Rednergabe angeeignet und dürfen darum hoffen, daß sie durch die Erhabenheit ihrer Gedanken und die Schönheit ihrer Sprache Alle begeistern und für ihre Sache einnehmen werden? Nein; nicht in gelehrten Schulen haben sie Jahre lang zugebracht, nicht zu den Füßen eines Plato oder Seneka oder Cicero haben sie gesessen, sondern kaum waren sie erwachsen, so mußten sie schon zum Ruder greifen und auf den Fischerkähnen ganz gewöhnliche Arbeiten verrichten.
Doch dann haben sich diese armen und ungelehrten Männer, die Christus zur Eroberung der Welt hinaus- sandte, wenigstens von Jugend an durch großen Helden- muth, der vor keiner Gefahr und vor keinem Hinder- niß zurückschreckte, besonders ausgezeichnet und waren dadurch wohl zu einem so schwierigen Unternehmen befähigt? Ja, herrliche Helden, die bei der Gefangen- nehmung ihres Meisters feige die Flucht ergreifen und von denen einer und zwar ihr Hauptanführer vor einer geringen Magd mit einem Eidschwure ihn verleugnet. Fürwahr, Niemand konnte nach menschlicher Berechnung unfähiger erscheinen, ein so großartiger Werk in's Leben zu rufen. Nichts, gar Nichts besaßen diese Männer, was ihnen irgendwie Erfolg versprechen konnte, kein Geld, keine Wissenschaft, keine Rednergabe, keine Ver- bindung mit angesehenen und reichen Männern, keine Heere, kein Schwert. Alles an ihnen sagt uns viel- mehr: Nicht ein einziges kleine Dorf werden diese Männer für ihre Sache erobern, geschweige denn ganze Städte und Länder; nicht hundert arme Taglöhner
Rednergabe angeeignet und dürfen darum hoffen, daß sie durch die Erhabenheit ihrer Gedanken und die Schönheit ihrer Sprache Alle begeistern und für ihre Sache einnehmen werden? Nein; nicht in gelehrten Schulen haben sie Jahre lang zugebracht, nicht zu den Füßen eines Plato oder Seneka oder Cicero haben sie gesessen, sondern kaum waren sie erwachsen, so mußten sie schon zum Ruder greifen und auf den Fischerkähnen ganz gewöhnliche Arbeiten verrichten.
Doch dann haben sich diese armen und ungelehrten Männer, die Christus zur Eroberung der Welt hinaus- sandte, wenigstens von Jugend an durch großen Helden- muth, der vor keiner Gefahr und vor keinem Hinder- niß zurückschreckte, besonders ausgezeichnet und waren dadurch wohl zu einem so schwierigen Unternehmen befähigt? Ja, herrliche Helden, die bei der Gefangen- nehmung ihres Meisters feige die Flucht ergreifen und von denen einer und zwar ihr Hauptanführer vor einer geringen Magd mit einem Eidschwure ihn verleugnet. Fürwahr, Niemand konnte nach menschlicher Berechnung unfähiger erscheinen, ein so großartiger Werk in's Leben zu rufen. Nichts, gar Nichts besaßen diese Männer, was ihnen irgendwie Erfolg versprechen konnte, kein Geld, keine Wissenschaft, keine Rednergabe, keine Ver- bindung mit angesehenen und reichen Männern, keine Heere, kein Schwert. Alles an ihnen sagt uns viel- mehr: Nicht ein einziges kleine Dorf werden diese Männer für ihre Sache erobern, geschweige denn ganze Städte und Länder; nicht hundert arme Taglöhner
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Rednergabe angeeignet und dürfen darum hoffen, daß
sie durch die Erhabenheit ihrer Gedanken und die
Schönheit ihrer Sprache Alle begeistern und für ihre
Sache einnehmen werden? Nein; nicht in gelehrten
Schulen haben sie Jahre lang zugebracht, nicht zu den
Füßen eines Plato oder Seneka oder Cicero haben sie
gesessen, sondern kaum waren sie erwachsen, so mußten
sie schon zum Ruder greifen und auf den Fischerkähnen
ganz gewöhnliche Arbeiten verrichten.
Doch dann haben sich diese armen und ungelehrten
Männer, die Christus zur Eroberung der Welt hinaus-
sandte, wenigstens von Jugend an durch großen Helden-
muth, der vor keiner Gefahr und vor keinem Hinder-
niß zurückschreckte, besonders ausgezeichnet und waren
dadurch wohl zu einem so schwierigen Unternehmen
befähigt? Ja, herrliche Helden, die bei der Gefangen-
nehmung ihres Meisters feige die Flucht ergreifen und
von denen einer und zwar ihr Hauptanführer vor einer
geringen Magd mit einem Eidschwure ihn verleugnet.
Fürwahr, Niemand konnte nach menschlicher Berechnung
unfähiger erscheinen, ein so großartiger Werk in's Leben
zu rufen. Nichts, gar Nichts besaßen diese Männer,
was ihnen irgendwie Erfolg versprechen konnte, kein
Geld, keine Wissenschaft, keine Rednergabe, keine Ver-
bindung mit angesehenen und reichen Männern, keine
Heere, kein Schwert. Alles an ihnen sagt uns viel-
mehr: Nicht ein einziges kleine Dorf werden diese
Männer für ihre Sache erobern, geschweige denn ganze
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/107>, abgerufen am 24.11.2024.
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