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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Kegelschnecke. Porcellanschnecke.

Die noch übrig bleibenden, durch einen Athemsipho ausgezeichneten Kammkiemer haben
wiederum, wie jene Reihe der Kammkiemer ohne Athemröhre, eine langgestreckte Reibemembran
der Zunge mit sieben Zähnchen oder Platten in jeder Reihe und sind daher Bandzüngler.

Darunter bildet die Porcellanschnecke, Cypraea, den Stamm einer der wichtigsten, ja,
"mit Berücksichtigung der volkswirthschaftlichen Bedeutung der Cauris", die wichtigste aller Schnecken-
familien. Die Thiere dieser und der benachbarten Sippen haben einen ziemlich dicken Kopf, mit
langen, schlanken, einander genäherten Fühlern, an deren Grund außen auf einem Höcker die
Augen sitzen. Der Mantel ist auf beiden Seiten sehr weit ausgebreitet und kann so umgeschlagen
werden, daß er das Gehäus größtentheils oder ganz bedeckt. Demselben wird dadurch ein beson-
derer Glanz verliehen, der sie, in Verbindung mit der theils sehr lebhaften und bunten, theils
sehr zarten Färbung zu den in erster Reihe beliebten Gattungen der Sammlungen gemacht hat.
Wir lassen die eingehende und treffende Schilderung Pöppig's folgen. "Vielleicht genießt keine
Conchyliengattung eine so alte und so allgemeine Beliebtheit wie diese, mag nun ihre Häufigkeit
oder wirklich große Zierlichkeit den Grund abgeben. Jn allen Erdgegenden und selbst bei sehr
rohen Völkern begegnet man ihr als Zierrath der Wohnungen oder der Personen, und einige
ihrer Arten gelten durch uralte uebereinkunft in manchen Ländern als Scheidemünze. Solche
Gunst verdienen die Gehäuse dieser Schnecken aus mehreren Gründen; sie gefallen durch feine
Abrundung, nehmen leicht eine spiegelnde Politur an, geben an Härte dem Marmor nicht nach
und leuchten in lebhaften Farben. Auch unter dem wissenschaftlichen Gesichtspunkte erregen sie
Aufmerksamkeit, denn sie verändern in verschiedenen Lebensaltern ihre Gestalt im auffälligsten
Maße und follten, wie man ehedem glaubte, nach ganz eigenthümlichen Gesetzen sich vergrößern.
Von den Altersverschiedenheiten lassen mindestens drei Stufen sich nachweisen. Ganz junge
Gehäuse sind glatt, einfach grau gefärbt, höchstens mit drei undeutlichen Querbinden versehen.
Jhr Spindelrand ist nach oben glatt und gewölbt, nach unten konkav, der Außenrand dünn. Jn
etwas reiferem Alter schwellen beide Seiten des Mundsaumes so viel an, daß schon der Gattungs-
charakter unterscheidbar wird; zugleich hat denn der Mantel große seitliche Ausbreitungen erhalten,
die sich nach oben über dem Gehäuse zusammenlegen und eine mit Kalk gemischte Schleimschicht
ablagern, die zur oberen, nun ganz verschieden gefärbten Schleimschicht verhärtet. Die letztere
hat aber nicht die Dicke, die sie an dem vollendeten Gehäuse zeigt; auch fehlen in dieser Periode
dem noch etwas klaffenden Mundsaume die Querfalten. Die im dritten Zeitraume stehenden,
also ganz ausgebildeten Gehäuse erkennt man an der Annäherung der stark gefalteten Seiten des
Mundsaumes an einander, an der Dicke der durch den umgeschlagenen Mantel aufgetragenen
obern Schalenschicht, endlich an einem heller gefärbten, über den Rücken der liegenden Conchylie
hinlaufenden, oben und unten die Mündung erreichenden Streifen, der wohl die Stelle bezeichnet,
wo die umgeschlagenen Mantellappen sich mit ihren Rändern berührten, und der an jüngeren Gehäusen
nie gefunden wird. Bei Arten, die in größten Mengen aus wärmeren Meeren zu uns gebracht
werden, finden fleißige Sammler es nicht schwer, ganze Reihen von Eremplaren zur Darlegung
dieses Bildungsganges zusammenzubringen."

"Eine andere, gerade nicht ungewöhnliche aber mißverstandene Erscheinung veranlaßte die
älteren Forscher zu dem Glauben, daß entweder die Schalenvergrößerung bei den Cypräen nach
ganz anderen Gesetzen geschehen müsse, als bei anderen Weichthieren, oder daß die Schale wohl
gar periodisch abgeworfen werde, wie der Hautpanzer eines Krebses. Wenn man die Mün-
dungsseite einer Porcellanschnecke betrachtet, so dringt sich von selbst der Gedanke auf, daß hier
die Bergrößerung des Gehäuses nicht in gewöhnlicher Weise, d. h. durch Bildung eines neuen
Umganges aus der vergrößerten Außenlippe, geschehen könne, denn diese ist nicht allein beinahe
rechtwinklig über die Mündung hinüber und gegen den Spindelrand gebogen, sondern auch nach
innen umgerollt. Träte hier Vergrößerung ein durch Ablagerung entlang dem Rande, so müßte
nothwendig in kurzer Zeit die Mündung verstopft werden. Da man nun von derselben Species

Kegelſchnecke. Porcellanſchnecke.

Die noch übrig bleibenden, durch einen Athemſipho ausgezeichneten Kammkiemer haben
wiederum, wie jene Reihe der Kammkiemer ohne Athemröhre, eine langgeſtreckte Reibemembran
der Zunge mit ſieben Zähnchen oder Platten in jeder Reihe und ſind daher Bandzüngler.

Darunter bildet die Porcellanſchnecke, Cypraea, den Stamm einer der wichtigſten, ja,
„mit Berückſichtigung der volkswirthſchaftlichen Bedeutung der Cauris“, die wichtigſte aller Schnecken-
familien. Die Thiere dieſer und der benachbarten Sippen haben einen ziemlich dicken Kopf, mit
langen, ſchlanken, einander genäherten Fühlern, an deren Grund außen auf einem Höcker die
Augen ſitzen. Der Mantel iſt auf beiden Seiten ſehr weit ausgebreitet und kann ſo umgeſchlagen
werden, daß er das Gehäus größtentheils oder ganz bedeckt. Demſelben wird dadurch ein beſon-
derer Glanz verliehen, der ſie, in Verbindung mit der theils ſehr lebhaften und bunten, theils
ſehr zarten Färbung zu den in erſter Reihe beliebten Gattungen der Sammlungen gemacht hat.
Wir laſſen die eingehende und treffende Schilderung Pöppig’s folgen. „Vielleicht genießt keine
Conchyliengattung eine ſo alte und ſo allgemeine Beliebtheit wie dieſe, mag nun ihre Häufigkeit
oder wirklich große Zierlichkeit den Grund abgeben. Jn allen Erdgegenden und ſelbſt bei ſehr
rohen Völkern begegnet man ihr als Zierrath der Wohnungen oder der Perſonen, und einige
ihrer Arten gelten durch uralte uebereinkunft in manchen Ländern als Scheidemünze. Solche
Gunſt verdienen die Gehäuſe dieſer Schnecken aus mehreren Gründen; ſie gefallen durch feine
Abrundung, nehmen leicht eine ſpiegelnde Politur an, geben an Härte dem Marmor nicht nach
und leuchten in lebhaften Farben. Auch unter dem wiſſenſchaftlichen Geſichtspunkte erregen ſie
Aufmerkſamkeit, denn ſie verändern in verſchiedenen Lebensaltern ihre Geſtalt im auffälligſten
Maße und follten, wie man ehedem glaubte, nach ganz eigenthümlichen Geſetzen ſich vergrößern.
Von den Altersverſchiedenheiten laſſen mindeſtens drei Stufen ſich nachweiſen. Ganz junge
Gehäuſe ſind glatt, einfach grau gefärbt, höchſtens mit drei undeutlichen Querbinden verſehen.
Jhr Spindelrand iſt nach oben glatt und gewölbt, nach unten konkav, der Außenrand dünn. Jn
etwas reiferem Alter ſchwellen beide Seiten des Mundſaumes ſo viel an, daß ſchon der Gattungs-
charakter unterſcheidbar wird; zugleich hat denn der Mantel große ſeitliche Ausbreitungen erhalten,
die ſich nach oben über dem Gehäuſe zuſammenlegen und eine mit Kalk gemiſchte Schleimſchicht
ablagern, die zur oberen, nun ganz verſchieden gefärbten Schleimſchicht verhärtet. Die letztere
hat aber nicht die Dicke, die ſie an dem vollendeten Gehäuſe zeigt; auch fehlen in dieſer Periode
dem noch etwas klaffenden Mundſaume die Querfalten. Die im dritten Zeitraume ſtehenden,
alſo ganz ausgebildeten Gehäuſe erkennt man an der Annäherung der ſtark gefalteten Seiten des
Mundſaumes an einander, an der Dicke der durch den umgeſchlagenen Mantel aufgetragenen
obern Schalenſchicht, endlich an einem heller gefärbten, über den Rücken der liegenden Conchylie
hinlaufenden, oben und unten die Mündung erreichenden Streifen, der wohl die Stelle bezeichnet,
wo die umgeſchlagenen Mantellappen ſich mit ihren Rändern berührten, und der an jüngeren Gehäuſen
nie gefunden wird. Bei Arten, die in größten Mengen aus wärmeren Meeren zu uns gebracht
werden, finden fleißige Sammler es nicht ſchwer, ganze Reihen von Eremplaren zur Darlegung
dieſes Bildungsganges zuſammenzubringen.“

„Eine andere, gerade nicht ungewöhnliche aber mißverſtandene Erſcheinung veranlaßte die
älteren Forſcher zu dem Glauben, daß entweder die Schalenvergrößerung bei den Cypräen nach
ganz anderen Geſetzen geſchehen müſſe, als bei anderen Weichthieren, oder daß die Schale wohl
gar periodiſch abgeworfen werde, wie der Hautpanzer eines Krebſes. Wenn man die Mün-
dungsſeite einer Porcellanſchnecke betrachtet, ſo dringt ſich von ſelbſt der Gedanke auf, daß hier
die Bergrößerung des Gehäuſes nicht in gewöhnlicher Weiſe, d. h. durch Bildung eines neuen
Umganges aus der vergrößerten Außenlippe, geſchehen könne, denn dieſe iſt nicht allein beinahe
rechtwinklig über die Mündung hinüber und gegen den Spindelrand gebogen, ſondern auch nach
innen umgerollt. Träte hier Vergrößerung ein durch Ablagerung entlang dem Rande, ſo müßte
nothwendig in kurzer Zeit die Mündung verſtopft werden. Da man nun von derſelben Species

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[839/0887] Kegelſchnecke. Porcellanſchnecke. Die noch übrig bleibenden, durch einen Athemſipho ausgezeichneten Kammkiemer haben wiederum, wie jene Reihe der Kammkiemer ohne Athemröhre, eine langgeſtreckte Reibemembran der Zunge mit ſieben Zähnchen oder Platten in jeder Reihe und ſind daher Bandzüngler. Darunter bildet die Porcellanſchnecke, Cypraea, den Stamm einer der wichtigſten, ja, „mit Berückſichtigung der volkswirthſchaftlichen Bedeutung der Cauris“, die wichtigſte aller Schnecken- familien. Die Thiere dieſer und der benachbarten Sippen haben einen ziemlich dicken Kopf, mit langen, ſchlanken, einander genäherten Fühlern, an deren Grund außen auf einem Höcker die Augen ſitzen. Der Mantel iſt auf beiden Seiten ſehr weit ausgebreitet und kann ſo umgeſchlagen werden, daß er das Gehäus größtentheils oder ganz bedeckt. Demſelben wird dadurch ein beſon- derer Glanz verliehen, der ſie, in Verbindung mit der theils ſehr lebhaften und bunten, theils ſehr zarten Färbung zu den in erſter Reihe beliebten Gattungen der Sammlungen gemacht hat. Wir laſſen die eingehende und treffende Schilderung Pöppig’s folgen. „Vielleicht genießt keine Conchyliengattung eine ſo alte und ſo allgemeine Beliebtheit wie dieſe, mag nun ihre Häufigkeit oder wirklich große Zierlichkeit den Grund abgeben. Jn allen Erdgegenden und ſelbſt bei ſehr rohen Völkern begegnet man ihr als Zierrath der Wohnungen oder der Perſonen, und einige ihrer Arten gelten durch uralte uebereinkunft in manchen Ländern als Scheidemünze. Solche Gunſt verdienen die Gehäuſe dieſer Schnecken aus mehreren Gründen; ſie gefallen durch feine Abrundung, nehmen leicht eine ſpiegelnde Politur an, geben an Härte dem Marmor nicht nach und leuchten in lebhaften Farben. Auch unter dem wiſſenſchaftlichen Geſichtspunkte erregen ſie Aufmerkſamkeit, denn ſie verändern in verſchiedenen Lebensaltern ihre Geſtalt im auffälligſten Maße und follten, wie man ehedem glaubte, nach ganz eigenthümlichen Geſetzen ſich vergrößern. Von den Altersverſchiedenheiten laſſen mindeſtens drei Stufen ſich nachweiſen. Ganz junge Gehäuſe ſind glatt, einfach grau gefärbt, höchſtens mit drei undeutlichen Querbinden verſehen. Jhr Spindelrand iſt nach oben glatt und gewölbt, nach unten konkav, der Außenrand dünn. Jn etwas reiferem Alter ſchwellen beide Seiten des Mundſaumes ſo viel an, daß ſchon der Gattungs- charakter unterſcheidbar wird; zugleich hat denn der Mantel große ſeitliche Ausbreitungen erhalten, die ſich nach oben über dem Gehäuſe zuſammenlegen und eine mit Kalk gemiſchte Schleimſchicht ablagern, die zur oberen, nun ganz verſchieden gefärbten Schleimſchicht verhärtet. Die letztere hat aber nicht die Dicke, die ſie an dem vollendeten Gehäuſe zeigt; auch fehlen in dieſer Periode dem noch etwas klaffenden Mundſaume die Querfalten. Die im dritten Zeitraume ſtehenden, alſo ganz ausgebildeten Gehäuſe erkennt man an der Annäherung der ſtark gefalteten Seiten des Mundſaumes an einander, an der Dicke der durch den umgeſchlagenen Mantel aufgetragenen obern Schalenſchicht, endlich an einem heller gefärbten, über den Rücken der liegenden Conchylie hinlaufenden, oben und unten die Mündung erreichenden Streifen, der wohl die Stelle bezeichnet, wo die umgeſchlagenen Mantellappen ſich mit ihren Rändern berührten, und der an jüngeren Gehäuſen nie gefunden wird. Bei Arten, die in größten Mengen aus wärmeren Meeren zu uns gebracht werden, finden fleißige Sammler es nicht ſchwer, ganze Reihen von Eremplaren zur Darlegung dieſes Bildungsganges zuſammenzubringen.“ „Eine andere, gerade nicht ungewöhnliche aber mißverſtandene Erſcheinung veranlaßte die älteren Forſcher zu dem Glauben, daß entweder die Schalenvergrößerung bei den Cypräen nach ganz anderen Geſetzen geſchehen müſſe, als bei anderen Weichthieren, oder daß die Schale wohl gar periodiſch abgeworfen werde, wie der Hautpanzer eines Krebſes. Wenn man die Mün- dungsſeite einer Porcellanſchnecke betrachtet, ſo dringt ſich von ſelbſt der Gedanke auf, daß hier die Bergrößerung des Gehäuſes nicht in gewöhnlicher Weiſe, d. h. durch Bildung eines neuen Umganges aus der vergrößerten Außenlippe, geſchehen könne, denn dieſe iſt nicht allein beinahe rechtwinklig über die Mündung hinüber und gegen den Spindelrand gebogen, ſondern auch nach innen umgerollt. Träte hier Vergrößerung ein durch Ablagerung entlang dem Rande, ſo müßte nothwendig in kurzer Zeit die Mündung verſtopft werden. Da man nun von derſelben Species

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/887>, abgerufen am 24.11.2024.