das vielen Männern hundertmal erscheint, das ihnen eine entsetzliche Furcht einjagt, das sie tausendmal zum Bösen verleitet und vom Guten abhält, ein Gespenst, das heut zu Tage in der Männerwelt so viel herum- geistert und schreckliches Unheil in derselben anrichtet.
Dieses furchtbare Gespenst ist die Menschenfurcht, die ungeordnete und sündhafte Begierde, den Menschen zu gefallen oder die niedrige Besorgniß, den Menschen zu mißfallen. Man will es mit Niemand verderben, bei Niemand anstoßen und von Niemand irgendwie ab- fällig beurtheilt werden. Darum stellt man sich immer die Frage: was werden die Leute dazu sagen. Und so unterläßt man denn oft aus feiger Rücksicht auf Andere die wichtigsten Pflichten oder thut Dinge, gegen welche das Gewissen entschieden Einsprache erheben muß. Wie oft schämt man sich, dem Gottesdienste beizuwohnen, am Beichtstuhle oder am Tische des Herrn zu erscheinen, an einem guten Unternehmen Theil zu nehmen und einem nützlichen Vereine beizutreten, bloß aus Furcht vor dem Gespenste: was werden die Leute dazu sagen? Und doch ist diese feige Menschenfurcht erstens eines Christen, zweitens eines Mannes und drittens unserer Zeit unwürdig.
1.
Die Menschenfurcht ist eines Christen höchst unwürdig. Der wahre Christ fürchtet Gott mehr als die Menschen; er lebt und handelt nach der Mah- nung der heiligen Schrift: "Fürchte Gott und halte
das vielen Männern hundertmal erscheint, das ihnen eine entsetzliche Furcht einjagt, das sie tausendmal zum Bösen verleitet und vom Guten abhält, ein Gespenst, das heut zu Tage in der Männerwelt so viel herum- geistert und schreckliches Unheil in derselben anrichtet.
Dieses furchtbare Gespenst ist die Menschenfurcht, die ungeordnete und sündhafte Begierde, den Menschen zu gefallen oder die niedrige Besorgniß, den Menschen zu mißfallen. Man will es mit Niemand verderben, bei Niemand anstoßen und von Niemand irgendwie ab- fällig beurtheilt werden. Darum stellt man sich immer die Frage: was werden die Leute dazu sagen. Und so unterläßt man denn oft aus feiger Rücksicht auf Andere die wichtigsten Pflichten oder thut Dinge, gegen welche das Gewissen entschieden Einsprache erheben muß. Wie oft schämt man sich, dem Gottesdienste beizuwohnen, am Beichtstuhle oder am Tische des Herrn zu erscheinen, an einem guten Unternehmen Theil zu nehmen und einem nützlichen Vereine beizutreten, bloß aus Furcht vor dem Gespenste: was werden die Leute dazu sagen? Und doch ist diese feige Menschenfurcht erstens eines Christen, zweitens eines Mannes und drittens unserer Zeit unwürdig.
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Die Menschenfurcht ist eines Christen höchst unwürdig. Der wahre Christ fürchtet Gott mehr als die Menschen; er lebt und handelt nach der Mah- nung der heiligen Schrift: „Fürchte Gott und halte
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das vielen Männern hundertmal erscheint, das ihnen
eine entsetzliche Furcht einjagt, das sie tausendmal zum
Bösen verleitet und vom Guten abhält, ein Gespenst,
das heut zu Tage in der Männerwelt so viel herum-
geistert und schreckliches Unheil in derselben anrichtet.
Dieses furchtbare Gespenst ist die Menschenfurcht,
die ungeordnete und sündhafte Begierde, den Menschen
zu gefallen oder die niedrige Besorgniß, den Menschen
zu mißfallen. Man will es mit Niemand verderben,
bei Niemand anstoßen und von Niemand irgendwie ab-
fällig beurtheilt werden. Darum stellt man sich immer
die Frage: was werden die Leute dazu sagen. Und
so unterläßt man denn oft aus feiger Rücksicht auf
Andere die wichtigsten Pflichten oder thut Dinge, gegen
welche das Gewissen entschieden Einsprache erheben
muß. Wie oft schämt man sich, dem Gottesdienste
beizuwohnen, am Beichtstuhle oder am Tische des Herrn
zu erscheinen, an einem guten Unternehmen Theil zu
nehmen und einem nützlichen Vereine beizutreten, bloß
aus Furcht vor dem Gespenste: was werden die Leute
dazu sagen? Und doch ist diese feige Menschenfurcht
erstens eines Christen, zweitens eines Mannes und
drittens unserer Zeit unwürdig.
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Die Menschenfurcht ist eines Christen höchst
unwürdig. Der wahre Christ fürchtet Gott mehr
als die Menschen; er lebt und handelt nach der Mah-
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/163>, abgerufen am 23.07.2024.
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