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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Muscheln. Dimyarier. Najaden.
granulirten, schmutzig gelblichen Kalkkruste überzogen, welche eher alles Andere sein konnte, als
eine Perle. Die Glasperlen der in den Perlbächen aufbewahrten Muscheln zeigten nach gleichem
Zeitraume einen dünnen, zarten, schmutzig weißlichen, größtentheils aber farbigen Ueberzug des
Schalenstoffes und ließen auch hier die sichere Ueberzeugung gewinnen, daß diese Thiere sich zu
genannten Experimenten nicht eignen. Auch über den Filippi-Küchenmeister'schen Vor-
schlag, die Einwanderung der Parasiten in die Perlenmuschel zu regeln und zu fördern und damit
Veranlassung zur häufigeren Ablagerung der Perlenkerne zu geben, hat von Heßling den
Stab gebrochen. Es würden niemals solche Resultate zu erzielen sein, welche auf irgend einen
materiellen Gewinn Anspruch machen könnten. Statt auf die künstliche würde also lediglich auf
die natürliche Perlenvermehrung das Augenmerk zu richten sein. "Das höchst ungünstige
Verhältniß, daß auf 103 Perlenmuscheln 1 Perle schlechter Qualität, auf 2215 Muscheln 1 Perle
mittlerer und erst auf 2708 Perlenmuscheln 1 Perle guter Qualität kommt, liegt ausschließlich",
sagt von Heßling, "in dem unserer Perlmuschel eigenthümlichen dunklen Farbstoffe, welcher sich
der Schalensubstanz beimischt, und dieser Farbestoff ist wieder abhängig von der Nahrung, ohne
welche das Thier nicht bestehen kann. Es geht also hier", fährt er fort, "wie so oft im Natur-
leben, daß eine und dieselbe Ursache, welche Hoffnungen auf schöne Erfolge nährt, sie selbst wieder
zerstört: der gefärbte Epidermisstoff giebt den Anlaß zur Perlenbildung und derselbe gefärbte
Epidermisstoff verhindert, daß alle im Thiere erzeugten Perlen edle werden können. Wenn also
eine Vermehrung der Perlenbildung auf irgend eine Weise auch gelänge, es würde eben caeteris
paribus
auch die Erzeugung farbiger Perlen vermehrt werden, da ja die Nahrung dieselbe bleibt
und bleiben muß. Also in den Lebensbedingungen des Thieres selbst liegt die Gränze der Erzeugung
schöner Perlen und diese lassen sich ohne Gefährdung seiner Existenz nicht wesentlich ändern."

Die letzten Blätter des Werkes, dem wir so reiche Belehrung verdanken, enthalten die Finger-
zeige zu der einzig möglichen natürlichen und rationellen Perlenzucht, nachdem die Lebens-
bedingungen des Thieres jede bisher gehegte Hoffnung auf eine künstliche Perlenvermehrung zu
nichte machten. Diese Ansichten und Rathschläge, welche darauf gerichtet sind, die Thiere so viel
als möglich ihrem ursprünglichen Naturzustande zurückführen und daraus für die Zucht und für
den Perlenfang die nothwendigen Regeln zu ziehen, lassen wir nun noch folgen.

Bezüglich der Thiere sind vorzüglich zwei Momente von größter Wichtigkeit: ihre Nahrung
und ihre Fortpflanzung. Die Nahrung giebt ihnen ihr Medium, daher dieses in quantitativer
wie qualitativer Beziehung das Hauptangenmerk verdient. Aus der großen Menge Wassers,
welche ein einziges Thier zu seiner Ernährung bedarf, folgt, daß für die Thiere überhaupt zu
ihrer gesunden Existenz hinreichende Wasserquantitäten von der geeigneten chemischen Beschaffenheit
nöthig sind, also alle Ursachen, welche diese ihnen entziehen oder verringern, wie trockene Sommer,
Wiesenwässerung, Mühlenleitungen u. s. w. ihnen Schaden bringen können. Es wurde ferner
nachgewiesen, welche geringe organische Substanz für ihre Ernährung in diesem enthalten zu sein
braucht und daß gerade der an diese organischen Bestandtheile chemisch gebundene Farbstoff so
häufig das Entstehen schöner Perlen verhindert, nachdem er in die thierischen umgewandelt worden ist.
Es sind also in qualitativer Beziehung die Bäche von solchen pflanzlichen Bildungen, sowie
vom Schlamme, in welchem diese ihre Theile zerfallen, möglichst frei zu halten, was bezüglich
des Ausreichens der Nahrung leicht ausführbar ist, oder die Thiere aus solchen Bachregionen, auf
deren Boden derartige pflanzliche Organismen wuchern, zu entfernen. Gleiches gilt von Stellen,
an welchen die Abflüsse moosiger Wiesen, oder von Latrinen benachbarter Wohnhäuser, Fabrik-
gebäude in die Bäche stattfinden. Die Erfahrung bestätigt die Richtigkeit dieses Ausspruchs; in
zahlreichen Gewässern wohnen weite Strecken hin besonders alte Thiere, auf deren Schalen,
gleichwie an den Gesteinen, vielfältige niedere Pflanzen, wie Moose und Algen, z. B. Fontinalis-
arten üppig wuchern; solche Thiere sind an und für sich arm an Perlen, und besitzen sie einige,
so sind es meistens schlechte, farbige. Es ist eine alte Erfahrung der Fischer: Thiere in Bächen

Muſcheln. Dimyarier. Najaden.
granulirten, ſchmutzig gelblichen Kalkkruſte überzogen, welche eher alles Andere ſein konnte, als
eine Perle. Die Glasperlen der in den Perlbächen aufbewahrten Muſcheln zeigten nach gleichem
Zeitraume einen dünnen, zarten, ſchmutzig weißlichen, größtentheils aber farbigen Ueberzug des
Schalenſtoffes und ließen auch hier die ſichere Ueberzeugung gewinnen, daß dieſe Thiere ſich zu
genannten Experimenten nicht eignen. Auch über den Filippi-Küchenmeiſter’ſchen Vor-
ſchlag, die Einwanderung der Paraſiten in die Perlenmuſchel zu regeln und zu fördern und damit
Veranlaſſung zur häufigeren Ablagerung der Perlenkerne zu geben, hat von Heßling den
Stab gebrochen. Es würden niemals ſolche Reſultate zu erzielen ſein, welche auf irgend einen
materiellen Gewinn Anſpruch machen könnten. Statt auf die künſtliche würde alſo lediglich auf
die natürliche Perlenvermehrung das Augenmerk zu richten ſein. „Das höchſt ungünſtige
Verhältniß, daß auf 103 Perlenmuſcheln 1 Perle ſchlechter Qualität, auf 2215 Muſcheln 1 Perle
mittlerer und erſt auf 2708 Perlenmuſcheln 1 Perle guter Qualität kommt, liegt ausſchließlich“,
ſagt von Heßling, „in dem unſerer Perlmuſchel eigenthümlichen dunklen Farbſtoffe, welcher ſich
der Schalenſubſtanz beimiſcht, und dieſer Farbeſtoff iſt wieder abhängig von der Nahrung, ohne
welche das Thier nicht beſtehen kann. Es geht alſo hier“, fährt er fort, „wie ſo oft im Natur-
leben, daß eine und dieſelbe Urſache, welche Hoffnungen auf ſchöne Erfolge nährt, ſie ſelbſt wieder
zerſtört: der gefärbte Epidermisſtoff giebt den Anlaß zur Perlenbildung und derſelbe gefärbte
Epidermisſtoff verhindert, daß alle im Thiere erzeugten Perlen edle werden können. Wenn alſo
eine Vermehrung der Perlenbildung auf irgend eine Weiſe auch gelänge, es würde eben caeteris
paribus
auch die Erzeugung farbiger Perlen vermehrt werden, da ja die Nahrung dieſelbe bleibt
und bleiben muß. Alſo in den Lebensbedingungen des Thieres ſelbſt liegt die Gränze der Erzeugung
ſchöner Perlen und dieſe laſſen ſich ohne Gefährdung ſeiner Exiſtenz nicht weſentlich ändern.“

Die letzten Blätter des Werkes, dem wir ſo reiche Belehrung verdanken, enthalten die Finger-
zeige zu der einzig möglichen natürlichen und rationellen Perlenzucht, nachdem die Lebens-
bedingungen des Thieres jede bisher gehegte Hoffnung auf eine künſtliche Perlenvermehrung zu
nichte machten. Dieſe Anſichten und Rathſchläge, welche darauf gerichtet ſind, die Thiere ſo viel
als möglich ihrem urſprünglichen Naturzuſtande zurückführen und daraus für die Zucht und für
den Perlenfang die nothwendigen Regeln zu ziehen, laſſen wir nun noch folgen.

Bezüglich der Thiere ſind vorzüglich zwei Momente von größter Wichtigkeit: ihre Nahrung
und ihre Fortpflanzung. Die Nahrung giebt ihnen ihr Medium, daher dieſes in quantitativer
wie qualitativer Beziehung das Hauptangenmerk verdient. Aus der großen Menge Waſſers,
welche ein einziges Thier zu ſeiner Ernährung bedarf, folgt, daß für die Thiere überhaupt zu
ihrer geſunden Exiſtenz hinreichende Waſſerquantitäten von der geeigneten chemiſchen Beſchaffenheit
nöthig ſind, alſo alle Urſachen, welche dieſe ihnen entziehen oder verringern, wie trockene Sommer,
Wieſenwäſſerung, Mühlenleitungen u. ſ. w. ihnen Schaden bringen können. Es wurde ferner
nachgewieſen, welche geringe organiſche Subſtanz für ihre Ernährung in dieſem enthalten zu ſein
braucht und daß gerade der an dieſe organiſchen Beſtandtheile chemiſch gebundene Farbſtoff ſo
häufig das Entſtehen ſchöner Perlen verhindert, nachdem er in die thieriſchen umgewandelt worden iſt.
Es ſind alſo in qualitativer Beziehung die Bäche von ſolchen pflanzlichen Bildungen, ſowie
vom Schlamme, in welchem dieſe ihre Theile zerfallen, möglichſt frei zu halten, was bezüglich
des Ausreichens der Nahrung leicht ausführbar iſt, oder die Thiere aus ſolchen Bachregionen, auf
deren Boden derartige pflanzliche Organismen wuchern, zu entfernen. Gleiches gilt von Stellen,
an welchen die Abflüſſe mooſiger Wieſen, oder von Latrinen benachbarter Wohnhäuſer, Fabrik-
gebäude in die Bäche ſtattfinden. Die Erfahrung beſtätigt die Richtigkeit dieſes Ausſpruchs; in
zahlreichen Gewäſſern wohnen weite Strecken hin beſonders alte Thiere, auf deren Schalen,
gleichwie an den Geſteinen, vielfältige niedere Pflanzen, wie Mooſe und Algen, z. B. Fontinalis-
arten üppig wuchern; ſolche Thiere ſind an und für ſich arm an Perlen, und beſitzen ſie einige,
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[910/0958] Muſcheln. Dimyarier. Najaden. granulirten, ſchmutzig gelblichen Kalkkruſte überzogen, welche eher alles Andere ſein konnte, als eine Perle. Die Glasperlen der in den Perlbächen aufbewahrten Muſcheln zeigten nach gleichem Zeitraume einen dünnen, zarten, ſchmutzig weißlichen, größtentheils aber farbigen Ueberzug des Schalenſtoffes und ließen auch hier die ſichere Ueberzeugung gewinnen, daß dieſe Thiere ſich zu genannten Experimenten nicht eignen. Auch über den Filippi-Küchenmeiſter’ſchen Vor- ſchlag, die Einwanderung der Paraſiten in die Perlenmuſchel zu regeln und zu fördern und damit Veranlaſſung zur häufigeren Ablagerung der Perlenkerne zu geben, hat von Heßling den Stab gebrochen. Es würden niemals ſolche Reſultate zu erzielen ſein, welche auf irgend einen materiellen Gewinn Anſpruch machen könnten. Statt auf die künſtliche würde alſo lediglich auf die natürliche Perlenvermehrung das Augenmerk zu richten ſein. „Das höchſt ungünſtige Verhältniß, daß auf 103 Perlenmuſcheln 1 Perle ſchlechter Qualität, auf 2215 Muſcheln 1 Perle mittlerer und erſt auf 2708 Perlenmuſcheln 1 Perle guter Qualität kommt, liegt ausſchließlich“, ſagt von Heßling, „in dem unſerer Perlmuſchel eigenthümlichen dunklen Farbſtoffe, welcher ſich der Schalenſubſtanz beimiſcht, und dieſer Farbeſtoff iſt wieder abhängig von der Nahrung, ohne welche das Thier nicht beſtehen kann. Es geht alſo hier“, fährt er fort, „wie ſo oft im Natur- leben, daß eine und dieſelbe Urſache, welche Hoffnungen auf ſchöne Erfolge nährt, ſie ſelbſt wieder zerſtört: der gefärbte Epidermisſtoff giebt den Anlaß zur Perlenbildung und derſelbe gefärbte Epidermisſtoff verhindert, daß alle im Thiere erzeugten Perlen edle werden können. Wenn alſo eine Vermehrung der Perlenbildung auf irgend eine Weiſe auch gelänge, es würde eben caeteris paribus auch die Erzeugung farbiger Perlen vermehrt werden, da ja die Nahrung dieſelbe bleibt und bleiben muß. Alſo in den Lebensbedingungen des Thieres ſelbſt liegt die Gränze der Erzeugung ſchöner Perlen und dieſe laſſen ſich ohne Gefährdung ſeiner Exiſtenz nicht weſentlich ändern.“ Die letzten Blätter des Werkes, dem wir ſo reiche Belehrung verdanken, enthalten die Finger- zeige zu der einzig möglichen natürlichen und rationellen Perlenzucht, nachdem die Lebens- bedingungen des Thieres jede bisher gehegte Hoffnung auf eine künſtliche Perlenvermehrung zu nichte machten. Dieſe Anſichten und Rathſchläge, welche darauf gerichtet ſind, die Thiere ſo viel als möglich ihrem urſprünglichen Naturzuſtande zurückführen und daraus für die Zucht und für den Perlenfang die nothwendigen Regeln zu ziehen, laſſen wir nun noch folgen. Bezüglich der Thiere ſind vorzüglich zwei Momente von größter Wichtigkeit: ihre Nahrung und ihre Fortpflanzung. Die Nahrung giebt ihnen ihr Medium, daher dieſes in quantitativer wie qualitativer Beziehung das Hauptangenmerk verdient. Aus der großen Menge Waſſers, welche ein einziges Thier zu ſeiner Ernährung bedarf, folgt, daß für die Thiere überhaupt zu ihrer geſunden Exiſtenz hinreichende Waſſerquantitäten von der geeigneten chemiſchen Beſchaffenheit nöthig ſind, alſo alle Urſachen, welche dieſe ihnen entziehen oder verringern, wie trockene Sommer, Wieſenwäſſerung, Mühlenleitungen u. ſ. w. ihnen Schaden bringen können. Es wurde ferner nachgewieſen, welche geringe organiſche Subſtanz für ihre Ernährung in dieſem enthalten zu ſein braucht und daß gerade der an dieſe organiſchen Beſtandtheile chemiſch gebundene Farbſtoff ſo häufig das Entſtehen ſchöner Perlen verhindert, nachdem er in die thieriſchen umgewandelt worden iſt. Es ſind alſo in qualitativer Beziehung die Bäche von ſolchen pflanzlichen Bildungen, ſowie vom Schlamme, in welchem dieſe ihre Theile zerfallen, möglichſt frei zu halten, was bezüglich des Ausreichens der Nahrung leicht ausführbar iſt, oder die Thiere aus ſolchen Bachregionen, auf deren Boden derartige pflanzliche Organismen wuchern, zu entfernen. Gleiches gilt von Stellen, an welchen die Abflüſſe mooſiger Wieſen, oder von Latrinen benachbarter Wohnhäuſer, Fabrik- gebäude in die Bäche ſtattfinden. Die Erfahrung beſtätigt die Richtigkeit dieſes Ausſpruchs; in zahlreichen Gewäſſern wohnen weite Strecken hin beſonders alte Thiere, auf deren Schalen, gleichwie an den Geſteinen, vielfältige niedere Pflanzen, wie Mooſe und Algen, z. B. Fontinalis- arten üppig wuchern; ſolche Thiere ſind an und für ſich arm an Perlen, und beſitzen ſie einige, ſo ſind es meiſtens ſchlechte, farbige. Es iſt eine alte Erfahrung der Fiſcher: Thiere in Bächen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 910. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/958>, abgerufen am 23.11.2024.