß ein Weib ohne Reli-
gion ein Weib ohne sittlichen Halt, ohne Opfergeist
und ohne Tugend, daß es eine Plage und ein Ver-
derben für den Mann und die Kinder, für die Familie
und die Gesellschaft ist. Ja, die Religion besitzt eine
hohe Bedeutung für das weibliche Geschlecht.
Das weibliche Geschlecht aber, die Frauen und Jung-
frauen werden nicht auf die Dauer wahrhaft religiös
bleiben, werden nicht auf die Dauer durch gediegene
Frömmigkeit reichen Segen verbreiten, wenn die
Männerwelt mehr und mehr der Religion entfremdet
wird. Zum Beweise dafür kann ich mich einfach auf
die tägliche Erfahrung berufen. Da lebt eine Jung-
frau, die alles Lob verdient; sie kommt eifrig ihren
religiösen Pflichten nach und fühlt sich glücklich dabei;
sie ist wirklich tugendhaft; man kann ihr keinen Vor-
wurf machen. Eines Tages nun tritt sie mit einem
jungen Manne zum Brautaltare, um mit ihm den
Ehebund zu schließen. Sie ist im Augenblicke von dem
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/28>, abgerufen am 04.05.2024.
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