einem Filze grauer Fäden, außen aus Steinchen, Schalentrümmern und Aehnlichem zusammen- gesetzt und hängt mit dem Hintertheile zusammen, aus dessen Fäden sie zum Theil entstanden zu sein scheint. Einen Byssus habe ich nicht gesehen und glaube, er möge vergänglich aus nur sehr dünnen Fäden gewebt gewesen sein und vielleicht auch seinerseits zur Bildung des Sackes beigetragen haben." Auch einige andere kleine Modiolen scheinen nur in der Jugend mit dem Barte ausgestattet zu sein; sie verlieren denselben, nachdem sie im Jnneren von Weichthieren der Gattung Ascidia sich angesiedelt haben.
Zu diesen im Alter den Byssus verlierenden Mytilaceen gehört auch die Gattung Lithodomus Das beinahe cylindrische Gehäus ist an beiden Enden abgerundet und mit einer sehr starken Oberhaut überzogen. Alle Arten leben in selbstgemachten Löchern in Steinen, Korallen, auch in dicken Conchylien. Am bekanntesten ist die im Mittelmeere gemeine Steindattel(Lithodomus lithophagus). Sie ist eine sehr beliebte Speise, kommt aber, obschon sie fast überall an den
Kalksteinküsten zu finden, nie in großen Mengen auf den Markt, da das Herausholen aus ihren Höhlungen viel Zeit und Mühe kostet. Sie gehört demnach zu den sogenannten bohrenden Muscheln, obschon dieser Name, sofern er die Thätigkeit anzeigen soll, durch welche die Steindattel in den Felsen gelangt, ein sehr ungeeigneter ist. Wir werden weiter unten sehen, daß einige Muscheln allerdings sich ihre Höhlungen in Holz und Stein wenigstens zum Theil ausraspeln und bohren. Die Steindattel hat aber hierzu gar keine Ausrüstung. Die ganze Oberfläche der Schale und namentlich auch Vorderende und Vorderrand sind glatt, ohne jede Spur von Zähnchen, welche allenfalls als Raspel benutzt werden könnten. Auch findet man die meisten Exemplare mit völlig unversehrter Oberhaut, welche doch jedenfalls beim Reiben an den dem Drucke am meisten ausgesetzten Stellen abgenutzt werden müßte. Kleine, mikroskopische Stiftchen und Zähnchen, welche man bei anderen bohrenden Muscheln im Fuße und den vorderen Manteltheilen entdeckt haben will und welche die unsichtbaren steinzerstörenden Jnstrumente sein sollten, kommen bei der Steindattel unbedingt auch nicht vor. Man hat daran gedacht, ob nicht die regelmäßige, durch
Muſcheln. Dimyarier. Mießmuſcheln.
einem Filze grauer Fäden, außen aus Steinchen, Schalentrümmern und Aehnlichem zuſammen- geſetzt und hängt mit dem Hintertheile zuſammen, aus deſſen Fäden ſie zum Theil entſtanden zu ſein ſcheint. Einen Byſſus habe ich nicht geſehen und glaube, er möge vergänglich aus nur ſehr dünnen Fäden gewebt geweſen ſein und vielleicht auch ſeinerſeits zur Bildung des Sackes beigetragen haben.“ Auch einige andere kleine Modiolen ſcheinen nur in der Jugend mit dem Barte ausgeſtattet zu ſein; ſie verlieren denſelben, nachdem ſie im Jnneren von Weichthieren der Gattung Ascidia ſich angeſiedelt haben.
Zu dieſen im Alter den Byſſus verlierenden Mytilaceen gehört auch die Gattung Lithodomus Das beinahe cylindriſche Gehäus iſt an beiden Enden abgerundet und mit einer ſehr ſtarken Oberhaut überzogen. Alle Arten leben in ſelbſtgemachten Löchern in Steinen, Korallen, auch in dicken Conchylien. Am bekannteſten iſt die im Mittelmeere gemeine Steindattel(Lithodomus lithophagus). Sie iſt eine ſehr beliebte Speiſe, kommt aber, obſchon ſie faſt überall an den
Kalkſteinküſten zu finden, nie in großen Mengen auf den Markt, da das Herausholen aus ihren Höhlungen viel Zeit und Mühe koſtet. Sie gehört demnach zu den ſogenannten bohrenden Muſcheln, obſchon dieſer Name, ſofern er die Thätigkeit anzeigen ſoll, durch welche die Steindattel in den Felſen gelangt, ein ſehr ungeeigneter iſt. Wir werden weiter unten ſehen, daß einige Muſcheln allerdings ſich ihre Höhlungen in Holz und Stein wenigſtens zum Theil ausraspeln und bohren. Die Steindattel hat aber hierzu gar keine Ausrüſtung. Die ganze Oberfläche der Schale und namentlich auch Vorderende und Vorderrand ſind glatt, ohne jede Spur von Zähnchen, welche allenfalls als Raspel benutzt werden könnten. Auch findet man die meiſten Exemplare mit völlig unverſehrter Oberhaut, welche doch jedenfalls beim Reiben an den dem Drucke am meiſten ausgeſetzten Stellen abgenutzt werden müßte. Kleine, mikroſkopiſche Stiftchen und Zähnchen, welche man bei anderen bohrenden Muſcheln im Fuße und den vorderen Manteltheilen entdeckt haben will und welche die unſichtbaren ſteinzerſtörenden Jnſtrumente ſein ſollten, kommen bei der Steindattel unbedingt auch nicht vor. Man hat daran gedacht, ob nicht die regelmäßige, durch
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Muſcheln. Dimyarier. Mießmuſcheln.
einem Filze grauer Fäden, außen aus Steinchen, Schalentrümmern und Aehnlichem zuſammen-
geſetzt und hängt mit dem Hintertheile zuſammen, aus deſſen Fäden ſie zum Theil entſtanden
zu ſein ſcheint. Einen Byſſus habe ich nicht geſehen und glaube, er möge vergänglich aus nur
ſehr dünnen Fäden gewebt geweſen ſein und vielleicht auch ſeinerſeits zur Bildung des Sackes
beigetragen haben.“ Auch einige andere kleine Modiolen ſcheinen nur in der Jugend mit dem
Barte ausgeſtattet zu ſein; ſie verlieren denſelben, nachdem ſie im Jnneren von Weichthieren der
Gattung Ascidia ſich angeſiedelt haben.
Zu dieſen im Alter den Byſſus verlierenden Mytilaceen gehört auch die Gattung Lithodomus
Das beinahe cylindriſche Gehäus iſt an beiden Enden abgerundet und mit einer ſehr ſtarken
Oberhaut überzogen. Alle Arten leben in ſelbſtgemachten Löchern in Steinen, Korallen, auch in
dicken Conchylien. Am bekannteſten iſt die im Mittelmeere gemeine Steindattel (Lithodomus
lithophagus). Sie iſt eine ſehr beliebte Speiſe, kommt aber, obſchon ſie faſt überall an den
[Abbildung Steindattel (Lithodomus lithophagus). Nat. Größe.]
Kalkſteinküſten zu finden, nie in großen Mengen auf den Markt, da das Herausholen aus ihren
Höhlungen viel Zeit und Mühe koſtet. Sie gehört demnach zu den ſogenannten bohrenden
Muſcheln, obſchon dieſer Name, ſofern er die Thätigkeit anzeigen ſoll, durch welche die Steindattel
in den Felſen gelangt, ein ſehr ungeeigneter iſt. Wir werden weiter unten ſehen, daß einige
Muſcheln allerdings ſich ihre Höhlungen in Holz und Stein wenigſtens zum Theil ausraspeln
und bohren. Die Steindattel hat aber hierzu gar keine Ausrüſtung. Die ganze Oberfläche der
Schale und namentlich auch Vorderende und Vorderrand ſind glatt, ohne jede Spur von Zähnchen,
welche allenfalls als Raspel benutzt werden könnten. Auch findet man die meiſten Exemplare
mit völlig unverſehrter Oberhaut, welche doch jedenfalls beim Reiben an den dem Drucke am
meiſten ausgeſetzten Stellen abgenutzt werden müßte. Kleine, mikroſkopiſche Stiftchen und Zähnchen,
welche man bei anderen bohrenden Muſcheln im Fuße und den vorderen Manteltheilen entdeckt
haben will und welche die unſichtbaren ſteinzerſtörenden Jnſtrumente ſein ſollten, kommen bei der
Steindattel unbedingt auch nicht vor. Man hat daran gedacht, ob nicht die regelmäßige, durch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 916. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/964>, abgerufen am 23.11.2024.
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