Ursachen, z. B. Eisstöße, Triften, Wiesenwässerung u. s. w., welche man dafür verantwortlich macht. Neben dieser unumgänglich nöthigen Ruhe der Thiere während ihrer Geschlechts- und Fortpflanzungsfunktionen ist zu ihrer Vermehrung die Anlegung von Perlenbänken ein vortreffliches Mittel. Bachesstellen mit reinem, kiesigem, schlammlosem Untergrunde und klarem Wasser, gesichert gegen äußere Schädlichkeiten, wie Eisstöße, Hochwasser, Viehtrieb, Holztrieb u. s. w. mit der gehörigen Anzahl von Thieren, welche der jährlichen Durchschnittsmenge des Wassers entspricht, sorgsam besetzt und verständigen Leuten anvertraut, werden alle dagegen erhobenen Bedenken gründlich widerlegen. Zur Errichtung solcher Perlenbänke eignen sich besonders die alten Thiere, die keine Perlen mehr beherbergen; ihnen kann das wichtigste Amt der Perlenzucht am besten anvertraut werden; denn von der Fortpflanzung allein muß jeder vernünftige Perlen- betrieb seinen Ausgang nehmen.
Auch bezüglich der Fischerei hat eine rationale Perlenzucht ihre Rücksichten zu nehmen, insoweit sie von den naturgeschichtlichen Eigenthümlichkeiten der Thiere geboten sind. Das Experiment wie die Erfahrung beweisen zur Genüge, wie langsam Perlen wachsen. Die Schalenschichten, welche sich nach einem vollen Jahre an fremde, in das Thier eingebrachte Körper gelegt hatten, waren von unmeßbarer Dünne. Nach Beobachtungen der Fischer stellt sich an gezeichneten Muscheln heraus, daß Perlen von der Größe eines Stecknadelknopfes in etwa 12 Jahren die einer kleinen Erbse erreichen, daß Perlen von der gewöhnlichen Größe, wie sie die Flußperlenmuschel liefert, gegen 20 Jahre bedürfen. Diese Thatsache steht in innigster Beziehung zu dem langsamen Wachsthum der Schalen überhaupt, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß jeder Anlage einer neuen mikroskopischen Schichte an die Schale die Umlagerung einer neuen Schichte um den vor- handenen Perlenkern genau entspricht. Jst zwar die Zeitdauer zwischen zwei Ausscheidungen nicht genau festgestellt, gewiß ist sie keine gar so kurze. Wenn also das langsame Wachsthum einer Perle nicht geläugnet werden kann, wozu frommen die häufigen Befischungen der Bäche? Geduld darf keine so weit entfernte Verwandte der Gewinnsucht sein. An dem theils zu Grunde gerichteten, theils dem Ruine nahen Zustande der europäischen Perlenwässer schuldet einzig und allein die wahre Razzia früherer Jahrhunderte, welche man in möglichst kurzen Zwischenräumen auf die Thiere ausübte*). -- So wie eine lange Dauer der Fischerei, welche den Thieren die Regulirung ihrer Schalensubstanzen überläßt, der Perle zur Erreichung ihrer künftigen Hauptvorzüge, wie Glanz und Farbe, nur Vorschub leistet, ebenso wird gehörige Ruhe auch die andere wichtige Eigenschaft befördern helfen, nämlich die Bildung ihrer Form. Es ist zwar unbekannt, ob und welche Störungen ein häufiges, gewaltsames Oeffnen im Thiere verursache, daß aber die Störung der Lage zwischen Mantel und Schale, welche beim Suchen nach Perlen unvermeidlich ist, in den Ausscheidungsnormen Aenderungen hervorbringen kann, steht außer allem Zweifel. Ein Zwischen- raum von mindestens 6 bis 7 Jahren ist also zwischen je einer Befischung von großem Nutzen und deshalb vor Allem geboten, wenn überhaupt Perleumuscheln noch gezüchtet werden sollen.
Die andere Hauptgattung der Najaden, deren wir schon gelegentlich wiederholt Erwähnung gethan, Anodonta, ist, was das Thier angeht, nicht wohl von Unio zu unterscheiden. Das Gehäuse ist dünn und zerbrechlich; der Schloßrand ist linealisch, ohne Zähne und unter dem Bande befindet sich nur eine stumpfe Längslamelle. Die Anodonten ziehen schlammige, stillstehende Gewässer dem reinen, fließenden vor. Jedoch finden sich einzelne Arten oder Abarten auch in großen, seltener in kleineren Flüssen an solchen Stellen, wo sie vor der Gewalt des Wassers
*) Mit dieser Klage von Heßling's über die Unsinnigkeit einer ungeregelten Fischerei wird das genau übereinstimmen, was ich an seinem Orte über die Verkehrtheiten der Schwammfischerei in Dal- matien mitzutheilen habe.
Muſcheln. Dimyarier. Najaden.
Urſachen, z. B. Eisſtöße, Triften, Wieſenwäſſerung u. ſ. w., welche man dafür verantwortlich macht. Neben dieſer unumgänglich nöthigen Ruhe der Thiere während ihrer Geſchlechts- und Fortpflanzungsfunktionen iſt zu ihrer Vermehrung die Anlegung von Perlenbänken ein vortreffliches Mittel. Bachesſtellen mit reinem, kieſigem, ſchlammloſem Untergrunde und klarem Waſſer, geſichert gegen äußere Schädlichkeiten, wie Eisſtöße, Hochwaſſer, Viehtrieb, Holztrieb u. ſ. w. mit der gehörigen Anzahl von Thieren, welche der jährlichen Durchſchnittsmenge des Waſſers entſpricht, ſorgſam beſetzt und verſtändigen Leuten anvertraut, werden alle dagegen erhobenen Bedenken gründlich widerlegen. Zur Errichtung ſolcher Perlenbänke eignen ſich beſonders die alten Thiere, die keine Perlen mehr beherbergen; ihnen kann das wichtigſte Amt der Perlenzucht am beſten anvertraut werden; denn von der Fortpflanzung allein muß jeder vernünftige Perlen- betrieb ſeinen Ausgang nehmen.
Auch bezüglich der Fiſcherei hat eine rationale Perlenzucht ihre Rückſichten zu nehmen, inſoweit ſie von den naturgeſchichtlichen Eigenthümlichkeiten der Thiere geboten ſind. Das Experiment wie die Erfahrung beweiſen zur Genüge, wie langſam Perlen wachſen. Die Schalenſchichten, welche ſich nach einem vollen Jahre an fremde, in das Thier eingebrachte Körper gelegt hatten, waren von unmeßbarer Dünne. Nach Beobachtungen der Fiſcher ſtellt ſich an gezeichneten Muſcheln heraus, daß Perlen von der Größe eines Stecknadelknopfes in etwa 12 Jahren die einer kleinen Erbſe erreichen, daß Perlen von der gewöhnlichen Größe, wie ſie die Flußperlenmuſchel liefert, gegen 20 Jahre bedürfen. Dieſe Thatſache ſteht in innigſter Beziehung zu dem langſamen Wachsthum der Schalen überhaupt, und es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß jeder Anlage einer neuen mikroſkopiſchen Schichte an die Schale die Umlagerung einer neuen Schichte um den vor- handenen Perlenkern genau entſpricht. Jſt zwar die Zeitdauer zwiſchen zwei Ausſcheidungen nicht genau feſtgeſtellt, gewiß iſt ſie keine gar ſo kurze. Wenn alſo das langſame Wachsthum einer Perle nicht geläugnet werden kann, wozu frommen die häufigen Befiſchungen der Bäche? Geduld darf keine ſo weit entfernte Verwandte der Gewinnſucht ſein. An dem theils zu Grunde gerichteten, theils dem Ruine nahen Zuſtande der europäiſchen Perlenwäſſer ſchuldet einzig und allein die wahre Razzia früherer Jahrhunderte, welche man in möglichſt kurzen Zwiſchenräumen auf die Thiere ausübte*). — So wie eine lange Dauer der Fiſcherei, welche den Thieren die Regulirung ihrer Schalenſubſtanzen überläßt, der Perle zur Erreichung ihrer künftigen Hauptvorzüge, wie Glanz und Farbe, nur Vorſchub leiſtet, ebenſo wird gehörige Ruhe auch die andere wichtige Eigenſchaft befördern helfen, nämlich die Bildung ihrer Form. Es iſt zwar unbekannt, ob und welche Störungen ein häufiges, gewaltſames Oeffnen im Thiere verurſache, daß aber die Störung der Lage zwiſchen Mantel und Schale, welche beim Suchen nach Perlen unvermeidlich iſt, in den Ausſcheidungsnormen Aenderungen hervorbringen kann, ſteht außer allem Zweifel. Ein Zwiſchen- raum von mindeſtens 6 bis 7 Jahren iſt alſo zwiſchen je einer Befiſchung von großem Nutzen und deshalb vor Allem geboten, wenn überhaupt Perleumuſcheln noch gezüchtet werden ſollen.
Die andere Hauptgattung der Najaden, deren wir ſchon gelegentlich wiederholt Erwähnung gethan, Anodonta, iſt, was das Thier angeht, nicht wohl von Unio zu unterſcheiden. Das Gehäuſe iſt dünn und zerbrechlich; der Schloßrand iſt linealiſch, ohne Zähne und unter dem Bande befindet ſich nur eine ſtumpfe Längslamelle. Die Anodonten ziehen ſchlammige, ſtillſtehende Gewäſſer dem reinen, fließenden vor. Jedoch finden ſich einzelne Arten oder Abarten auch in großen, ſeltener in kleineren Flüſſen an ſolchen Stellen, wo ſie vor der Gewalt des Waſſers
*) Mit dieſer Klage von Heßling’s über die Unſinnigkeit einer ungeregelten Fiſcherei wird das genau übereinſtimmen, was ich an ſeinem Orte über die Verkehrtheiten der Schwammfiſcherei in Dal- matien mitzutheilen habe.
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Muſcheln. Dimyarier. Najaden.
Urſachen, z. B. Eisſtöße, Triften, Wieſenwäſſerung u. ſ. w., welche man dafür verantwortlich
macht. Neben dieſer unumgänglich nöthigen Ruhe der Thiere während ihrer Geſchlechts- und
Fortpflanzungsfunktionen iſt zu ihrer Vermehrung die Anlegung von Perlenbänken ein vortreffliches
Mittel. Bachesſtellen mit reinem, kieſigem, ſchlammloſem Untergrunde und klarem Waſſer,
geſichert gegen äußere Schädlichkeiten, wie Eisſtöße, Hochwaſſer, Viehtrieb, Holztrieb u. ſ. w.
mit der gehörigen Anzahl von Thieren, welche der jährlichen Durchſchnittsmenge des Waſſers
entſpricht, ſorgſam beſetzt und verſtändigen Leuten anvertraut, werden alle dagegen erhobenen
Bedenken gründlich widerlegen. Zur Errichtung ſolcher Perlenbänke eignen ſich beſonders die
alten Thiere, die keine Perlen mehr beherbergen; ihnen kann das wichtigſte Amt der Perlenzucht
am beſten anvertraut werden; denn von der Fortpflanzung allein muß jeder vernünftige Perlen-
betrieb ſeinen Ausgang nehmen.
Auch bezüglich der Fiſcherei hat eine rationale Perlenzucht ihre Rückſichten zu nehmen, inſoweit
ſie von den naturgeſchichtlichen Eigenthümlichkeiten der Thiere geboten ſind. Das Experiment
wie die Erfahrung beweiſen zur Genüge, wie langſam Perlen wachſen. Die Schalenſchichten,
welche ſich nach einem vollen Jahre an fremde, in das Thier eingebrachte Körper gelegt hatten,
waren von unmeßbarer Dünne. Nach Beobachtungen der Fiſcher ſtellt ſich an gezeichneten Muſcheln
heraus, daß Perlen von der Größe eines Stecknadelknopfes in etwa 12 Jahren die einer kleinen
Erbſe erreichen, daß Perlen von der gewöhnlichen Größe, wie ſie die Flußperlenmuſchel liefert,
gegen 20 Jahre bedürfen. Dieſe Thatſache ſteht in innigſter Beziehung zu dem langſamen
Wachsthum der Schalen überhaupt, und es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß jeder Anlage einer
neuen mikroſkopiſchen Schichte an die Schale die Umlagerung einer neuen Schichte um den vor-
handenen Perlenkern genau entſpricht. Jſt zwar die Zeitdauer zwiſchen zwei Ausſcheidungen nicht
genau feſtgeſtellt, gewiß iſt ſie keine gar ſo kurze. Wenn alſo das langſame Wachsthum einer
Perle nicht geläugnet werden kann, wozu frommen die häufigen Befiſchungen der Bäche? Geduld
darf keine ſo weit entfernte Verwandte der Gewinnſucht ſein. An dem theils zu Grunde gerichteten,
theils dem Ruine nahen Zuſtande der europäiſchen Perlenwäſſer ſchuldet einzig und allein die
wahre Razzia früherer Jahrhunderte, welche man in möglichſt kurzen Zwiſchenräumen auf die
Thiere ausübte *). — So wie eine lange Dauer der Fiſcherei, welche den Thieren die Regulirung
ihrer Schalenſubſtanzen überläßt, der Perle zur Erreichung ihrer künftigen Hauptvorzüge, wie
Glanz und Farbe, nur Vorſchub leiſtet, ebenſo wird gehörige Ruhe auch die andere wichtige
Eigenſchaft befördern helfen, nämlich die Bildung ihrer Form. Es iſt zwar unbekannt, ob und
welche Störungen ein häufiges, gewaltſames Oeffnen im Thiere verurſache, daß aber die Störung
der Lage zwiſchen Mantel und Schale, welche beim Suchen nach Perlen unvermeidlich iſt, in den
Ausſcheidungsnormen Aenderungen hervorbringen kann, ſteht außer allem Zweifel. Ein Zwiſchen-
raum von mindeſtens 6 bis 7 Jahren iſt alſo zwiſchen je einer Befiſchung von großem Nutzen
und deshalb vor Allem geboten, wenn überhaupt Perleumuſcheln noch gezüchtet werden ſollen.
Die andere Hauptgattung der Najaden, deren wir ſchon gelegentlich wiederholt Erwähnung
gethan, Anodonta, iſt, was das Thier angeht, nicht wohl von Unio zu unterſcheiden. Das
Gehäuſe iſt dünn und zerbrechlich; der Schloßrand iſt linealiſch, ohne Zähne und unter dem
Bande befindet ſich nur eine ſtumpfe Längslamelle. Die Anodonten ziehen ſchlammige, ſtillſtehende
Gewäſſer dem reinen, fließenden vor. Jedoch finden ſich einzelne Arten oder Abarten auch in
großen, ſeltener in kleineren Flüſſen an ſolchen Stellen, wo ſie vor der Gewalt des Waſſers
*) Mit dieſer Klage von Heßling’s über die Unſinnigkeit einer ungeregelten Fiſcherei wird das
genau übereinſtimmen, was ich an ſeinem Orte über die Verkehrtheiten der Schwammfiſcherei in Dal-
matien mitzutheilen habe.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 912. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/960>, abgerufen am 23.11.2024.
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