Auch die Loligo vulgaris hat Fischer in den Bassins von Arcachon beobachtet. Die Thiere waren in fortwährender höchst geschwinder und stoßweise vor sich gehender Bewegung; sie wurden nie in Ruhe gesehen. Die Arme wurden immer vollständig ausgestreckt gehalten, der Körper in einer etwas schiefen, sich der Horizontale nähernden Stellung. Die Greifarme, welche bei der Sepia nur im Moment, wo sie sich auf die Beute wirft, vorgeschnellt werden, sind bei Loligo gleichfalls ausgestreckt und so an einander gelegt, daß die Saugnäpfe sich decken.
Die Calmars schwimmen sehr gut vorwärts und rückwärts. Bei der ersteren Bewegung steht der Kopf tiefer als der Rumpf; geht das Thier rückwärts, so ist die Stellung die umgekehrte. Zu mäßiger Geschwindigkeit reicht die Thätigkeit der Flossen aus, und nur mit Hilfe dieser ist das Schwimmen nach vorwärts möglich. Die Flossen ruhen und werden eingeschlagen, sobald das beschleunigte, pfeilschnelle Rückwärtsschwimmen durch die Stöße des Trichters bewirkt wird.
Die Fütterung der Calmars gelang nicht; sie konnten sich als Bewohner des offenen Meeres nicht an die enge Behausung gewöhnen und verharrten bis zu dem wenige Tage nach ihrem Ein- fangen erfolgenden Tode unausgesetzt in ihrer stürmischen Unruhe.
Von den übrigen Arten mögen nur ein Paar häufiger vorkommende und größere genannt werden. Der Pfeil-Calmar (Loligo sagittata) hat kurze, oben abgerundete und eine Herz- form bildende Flossen, einen durchscheinenden Körper und schlanke, wenig zurückziehbare Greifarme mit breiter Keule. Sein Farbenspiel ist manchfaltiger als bei L. vulgaris, mit dem er den Ver- breitungsbezirk theilt, an Plätzen, wo man die Eledonen und so manche andere Kopffüßer findet. Sie werden gewöhnlich nur einzeln gefangen; da sie jedoch mitunter in Trupps ins Netz gerathen, so scheinen sie zeitweise zu wandern. Die Verkäufer vermengen sie ihres schlechten Geschmackes wegen nicht mit Loligo vulgaris. Man hat mit der L. sagittata oft eine andere größere Art, Loligo todarus, verwechselt, die jedoch einen plumperen Körper hat und die man leicht erkennt an den dickeren, gar nicht zurückziehbaren Greifarmen, welche auf ihrer ganzen Länge mit Saugnäpfen besetzt sind und nicht keulenförmig am Ende anschwellen. Auch sie wird das ganze Jahr hindurch im Mittelmeere gelegentlich gefangen, gewöhnlich an Fischen, welche man an der Leine heraufzieht, und an welche sie sich, um sie zu fressen, angeklammert hat. Oft auch strandet sie. Jhre mittlere Länge beträgt gegen 8 Zoll, sie kommen aber auch 30 Pfund schwer vor. Jhr Fleisch ist sehr zähe und schlecht und darf an einigen Orten gar nicht auf den Markt gebracht werden. -- Die beiden oben genannten Arten werden übrigens von den Neueren nicht zu den eigentlichen Loligiden gerechnet, sondern zur Gattung Ommatostrephes, welche mit anderen einen eigenthümlichen Bau des Auges gemein hat. Dasselbe entbehrt nämlich gänzlich der Hornhaut, womit also auch eine besondere vordere Augenkammer mangelt und die Linse unmittelbar vom Wasser umspült wird.
Eine solche Gattung ist auch Loligopsis, mit einer ganz ausgezeichneten Art, L. Voranyi, im Mittelmeere. Der Körper dieses Thiers ist gallertig durchsichtig. Der scharf vom Kopf abgesetzte, schmale und längliche Rumpf wird in seiner hintern Hälfte von der fast rundlich herzförmigen Flossen- scheibe bedeckt. Der Kopf ist kuglig, breiter als der Rumpf; die Augen unverhältnißmäßig groß. Die Arme nehmen in der Reihenfolge vom Rücken nach unten an Länge und Dicke zu; das Auf- fallendste sind aber die beiden Greifarme. Dieselben messen nämlich 3 Fuß, während die ganze Körperlänge bis zur Spitze der andern Arme gegen einen Fuß beträgt, und sind nur von der Stärke einer feinen Schnur, welche am Ende in eine lanzenförmige, napftragende Keule übergeht. -- Mit der Durchsichtigkeit und der zarten bläulichen Färbung ist die Lebensweise der Loligopsis Veranyi in voller Uebereinstimmung. Sie findet sich nämlich im offenen Meere während der Windstille der schönen Jahreszeit mitten unter den Quallen und Medusen des Mittelmeeres. Alle diese, so wie andre Thiere des hohen Meeres, sind durch ihre Durchsichtigkeit ausgezeichnet. Diese Eigenschaft ist bei der bei Messina gefundenen Loligopsis vermicularis noch hervorstechender, die bei dem Mangel aller Farbzellen gleich einem Stück Eis im Wasser fast nicht sichtbar würde, wenn nicht die beiden schwarzen Augenpunkte den Beobachter leiteten.
Calmar und Verwandte.
Auch die Loligo vulgaris hat Fiſcher in den Baſſins von Arcachon beobachtet. Die Thiere waren in fortwährender höchſt geſchwinder und ſtoßweiſe vor ſich gehender Bewegung; ſie wurden nie in Ruhe geſehen. Die Arme wurden immer vollſtändig ausgeſtreckt gehalten, der Körper in einer etwas ſchiefen, ſich der Horizontale nähernden Stellung. Die Greifarme, welche bei der Sepia nur im Moment, wo ſie ſich auf die Beute wirft, vorgeſchnellt werden, ſind bei Loligo gleichfalls ausgeſtreckt und ſo an einander gelegt, daß die Saugnäpfe ſich decken.
Die Calmars ſchwimmen ſehr gut vorwärts und rückwärts. Bei der erſteren Bewegung ſteht der Kopf tiefer als der Rumpf; geht das Thier rückwärts, ſo iſt die Stellung die umgekehrte. Zu mäßiger Geſchwindigkeit reicht die Thätigkeit der Floſſen aus, und nur mit Hilfe dieſer iſt das Schwimmen nach vorwärts möglich. Die Floſſen ruhen und werden eingeſchlagen, ſobald das beſchleunigte, pfeilſchnelle Rückwärtsſchwimmen durch die Stöße des Trichters bewirkt wird.
Die Fütterung der Calmars gelang nicht; ſie konnten ſich als Bewohner des offenen Meeres nicht an die enge Behauſung gewöhnen und verharrten bis zu dem wenige Tage nach ihrem Ein- fangen erfolgenden Tode unausgeſetzt in ihrer ſtürmiſchen Unruhe.
Von den übrigen Arten mögen nur ein Paar häufiger vorkommende und größere genannt werden. Der Pfeil-Calmar (Loligo sagittata) hat kurze, oben abgerundete und eine Herz- form bildende Floſſen, einen durchſcheinenden Körper und ſchlanke, wenig zurückziehbare Greifarme mit breiter Keule. Sein Farbenſpiel iſt manchfaltiger als bei L. vulgaris, mit dem er den Ver- breitungsbezirk theilt, an Plätzen, wo man die Eledonen und ſo manche andere Kopffüßer findet. Sie werden gewöhnlich nur einzeln gefangen; da ſie jedoch mitunter in Trupps ins Netz gerathen, ſo ſcheinen ſie zeitweiſe zu wandern. Die Verkäufer vermengen ſie ihres ſchlechten Geſchmackes wegen nicht mit Loligo vulgaris. Man hat mit der L. sagittata oft eine andere größere Art, Loligo todarus, verwechſelt, die jedoch einen plumperen Körper hat und die man leicht erkennt an den dickeren, gar nicht zurückziehbaren Greifarmen, welche auf ihrer ganzen Länge mit Saugnäpfen beſetzt ſind und nicht keulenförmig am Ende anſchwellen. Auch ſie wird das ganze Jahr hindurch im Mittelmeere gelegentlich gefangen, gewöhnlich an Fiſchen, welche man an der Leine heraufzieht, und an welche ſie ſich, um ſie zu freſſen, angeklammert hat. Oft auch ſtrandet ſie. Jhre mittlere Länge beträgt gegen 8 Zoll, ſie kommen aber auch 30 Pfund ſchwer vor. Jhr Fleiſch iſt ſehr zähe und ſchlecht und darf an einigen Orten gar nicht auf den Markt gebracht werden. — Die beiden oben genannten Arten werden übrigens von den Neueren nicht zu den eigentlichen Loligiden gerechnet, ſondern zur Gattung Ommatostrephes, welche mit anderen einen eigenthümlichen Bau des Auges gemein hat. Daſſelbe entbehrt nämlich gänzlich der Hornhaut, womit alſo auch eine beſondere vordere Augenkammer mangelt und die Linſe unmittelbar vom Waſſer umſpült wird.
Eine ſolche Gattung iſt auch Loligopsis, mit einer ganz ausgezeichneten Art, L. Voranyi, im Mittelmeere. Der Körper dieſes Thiers iſt gallertig durchſichtig. Der ſcharf vom Kopf abgeſetzte, ſchmale und längliche Rumpf wird in ſeiner hintern Hälfte von der faſt rundlich herzförmigen Floſſen- ſcheibe bedeckt. Der Kopf iſt kuglig, breiter als der Rumpf; die Augen unverhältnißmäßig groß. Die Arme nehmen in der Reihenfolge vom Rücken nach unten an Länge und Dicke zu; das Auf- fallendſte ſind aber die beiden Greifarme. Dieſelben meſſen nämlich 3 Fuß, während die ganze Körperlänge bis zur Spitze der andern Arme gegen einen Fuß beträgt, und ſind nur von der Stärke einer feinen Schnur, welche am Ende in eine lanzenförmige, napftragende Keule übergeht. — Mit der Durchſichtigkeit und der zarten bläulichen Färbung iſt die Lebensweiſe der Loligopsis Veranyi in voller Uebereinſtimmung. Sie findet ſich nämlich im offenen Meere während der Windſtille der ſchönen Jahreszeit mitten unter den Quallen und Meduſen des Mittelmeeres. Alle dieſe, ſo wie andre Thiere des hohen Meeres, ſind durch ihre Durchſichtigkeit ausgezeichnet. Dieſe Eigenſchaft iſt bei der bei Meſſina gefundenen Loligopsis vermicularis noch hervorſtechender, die bei dem Mangel aller Farbzellen gleich einem Stück Eis im Waſſer faſt nicht ſichtbar würde, wenn nicht die beiden ſchwarzen Augenpunkte den Beobachter leiteten.
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Calmar und Verwandte.
Auch die Loligo vulgaris hat Fiſcher in den Baſſins von Arcachon beobachtet. Die Thiere
waren in fortwährender höchſt geſchwinder und ſtoßweiſe vor ſich gehender Bewegung; ſie wurden
nie in Ruhe geſehen. Die Arme wurden immer vollſtändig ausgeſtreckt gehalten, der Körper in
einer etwas ſchiefen, ſich der Horizontale nähernden Stellung. Die Greifarme, welche bei der
Sepia nur im Moment, wo ſie ſich auf die Beute wirft, vorgeſchnellt werden, ſind bei Loligo
gleichfalls ausgeſtreckt und ſo an einander gelegt, daß die Saugnäpfe ſich decken.
Die Calmars ſchwimmen ſehr gut vorwärts und rückwärts. Bei der erſteren Bewegung ſteht
der Kopf tiefer als der Rumpf; geht das Thier rückwärts, ſo iſt die Stellung die umgekehrte. Zu
mäßiger Geſchwindigkeit reicht die Thätigkeit der Floſſen aus, und nur mit Hilfe dieſer iſt das
Schwimmen nach vorwärts möglich. Die Floſſen ruhen und werden eingeſchlagen, ſobald das
beſchleunigte, pfeilſchnelle Rückwärtsſchwimmen durch die Stöße des Trichters bewirkt wird.
Die Fütterung der Calmars gelang nicht; ſie konnten ſich als Bewohner des offenen Meeres
nicht an die enge Behauſung gewöhnen und verharrten bis zu dem wenige Tage nach ihrem Ein-
fangen erfolgenden Tode unausgeſetzt in ihrer ſtürmiſchen Unruhe.
Von den übrigen Arten mögen nur ein Paar häufiger vorkommende und größere genannt
werden. Der Pfeil-Calmar (Loligo sagittata) hat kurze, oben abgerundete und eine Herz-
form bildende Floſſen, einen durchſcheinenden Körper und ſchlanke, wenig zurückziehbare Greifarme
mit breiter Keule. Sein Farbenſpiel iſt manchfaltiger als bei L. vulgaris, mit dem er den Ver-
breitungsbezirk theilt, an Plätzen, wo man die Eledonen und ſo manche andere Kopffüßer findet.
Sie werden gewöhnlich nur einzeln gefangen; da ſie jedoch mitunter in Trupps ins Netz gerathen,
ſo ſcheinen ſie zeitweiſe zu wandern. Die Verkäufer vermengen ſie ihres ſchlechten Geſchmackes
wegen nicht mit Loligo vulgaris. Man hat mit der L. sagittata oft eine andere größere Art, Loligo
todarus, verwechſelt, die jedoch einen plumperen Körper hat und die man leicht erkennt an den dickeren,
gar nicht zurückziehbaren Greifarmen, welche auf ihrer ganzen Länge mit Saugnäpfen beſetzt
ſind und nicht keulenförmig am Ende anſchwellen. Auch ſie wird das ganze Jahr hindurch im
Mittelmeere gelegentlich gefangen, gewöhnlich an Fiſchen, welche man an der Leine heraufzieht, und
an welche ſie ſich, um ſie zu freſſen, angeklammert hat. Oft auch ſtrandet ſie. Jhre mittlere
Länge beträgt gegen 8 Zoll, ſie kommen aber auch 30 Pfund ſchwer vor. Jhr Fleiſch iſt ſehr
zähe und ſchlecht und darf an einigen Orten gar nicht auf den Markt gebracht werden. — Die
beiden oben genannten Arten werden übrigens von den Neueren nicht zu den eigentlichen Loligiden
gerechnet, ſondern zur Gattung Ommatostrephes, welche mit anderen einen eigenthümlichen Bau
des Auges gemein hat. Daſſelbe entbehrt nämlich gänzlich der Hornhaut, womit alſo auch
eine beſondere vordere Augenkammer mangelt und die Linſe unmittelbar vom Waſſer umſpült wird.
Eine ſolche Gattung iſt auch Loligopsis, mit einer ganz ausgezeichneten Art, L. Voranyi, im
Mittelmeere. Der Körper dieſes Thiers iſt gallertig durchſichtig. Der ſcharf vom Kopf abgeſetzte,
ſchmale und längliche Rumpf wird in ſeiner hintern Hälfte von der faſt rundlich herzförmigen Floſſen-
ſcheibe bedeckt. Der Kopf iſt kuglig, breiter als der Rumpf; die Augen unverhältnißmäßig groß.
Die Arme nehmen in der Reihenfolge vom Rücken nach unten an Länge und Dicke zu; das Auf-
fallendſte ſind aber die beiden Greifarme. Dieſelben meſſen nämlich 3 Fuß, während die ganze
Körperlänge bis zur Spitze der andern Arme gegen einen Fuß beträgt, und ſind nur von der
Stärke einer feinen Schnur, welche am Ende in eine lanzenförmige, napftragende Keule übergeht.
— Mit der Durchſichtigkeit und der zarten bläulichen Färbung iſt die Lebensweiſe der Loligopsis
Veranyi in voller Uebereinſtimmung. Sie findet ſich nämlich im offenen Meere während der
Windſtille der ſchönen Jahreszeit mitten unter den Quallen und Meduſen des Mittelmeeres. Alle
dieſe, ſo wie andre Thiere des hohen Meeres, ſind durch ihre Durchſichtigkeit ausgezeichnet. Dieſe
Eigenſchaft iſt bei der bei Meſſina gefundenen Loligopsis vermicularis noch hervorſtechender, die
bei dem Mangel aller Farbzellen gleich einem Stück Eis im Waſſer faſt nicht ſichtbar würde,
wenn nicht die beiden ſchwarzen Augenpunkte den Beobachter leiteten.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/823>, abgerufen am 24.11.2024.
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