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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Käferschnecke. Atlanta.
dieß ist nicht bestätigt, und sehen wir ja auch an den Napfschnecken, den Litorinen und so manchen
Kreiselschnecken, daß das Vermögen, lange das Wasser zu verlassen, nicht abhängig sein muß
von dem Bestande von Lungen neben den Kiemen.



Dritte Ordnung.
Kielfüßer (Heteropoda).

Begegneten uns die Lungenschnecken ausschließlich auf dem festen Lande oder in den süßen
Gewässern, sind die Vorderkiemer mit wenigen Ausnahmen an den Seestrand und den Meeres-
boden gefesselt, so führt uns eine neue Abtheilung der vielgestaltigen Schnecken auf das hohe
Meer. Ganz nackt oder mit zarten durchsichtigen Schalen versehen, ist der Körper der Kielfüßer
von gallertiger, durchsichtiger Beschaffenheit, worin sie sich noch zahlreichen Bewohnern der offenen
See anschließen, und wodurch sie zu den anziehendsten Erscheinungen der Weichthierwelt werden.

Es handelt sich vor allem um das Verständniß ihrer Form und derjenigen Eigenthümlich-
keiten, welche ihnen den Werth einer eigenen Ordnung verleihen und woraus sich einige
Besonderheiten ihrer Lebensweise von selbst ergeben. Obschon wegen ihres Vorkommens im
weiten Ocean, wo der reisende Naturforscher gewöhnlich nur unter den größten Unbequemlichkeiten
seinen Studien obliegen kann, wohl noch
eine gute Anzahl unbeachtet und unbeschrie-
ben geblieben ist, stehen sie jedenfalls an
Menge und Manchfaltigkeit der Bildung weit
hinter den beiden ersten Ordnungen zurück.

Jhnen schließt sich am nächsten die
Familie der Atlantiden, wesentlich aus
der Gattung Atlanta bestehend, an, Thier-
chen von wenigen Linien Durchmesser, welche
man auf den ersten Anblick für Schnecken
erklären wird. Dafür spricht das spiralige
Gehäus, auf dessen Rücken sich eine feine
Platte als Kamm erhebt und in dessen weite
Mündung sich das Thier ganz zurückziehen
kann. Darauf weist das Thier selbst, so
weit es, um zu fressen und sich zu bewegen,
aus der Schale hervortritt. Grade aber an
diesen Theilen zeigen sich auch sehr charak-
teristische Abweichungen. Der Kopf ist in
eine Schnauze verlängert, an deren Ende
die Mundöffnung. An dem oberen, scheitel-
artigen Theile dieses Kopfabschnittes zeigen
sich in und an dem fast wasserklaren

[Abbildung] Atlanta Peronii.
Thiere wichtige Theile des Nervensystems, nämlich die oberen Schlundganglien, welche sich mit
dem Gehirn der höheren Thiere vergleichen lassen, und ferner die vornehmsten Sinneswerkzeuge,
die Gehörbläschen, die hoch entwickelten Augen und vor diesen die Fühler. Erinnern wir uns

Käferſchnecke. Atlanta.
dieß iſt nicht beſtätigt, und ſehen wir ja auch an den Napfſchnecken, den Litorinen und ſo manchen
Kreiſelſchnecken, daß das Vermögen, lange das Waſſer zu verlaſſen, nicht abhängig ſein muß
von dem Beſtande von Lungen neben den Kiemen.



Dritte Ordnung.
Kielfüßer (Heteropoda).

Begegneten uns die Lungenſchnecken ausſchließlich auf dem feſten Lande oder in den ſüßen
Gewäſſern, ſind die Vorderkiemer mit wenigen Ausnahmen an den Seeſtrand und den Meeres-
boden gefeſſelt, ſo führt uns eine neue Abtheilung der vielgeſtaltigen Schnecken auf das hohe
Meer. Ganz nackt oder mit zarten durchſichtigen Schalen verſehen, iſt der Körper der Kielfüßer
von gallertiger, durchſichtiger Beſchaffenheit, worin ſie ſich noch zahlreichen Bewohnern der offenen
See anſchließen, und wodurch ſie zu den anziehendſten Erſcheinungen der Weichthierwelt werden.

Es handelt ſich vor allem um das Verſtändniß ihrer Form und derjenigen Eigenthümlich-
keiten, welche ihnen den Werth einer eigenen Ordnung verleihen und woraus ſich einige
Beſonderheiten ihrer Lebensweiſe von ſelbſt ergeben. Obſchon wegen ihres Vorkommens im
weiten Ocean, wo der reiſende Naturforſcher gewöhnlich nur unter den größten Unbequemlichkeiten
ſeinen Studien obliegen kann, wohl noch
eine gute Anzahl unbeachtet und unbeſchrie-
ben geblieben iſt, ſtehen ſie jedenfalls an
Menge und Manchfaltigkeit der Bildung weit
hinter den beiden erſten Ordnungen zurück.

Jhnen ſchließt ſich am nächſten die
Familie der Atlantiden, weſentlich aus
der Gattung Atlanta beſtehend, an, Thier-
chen von wenigen Linien Durchmeſſer, welche
man auf den erſten Anblick für Schnecken
erklären wird. Dafür ſpricht das ſpiralige
Gehäus, auf deſſen Rücken ſich eine feine
Platte als Kamm erhebt und in deſſen weite
Mündung ſich das Thier ganz zurückziehen
kann. Darauf weiſt das Thier ſelbſt, ſo
weit es, um zu freſſen und ſich zu bewegen,
aus der Schale hervortritt. Grade aber an
dieſen Theilen zeigen ſich auch ſehr charak-
teriſtiſche Abweichungen. Der Kopf iſt in
eine Schnauze verlängert, an deren Ende
die Mundöffnung. An dem oberen, ſcheitel-
artigen Theile dieſes Kopfabſchnittes zeigen
ſich in und an dem faſt waſſerklaren

[Abbildung] Atlanta Peronii.
Thiere wichtige Theile des Nervenſyſtems, nämlich die oberen Schlundganglien, welche ſich mit
dem Gehirn der höheren Thiere vergleichen laſſen, und ferner die vornehmſten Sinneswerkzeuge,
die Gehörbläschen, die hoch entwickelten Augen und vor dieſen die Fühler. Erinnern wir uns

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[853/0901] Käferſchnecke. Atlanta. dieß iſt nicht beſtätigt, und ſehen wir ja auch an den Napfſchnecken, den Litorinen und ſo manchen Kreiſelſchnecken, daß das Vermögen, lange das Waſſer zu verlaſſen, nicht abhängig ſein muß von dem Beſtande von Lungen neben den Kiemen. Dritte Ordnung. Kielfüßer (Heteropoda). Begegneten uns die Lungenſchnecken ausſchließlich auf dem feſten Lande oder in den ſüßen Gewäſſern, ſind die Vorderkiemer mit wenigen Ausnahmen an den Seeſtrand und den Meeres- boden gefeſſelt, ſo führt uns eine neue Abtheilung der vielgeſtaltigen Schnecken auf das hohe Meer. Ganz nackt oder mit zarten durchſichtigen Schalen verſehen, iſt der Körper der Kielfüßer von gallertiger, durchſichtiger Beſchaffenheit, worin ſie ſich noch zahlreichen Bewohnern der offenen See anſchließen, und wodurch ſie zu den anziehendſten Erſcheinungen der Weichthierwelt werden. Es handelt ſich vor allem um das Verſtändniß ihrer Form und derjenigen Eigenthümlich- keiten, welche ihnen den Werth einer eigenen Ordnung verleihen und woraus ſich einige Beſonderheiten ihrer Lebensweiſe von ſelbſt ergeben. Obſchon wegen ihres Vorkommens im weiten Ocean, wo der reiſende Naturforſcher gewöhnlich nur unter den größten Unbequemlichkeiten ſeinen Studien obliegen kann, wohl noch eine gute Anzahl unbeachtet und unbeſchrie- ben geblieben iſt, ſtehen ſie jedenfalls an Menge und Manchfaltigkeit der Bildung weit hinter den beiden erſten Ordnungen zurück. Jhnen ſchließt ſich am nächſten die Familie der Atlantiden, weſentlich aus der Gattung Atlanta beſtehend, an, Thier- chen von wenigen Linien Durchmeſſer, welche man auf den erſten Anblick für Schnecken erklären wird. Dafür ſpricht das ſpiralige Gehäus, auf deſſen Rücken ſich eine feine Platte als Kamm erhebt und in deſſen weite Mündung ſich das Thier ganz zurückziehen kann. Darauf weiſt das Thier ſelbſt, ſo weit es, um zu freſſen und ſich zu bewegen, aus der Schale hervortritt. Grade aber an dieſen Theilen zeigen ſich auch ſehr charak- teriſtiſche Abweichungen. Der Kopf iſt in eine Schnauze verlängert, an deren Ende die Mundöffnung. An dem oberen, ſcheitel- artigen Theile dieſes Kopfabſchnittes zeigen ſich in und an dem faſt waſſerklaren [Abbildung Atlanta Peronii.] Thiere wichtige Theile des Nervenſyſtems, nämlich die oberen Schlundganglien, welche ſich mit dem Gehirn der höheren Thiere vergleichen laſſen, und ferner die vornehmſten Sinneswerkzeuge, die Gehörbläschen, die hoch entwickelten Augen und vor dieſen die Fühler. Erinnern wir uns

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 853. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/901>, abgerufen am 24.11.2024.