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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Käfer. Speckkäfer.
Fühlerknopfes. Jn gleicher Breite ziehen sich die Flügeldecken parallel nach hinten, runden sich
ab, bedecken den ganzen Hinterleib, und so stellt sich die fast walzige Gestalt des ganzen Körpers
her, den anliegende Haare vorzugsweise dicht an der Unterseite bedecken; hier lassen sich die
Geschlechter leicht unterscheiden, indem sich das Männchen am dritten und vierten Bauchringe, oder
an letzterem allein durch eine glänzende, runde Grube auszeichnet. Die gestreckte Larve hat hinten
einen langen, schräg nach oben stehenden Haarpinsel und zwei hornige Haken unter einer fleischigen
Warze; auf der Oberseite trägt sie sich gelbbraun, am Bauche weißlich, kriecht ziemlich rasch, aber
stoßweise und hat im August oder September nach mehreren Häutungen ihre volle Größe erreicht.
Diese abgestreiften Bälge verrathen in geschlossenen, engeren Räumen, wie in Kästen und da, wo
sie der Windzug nicht wegwehen kann, am besten ihre Anwesenheit. Der Speckkäfer und seine
Larve findet sich nicht etwa blos in den Speisekammern, sondern unter Aas, und überhaupt überall
da, wo es thierische Ueberreste gibt.

Ganz ebenso lebt der etwas weniger gewölbte, etwa zwei Linien lange, grauschwarze Pelz-
käfer
(Attagenus pellio) mit einem weißen Fleckchen auf der Mitte jeder Flügeldecke und einem
Punktauge auf dem Scheitel.
Am liebsten hält er sich in wollenen Decken und Pelzwerk auf,
hat also fast noch mehr Veranlassung, unsere nächste Nähe zu suchen, als jener. Bei Aufarbeitung
eines Schlassophas, welches mir siebenzehn Jahre treu gedient hatte und in seinen Eingeweiden
viel Schweinsborsten enthielt, war der Sattler fast entsetzt über die Mengen von Larven und deren
abgestreiften Bälgen, die er für "Motten" erklärte. Schon im März sieht man ihn hie und da in den
Wohnzimmern, oft grau von Staub, den er aus einem Winkel mitbringt, bei Sonnenschein zahlreich auf
den Fensterbrettern, weil er fortwährend gegen die Scheiben fliegt, um das Freie zu suchen. Hier
ist er um die genannte Jahreszeit natürlich noch versteckt, meist wohl noch nicht geboren. Jm
Sommer stellt er sich aber zahlreich auf Blumen, den Blüthen des Weißdorns, der Spiräen, Schirm-
pflanzen u. a. ein, gleichzeitig mit einem dritten im Bunde, dem Kabinetkäfer (Anthrenus muscorum),
einem kleinen runden Gesellen, unten grau durch Behaarung, oben dunkelbraun mit drei undeut-
lichen, aus graugelben Härchen gebildeten, daher häufig stellenweise abgeriebenen Binden über die
Decken. Seine Fühler sind achtgliederig, die beiden letzten in einen Knopf verdickt. Der Kopf kann
vollständig vom Prosternum aufgenommen werden, sodaß nur die Oberlippe frei bleibt und die
Vorderbrust zum Theil in die quere, gespaltene Mittelbrust. Auch hier steht ein Punktauge auf
dem Scheitel. Dieses eine Linie lange Thierchen findet sich aber auch in unseren Behausungen und
vorzugsweise in den Jnsektensammlungen, die nicht sehr sorgfältig vor seiner Zudringlichkeit bewahrt
und nicht häufig genug nachgesehen werden. Der Käfer möchte noch zu ertragen sein, aber seine
etwas breitgedrückte, gleichfalls behaarte, durch einen langen, abgestutzten Haarbüschel geschwänzte
Larve ist ein böser Gesell. Wegen ihrer anfänglichen Winzigkeit ist sie einentheils schwer zu entdecken,
anderntheils wird es ihr leicht möglich, in die feinsten Fugen und Ritze einzudringen und in
Räumen zu erscheinen, welche man für vollkommen verschlossen hielt. Mögen die Jnsektenkästen
noch so gut verwahrt sein, dann und wann zeigt sich doch ein solcher Feind, sei es nun, daß er
als Ei mit einer anrüchigen Jnsektenleiche eingeschleppt wurde, sei es, daß er sich sonst wie einzu-
schleichen wußte, und die Verheerungen, die eine einzige dieser gefräßigen Larven hier anrichten
kann, weiß derjenige am Besten zu beurtheilen, dem das Leib zugefügt wurde. Jn der Regel
lebt sie im Jnneren des Thieres, spaziert aber auch mit ausnehmender Gewandtheit auf seiner
Oberfläche umher, so daß an allen Theilen der Fraß zu erkennen ist. Jm ersteren Falle verräth
ein braunes Staubhäufchen unter dem bewohnten Jnsekt, im anderen das Lockerwerden der Beine,
Fühler und sonstigen Theile, sowie ihr theilweises Herabfallen die Gegenwart des Feindes, der
bisweilen seine Beute spurlos von der Nadel verschwinden läßt. Starke Erschütterung, wie An-
klopfen des Kastens auf eine Tischkante, bringt den verborgenen leicht hervor, mäßige, den Thieren
der Sammlung bei gehöriger Vorsicht nicht nachtheilige Hitze tödtet ihn. Faßt man eine durch
die Erschütterung auf den Boden des Kastens gefallene Larve in der Mitte ihres Leibes mit einer

Die Käfer. Speckkäfer.
Fühlerknopfes. Jn gleicher Breite ziehen ſich die Flügeldecken parallel nach hinten, runden ſich
ab, bedecken den ganzen Hinterleib, und ſo ſtellt ſich die faſt walzige Geſtalt des ganzen Körpers
her, den anliegende Haare vorzugsweiſe dicht an der Unterſeite bedecken; hier laſſen ſich die
Geſchlechter leicht unterſcheiden, indem ſich das Männchen am dritten und vierten Bauchringe, oder
an letzterem allein durch eine glänzende, runde Grube auszeichnet. Die geſtreckte Larve hat hinten
einen langen, ſchräg nach oben ſtehenden Haarpinſel und zwei hornige Haken unter einer fleiſchigen
Warze; auf der Oberſeite trägt ſie ſich gelbbraun, am Bauche weißlich, kriecht ziemlich raſch, aber
ſtoßweiſe und hat im Auguſt oder September nach mehreren Häutungen ihre volle Größe erreicht.
Dieſe abgeſtreiften Bälge verrathen in geſchloſſenen, engeren Räumen, wie in Käſten und da, wo
ſie der Windzug nicht wegwehen kann, am beſten ihre Anweſenheit. Der Speckkäfer und ſeine
Larve findet ſich nicht etwa blos in den Speiſekammern, ſondern unter Aas, und überhaupt überall
da, wo es thieriſche Ueberreſte gibt.

Ganz ebenſo lebt der etwas weniger gewölbte, etwa zwei Linien lange, grauſchwarze Pelz-
käfer
(Attagenus pellio) mit einem weißen Fleckchen auf der Mitte jeder Flügeldecke und einem
Punktauge auf dem Scheitel.
Am liebſten hält er ſich in wollenen Decken und Pelzwerk auf,
hat alſo faſt noch mehr Veranlaſſung, unſere nächſte Nähe zu ſuchen, als jener. Bei Aufarbeitung
eines Schlaſſophas, welches mir ſiebenzehn Jahre treu gedient hatte und in ſeinen Eingeweiden
viel Schweinsborſten enthielt, war der Sattler faſt entſetzt über die Mengen von Larven und deren
abgeſtreiften Bälgen, die er für „Motten“ erklärte. Schon im März ſieht man ihn hie und da in den
Wohnzimmern, oft grau von Staub, den er aus einem Winkel mitbringt, bei Sonnenſchein zahlreich auf
den Fenſterbrettern, weil er fortwährend gegen die Scheiben fliegt, um das Freie zu ſuchen. Hier
iſt er um die genannte Jahreszeit natürlich noch verſteckt, meiſt wohl noch nicht geboren. Jm
Sommer ſtellt er ſich aber zahlreich auf Blumen, den Blüthen des Weißdorns, der Spiräen, Schirm-
pflanzen u. a. ein, gleichzeitig mit einem dritten im Bunde, dem Kabinetkäfer (Anthrenus muscorum),
einem kleinen runden Geſellen, unten grau durch Behaarung, oben dunkelbraun mit drei undeut-
lichen, aus graugelben Härchen gebildeten, daher häufig ſtellenweiſe abgeriebenen Binden über die
Decken. Seine Fühler ſind achtgliederig, die beiden letzten in einen Knopf verdickt. Der Kopf kann
vollſtändig vom Proſternum aufgenommen werden, ſodaß nur die Oberlippe frei bleibt und die
Vorderbruſt zum Theil in die quere, geſpaltene Mittelbruſt. Auch hier ſteht ein Punktauge auf
dem Scheitel. Dieſes eine Linie lange Thierchen findet ſich aber auch in unſeren Behauſungen und
vorzugsweiſe in den Jnſektenſammlungen, die nicht ſehr ſorgfältig vor ſeiner Zudringlichkeit bewahrt
und nicht häufig genug nachgeſehen werden. Der Käfer möchte noch zu ertragen ſein, aber ſeine
etwas breitgedrückte, gleichfalls behaarte, durch einen langen, abgeſtutzten Haarbüſchel geſchwänzte
Larve iſt ein böſer Geſell. Wegen ihrer anfänglichen Winzigkeit iſt ſie einentheils ſchwer zu entdecken,
anderntheils wird es ihr leicht möglich, in die feinſten Fugen und Ritze einzudringen und in
Räumen zu erſcheinen, welche man für vollkommen verſchloſſen hielt. Mögen die Jnſektenkäſten
noch ſo gut verwahrt ſein, dann und wann zeigt ſich doch ein ſolcher Feind, ſei es nun, daß er
als Ei mit einer anrüchigen Jnſektenleiche eingeſchleppt wurde, ſei es, daß er ſich ſonſt wie einzu-
ſchleichen wußte, und die Verheerungen, die eine einzige dieſer gefräßigen Larven hier anrichten
kann, weiß derjenige am Beſten zu beurtheilen, dem das Leib zugefügt wurde. Jn der Regel
lebt ſie im Jnneren des Thieres, ſpaziert aber auch mit ausnehmender Gewandtheit auf ſeiner
Oberfläche umher, ſo daß an allen Theilen der Fraß zu erkennen iſt. Jm erſteren Falle verräth
ein braunes Staubhäufchen unter dem bewohnten Jnſekt, im anderen das Lockerwerden der Beine,
Fühler und ſonſtigen Theile, ſowie ihr theilweiſes Herabfallen die Gegenwart des Feindes, der
bisweilen ſeine Beute ſpurlos von der Nadel verſchwinden läßt. Starke Erſchütterung, wie An-
klopfen des Kaſtens auf eine Tiſchkante, bringt den verborgenen leicht hervor, mäßige, den Thieren
der Sammlung bei gehöriger Vorſicht nicht nachtheilige Hitze tödtet ihn. Faßt man eine durch
die Erſchütterung auf den Boden des Kaſtens gefallene Larve in der Mitte ihres Leibes mit einer

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[64/0080] Die Käfer. Speckkäfer. Fühlerknopfes. Jn gleicher Breite ziehen ſich die Flügeldecken parallel nach hinten, runden ſich ab, bedecken den ganzen Hinterleib, und ſo ſtellt ſich die faſt walzige Geſtalt des ganzen Körpers her, den anliegende Haare vorzugsweiſe dicht an der Unterſeite bedecken; hier laſſen ſich die Geſchlechter leicht unterſcheiden, indem ſich das Männchen am dritten und vierten Bauchringe, oder an letzterem allein durch eine glänzende, runde Grube auszeichnet. Die geſtreckte Larve hat hinten einen langen, ſchräg nach oben ſtehenden Haarpinſel und zwei hornige Haken unter einer fleiſchigen Warze; auf der Oberſeite trägt ſie ſich gelbbraun, am Bauche weißlich, kriecht ziemlich raſch, aber ſtoßweiſe und hat im Auguſt oder September nach mehreren Häutungen ihre volle Größe erreicht. Dieſe abgeſtreiften Bälge verrathen in geſchloſſenen, engeren Räumen, wie in Käſten und da, wo ſie der Windzug nicht wegwehen kann, am beſten ihre Anweſenheit. Der Speckkäfer und ſeine Larve findet ſich nicht etwa blos in den Speiſekammern, ſondern unter Aas, und überhaupt überall da, wo es thieriſche Ueberreſte gibt. Ganz ebenſo lebt der etwas weniger gewölbte, etwa zwei Linien lange, grauſchwarze Pelz- käfer (Attagenus pellio) mit einem weißen Fleckchen auf der Mitte jeder Flügeldecke und einem Punktauge auf dem Scheitel. Am liebſten hält er ſich in wollenen Decken und Pelzwerk auf, hat alſo faſt noch mehr Veranlaſſung, unſere nächſte Nähe zu ſuchen, als jener. Bei Aufarbeitung eines Schlaſſophas, welches mir ſiebenzehn Jahre treu gedient hatte und in ſeinen Eingeweiden viel Schweinsborſten enthielt, war der Sattler faſt entſetzt über die Mengen von Larven und deren abgeſtreiften Bälgen, die er für „Motten“ erklärte. Schon im März ſieht man ihn hie und da in den Wohnzimmern, oft grau von Staub, den er aus einem Winkel mitbringt, bei Sonnenſchein zahlreich auf den Fenſterbrettern, weil er fortwährend gegen die Scheiben fliegt, um das Freie zu ſuchen. Hier iſt er um die genannte Jahreszeit natürlich noch verſteckt, meiſt wohl noch nicht geboren. Jm Sommer ſtellt er ſich aber zahlreich auf Blumen, den Blüthen des Weißdorns, der Spiräen, Schirm- pflanzen u. a. ein, gleichzeitig mit einem dritten im Bunde, dem Kabinetkäfer (Anthrenus muscorum), einem kleinen runden Geſellen, unten grau durch Behaarung, oben dunkelbraun mit drei undeut- lichen, aus graugelben Härchen gebildeten, daher häufig ſtellenweiſe abgeriebenen Binden über die Decken. Seine Fühler ſind achtgliederig, die beiden letzten in einen Knopf verdickt. Der Kopf kann vollſtändig vom Proſternum aufgenommen werden, ſodaß nur die Oberlippe frei bleibt und die Vorderbruſt zum Theil in die quere, geſpaltene Mittelbruſt. Auch hier ſteht ein Punktauge auf dem Scheitel. Dieſes eine Linie lange Thierchen findet ſich aber auch in unſeren Behauſungen und vorzugsweiſe in den Jnſektenſammlungen, die nicht ſehr ſorgfältig vor ſeiner Zudringlichkeit bewahrt und nicht häufig genug nachgeſehen werden. Der Käfer möchte noch zu ertragen ſein, aber ſeine etwas breitgedrückte, gleichfalls behaarte, durch einen langen, abgeſtutzten Haarbüſchel geſchwänzte Larve iſt ein böſer Geſell. Wegen ihrer anfänglichen Winzigkeit iſt ſie einentheils ſchwer zu entdecken, anderntheils wird es ihr leicht möglich, in die feinſten Fugen und Ritze einzudringen und in Räumen zu erſcheinen, welche man für vollkommen verſchloſſen hielt. Mögen die Jnſektenkäſten noch ſo gut verwahrt ſein, dann und wann zeigt ſich doch ein ſolcher Feind, ſei es nun, daß er als Ei mit einer anrüchigen Jnſektenleiche eingeſchleppt wurde, ſei es, daß er ſich ſonſt wie einzu- ſchleichen wußte, und die Verheerungen, die eine einzige dieſer gefräßigen Larven hier anrichten kann, weiß derjenige am Beſten zu beurtheilen, dem das Leib zugefügt wurde. Jn der Regel lebt ſie im Jnneren des Thieres, ſpaziert aber auch mit ausnehmender Gewandtheit auf ſeiner Oberfläche umher, ſo daß an allen Theilen der Fraß zu erkennen iſt. Jm erſteren Falle verräth ein braunes Staubhäufchen unter dem bewohnten Jnſekt, im anderen das Lockerwerden der Beine, Fühler und ſonſtigen Theile, ſowie ihr theilweiſes Herabfallen die Gegenwart des Feindes, der bisweilen ſeine Beute ſpurlos von der Nadel verſchwinden läßt. Starke Erſchütterung, wie An- klopfen des Kaſtens auf eine Tiſchkante, bringt den verborgenen leicht hervor, mäßige, den Thieren der Sammlung bei gehöriger Vorſicht nicht nachtheilige Hitze tödtet ihn. Faßt man eine durch die Erſchütterung auf den Boden des Kaſtens gefallene Larve in der Mitte ihres Leibes mit einer

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/80>, abgerufen am 23.11.2024.