diese vielbewegte Scene, dieses wirre Getreibe, welches Gewinnsucht der Menschheit ihrer Eitelkeit willen ins Dasein ruft. Verklungen ist geschäftiger Händler buntes Feilschen und der neugierigen Menge lärmendes Getöse, verhallt ist das katarraktenähnliche Rauschen der auf- und abfahrenden Taucher; verschwunden sind alle die Handelsleute, Juweliere, Ringfasser, Schmuckhändler und übrigen Glücksritter, welche auf sichere Gewinnste in der großen Lotterie ihr Spiel wagten: an der öden verlassenen Küste brandet nach wie vor mit melancholischen Schlägen des Meeres Welle, verflogen in alle Winde sind das Stroh und die Lappen der flüchtig gebauten Hütten, heißer Flugsand bedeckt die Fußtritte der einst hier wogenden Menge."
Auf der gegenüberliegenden Küste sind die Perlenbänke, welche sich nordöstlich vom Kap Komorin an der Küste von Tinnevelly hinziehen, seit vielen Jahrhunderten ausgebeutet worden. Als die Messe von Tuticorin unter portugiesischer Herrschaft noch blühte, zogen 50 bis 60,000 Kaufleute dorthin. Allein man übernahm sich und erschöpfte die Bänke. Wir entlehnen die folgenden, die Geschichte der Perlenfischerei und die Naturgeschichte der Perlenmuschel ergänzenden Mittheilungen einem Aufsatze im Auslande aus dem Jahre 1865 nach ungenannten englischen Berichten. Jm Jahre 1822 schöpfte die englische Verwaltung Jndiens aus dem Ertrage der Station Tuticorin im Gebiete von Tinnevelly noch 13,000 Pfund Sterling; im Jahre 1830 gegen 10,000; nach letzterem Zeitpunkte fehlte die Perlenmuschel in den dortigen Gewässern mehrere Jahre gänzlich. Zwischen den Jahren 1830 und 1856 versuchte man vierzehn Mal eine genaue Untersuchung der Muschel- bänke, und es zeigte sich keine hinreichende Auzahl Perlenmuscheln, daß deren Einsammlung sich hätte als lohnend erweisen können. Man schrieb dieses ungünstige Resultat verschiedenen Ursachen zu. Kapitän Robertson, der Oberbeamte von Tuticorin, fand den Hauptgrund dieser Erscheinung in der Erweiterung des Paumbenkanals, welche eine stärkere Strömung veranlaßt hätte, die die Mollusken verhindern, sich an den Bänken zu befestigen. Einen ferneren Nachtheil für die Ver- mehrung der Perlenmuscheln fand derselbe in dem Umstand, daß die Fischer, die in dortiger Gegend nach jenen großen Muscheln fahnden, die unter dem Namen "Chanks" als Signalhörner in den Götzentempeln dienen, an jenen Bänken ankern und mit den Ankern die Perlenmuscheln ablösen und tödten. Die getödteten Muscheln üben dann auf die noch lebenden einen nachtheiligen Einfluß, wodurch eine stete Verminderung derselben Platz greift.
Die eingeborenen Taucher suchen dagegen den Grund in dem häufigen Auftreten zweier anderer Muschelarten, einer Modiola, dort Surum genannt, und einer Avicula, welche sich unter den Perlenmuscheln niederlassen und nach der Ansicht jener Taucher diese vernichten. Jn den Jahren 1860 bis 1862 war der Ertrag der Perlenbänke ganz befriedigend, indem er sich auf 20,000 Pfund Sterling belief; 1863 fand man dagegen die Bänke wieder in einem Zustande, daß man von einer Einsammlung der Muscheln Umgang nahm. Von den 72 untersuchten Bänken waren nur 4 völlig frei von der bereits genannten Modiola-Art, welche sich bei 11 anderen Bänken in ziemlicher Menge angesiedelt hatte; 57 Bänke beherbergten gar keine Muscheln. Dieser unverhoffte Mangel an Perlenmuscheln gab Veranlassung zu den künstlichen Züchtungsversuchen des Kapitän Philipps, welche, so weit man bis jetzt beurtheilen kann, ganz befriedigende Resultate erwarten lassen.
Die Perlenbänke liegen ungefähr 9 englische Meilen von der Küste und erstrecken sich über ein Areal von 70 Meilen Länge, während die Meerestiefe über denselben 8 bis 10 Faden beträgt. Dabei sind sie starken Meeresströmungen ausgesetzt, durch welche Sand in die Felsspalten herein geführt wird und damit zugleich die jungen Muscheln auf oft große Strecken verschüttet werden. Die verwesenden Thiere schaden den lebenden an ihrem Gedeihen, während zugleich noch jene Modiola- species ihren verderblichen Einfluß ausübt. Es ist selbstverständlich, daß bei einer solchen Tiefe an den der freien See exponirten Stellen keine wirksame Abhülfe möglich ist, weshalb der Gedanke nahe lag, die junge Brut auf zugänglichen künstlichen Bänken so lange zu züchten, bis sie stark genug geworden, den bezeichneten nachtheiligen Einflüssen Widerstand zu leisten. Dabei wurde
See-Perlenmuſchel.
dieſe vielbewegte Scene, dieſes wirre Getreibe, welches Gewinnſucht der Menſchheit ihrer Eitelkeit willen ins Daſein ruft. Verklungen iſt geſchäftiger Händler buntes Feilſchen und der neugierigen Menge lärmendes Getöſe, verhallt iſt das katarraktenähnliche Rauſchen der auf- und abfahrenden Taucher; verſchwunden ſind alle die Handelsleute, Juweliere, Ringfaſſer, Schmuckhändler und übrigen Glücksritter, welche auf ſichere Gewinnſte in der großen Lotterie ihr Spiel wagten: an der öden verlaſſenen Küſte brandet nach wie vor mit melancholiſchen Schlägen des Meeres Welle, verflogen in alle Winde ſind das Stroh und die Lappen der flüchtig gebauten Hütten, heißer Flugſand bedeckt die Fußtritte der einſt hier wogenden Menge.“
Auf der gegenüberliegenden Küſte ſind die Perlenbänke, welche ſich nordöſtlich vom Kap Komorin an der Küſte von Tinnevelly hinziehen, ſeit vielen Jahrhunderten ausgebeutet worden. Als die Meſſe von Tuticorin unter portugieſiſcher Herrſchaft noch blühte, zogen 50 bis 60,000 Kaufleute dorthin. Allein man übernahm ſich und erſchöpfte die Bänke. Wir entlehnen die folgenden, die Geſchichte der Perlenfiſcherei und die Naturgeſchichte der Perlenmuſchel ergänzenden Mittheilungen einem Aufſatze im Auslande aus dem Jahre 1865 nach ungenannten engliſchen Berichten. Jm Jahre 1822 ſchöpfte die engliſche Verwaltung Jndiens aus dem Ertrage der Station Tuticorin im Gebiete von Tinnevelly noch 13,000 Pfund Sterling; im Jahre 1830 gegen 10,000; nach letzterem Zeitpunkte fehlte die Perlenmuſchel in den dortigen Gewäſſern mehrere Jahre gänzlich. Zwiſchen den Jahren 1830 und 1856 verſuchte man vierzehn Mal eine genaue Unterſuchung der Muſchel- bänke, und es zeigte ſich keine hinreichende Auzahl Perlenmuſcheln, daß deren Einſammlung ſich hätte als lohnend erweiſen können. Man ſchrieb dieſes ungünſtige Reſultat verſchiedenen Urſachen zu. Kapitän Robertſon, der Oberbeamte von Tuticorin, fand den Hauptgrund dieſer Erſcheinung in der Erweiterung des Paumbenkanals, welche eine ſtärkere Strömung veranlaßt hätte, die die Mollusken verhindern, ſich an den Bänken zu befeſtigen. Einen ferneren Nachtheil für die Ver- mehrung der Perlenmuſcheln fand derſelbe in dem Umſtand, daß die Fiſcher, die in dortiger Gegend nach jenen großen Muſcheln fahnden, die unter dem Namen „Chanks“ als Signalhörner in den Götzentempeln dienen, an jenen Bänken ankern und mit den Ankern die Perlenmuſcheln ablöſen und tödten. Die getödteten Muſcheln üben dann auf die noch lebenden einen nachtheiligen Einfluß, wodurch eine ſtete Verminderung derſelben Platz greift.
Die eingeborenen Taucher ſuchen dagegen den Grund in dem häufigen Auftreten zweier anderer Muſchelarten, einer Modiola, dort Surum genannt, und einer Avicula, welche ſich unter den Perlenmuſcheln niederlaſſen und nach der Anſicht jener Taucher dieſe vernichten. Jn den Jahren 1860 bis 1862 war der Ertrag der Perlenbänke ganz befriedigend, indem er ſich auf 20,000 Pfund Sterling belief; 1863 fand man dagegen die Bänke wieder in einem Zuſtande, daß man von einer Einſammlung der Muſcheln Umgang nahm. Von den 72 unterſuchten Bänken waren nur 4 völlig frei von der bereits genannten Modiola-Art, welche ſich bei 11 anderen Bänken in ziemlicher Menge angeſiedelt hatte; 57 Bänke beherbergten gar keine Muſcheln. Dieſer unverhoffte Mangel an Perlenmuſcheln gab Veranlaſſung zu den künſtlichen Züchtungsverſuchen des Kapitän Philipps, welche, ſo weit man bis jetzt beurtheilen kann, ganz befriedigende Reſultate erwarten laſſen.
Die Perlenbänke liegen ungefähr 9 engliſche Meilen von der Küſte und erſtrecken ſich über ein Areal von 70 Meilen Länge, während die Meerestiefe über denſelben 8 bis 10 Faden beträgt. Dabei ſind ſie ſtarken Meeresſtrömungen ausgeſetzt, durch welche Sand in die Felsſpalten herein geführt wird und damit zugleich die jungen Muſcheln auf oft große Strecken verſchüttet werden. Die verweſenden Thiere ſchaden den lebenden an ihrem Gedeihen, während zugleich noch jene Modiola- ſpecies ihren verderblichen Einfluß ausübt. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß bei einer ſolchen Tiefe an den der freien See exponirten Stellen keine wirkſame Abhülfe möglich iſt, weshalb der Gedanke nahe lag, die junge Brut auf zugänglichen künſtlichen Bänken ſo lange zu züchten, bis ſie ſtark genug geworden, den bezeichneten nachtheiligen Einflüſſen Widerſtand zu leiſten. Dabei wurde
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See-Perlenmuſchel.
dieſe vielbewegte Scene, dieſes wirre Getreibe, welches Gewinnſucht der Menſchheit ihrer Eitelkeit
willen ins Daſein ruft. Verklungen iſt geſchäftiger Händler buntes Feilſchen und der neugierigen
Menge lärmendes Getöſe, verhallt iſt das katarraktenähnliche Rauſchen der auf- und abfahrenden
Taucher; verſchwunden ſind alle die Handelsleute, Juweliere, Ringfaſſer, Schmuckhändler und
übrigen Glücksritter, welche auf ſichere Gewinnſte in der großen Lotterie ihr Spiel wagten: an
der öden verlaſſenen Küſte brandet nach wie vor mit melancholiſchen Schlägen des Meeres Welle,
verflogen in alle Winde ſind das Stroh und die Lappen der flüchtig gebauten Hütten, heißer
Flugſand bedeckt die Fußtritte der einſt hier wogenden Menge.“
Auf der gegenüberliegenden Küſte ſind die Perlenbänke, welche ſich nordöſtlich vom Kap Komorin
an der Küſte von Tinnevelly hinziehen, ſeit vielen Jahrhunderten ausgebeutet worden. Als die
Meſſe von Tuticorin unter portugieſiſcher Herrſchaft noch blühte, zogen 50 bis 60,000 Kaufleute
dorthin. Allein man übernahm ſich und erſchöpfte die Bänke. Wir entlehnen die folgenden, die
Geſchichte der Perlenfiſcherei und die Naturgeſchichte der Perlenmuſchel ergänzenden Mittheilungen
einem Aufſatze im Auslande aus dem Jahre 1865 nach ungenannten engliſchen Berichten. Jm
Jahre 1822 ſchöpfte die engliſche Verwaltung Jndiens aus dem Ertrage der Station Tuticorin
im Gebiete von Tinnevelly noch 13,000 Pfund Sterling; im Jahre 1830 gegen 10,000; nach letzterem
Zeitpunkte fehlte die Perlenmuſchel in den dortigen Gewäſſern mehrere Jahre gänzlich. Zwiſchen
den Jahren 1830 und 1856 verſuchte man vierzehn Mal eine genaue Unterſuchung der Muſchel-
bänke, und es zeigte ſich keine hinreichende Auzahl Perlenmuſcheln, daß deren Einſammlung ſich
hätte als lohnend erweiſen können. Man ſchrieb dieſes ungünſtige Reſultat verſchiedenen Urſachen zu.
Kapitän Robertſon, der Oberbeamte von Tuticorin, fand den Hauptgrund dieſer Erſcheinung
in der Erweiterung des Paumbenkanals, welche eine ſtärkere Strömung veranlaßt hätte, die die
Mollusken verhindern, ſich an den Bänken zu befeſtigen. Einen ferneren Nachtheil für die Ver-
mehrung der Perlenmuſcheln fand derſelbe in dem Umſtand, daß die Fiſcher, die in dortiger Gegend
nach jenen großen Muſcheln fahnden, die unter dem Namen „Chanks“ als Signalhörner in den
Götzentempeln dienen, an jenen Bänken ankern und mit den Ankern die Perlenmuſcheln ablöſen
und tödten. Die getödteten Muſcheln üben dann auf die noch lebenden einen nachtheiligen Einfluß,
wodurch eine ſtete Verminderung derſelben Platz greift.
Die eingeborenen Taucher ſuchen dagegen den Grund in dem häufigen Auftreten zweier anderer
Muſchelarten, einer Modiola, dort Surum genannt, und einer Avicula, welche ſich unter den
Perlenmuſcheln niederlaſſen und nach der Anſicht jener Taucher dieſe vernichten. Jn den Jahren
1860 bis 1862 war der Ertrag der Perlenbänke ganz befriedigend, indem er ſich auf 20,000
Pfund Sterling belief; 1863 fand man dagegen die Bänke wieder in einem Zuſtande, daß man
von einer Einſammlung der Muſcheln Umgang nahm. Von den 72 unterſuchten Bänken waren
nur 4 völlig frei von der bereits genannten Modiola-Art, welche ſich bei 11 anderen Bänken in
ziemlicher Menge angeſiedelt hatte; 57 Bänke beherbergten gar keine Muſcheln. Dieſer unverhoffte
Mangel an Perlenmuſcheln gab Veranlaſſung zu den künſtlichen Züchtungsverſuchen des
Kapitän Philipps, welche, ſo weit man bis jetzt beurtheilen kann, ganz befriedigende Reſultate
erwarten laſſen.
Die Perlenbänke liegen ungefähr 9 engliſche Meilen von der Küſte und erſtrecken ſich über
ein Areal von 70 Meilen Länge, während die Meerestiefe über denſelben 8 bis 10 Faden beträgt.
Dabei ſind ſie ſtarken Meeresſtrömungen ausgeſetzt, durch welche Sand in die Felsſpalten herein
geführt wird und damit zugleich die jungen Muſcheln auf oft große Strecken verſchüttet werden. Die
verweſenden Thiere ſchaden den lebenden an ihrem Gedeihen, während zugleich noch jene Modiola-
ſpecies ihren verderblichen Einfluß ausübt. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß bei einer ſolchen Tiefe
an den der freien See exponirten Stellen keine wirkſame Abhülfe möglich iſt, weshalb der Gedanke
nahe lag, die junge Brut auf zugänglichen künſtlichen Bänken ſo lange zu züchten, bis ſie ſtark
genug geworden, den bezeichneten nachtheiligen Einflüſſen Widerſtand zu leiſten. Dabei wurde
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 943. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/991>, abgerufen am 23.11.2024.
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