Allerdings sind diese Bewegungen auch dann nicht eben rasch und ausgiebig, aber doch immer auf- fallend genug und hinreichend, das Vorkommen dieser Geschöpfe und die Verbreitung in der Leber ihrer Wirthe genügend zu erklären." Die Hauptthätigkeit beim Vorwärtsdringen in den Gallen- gängen der Leber wird von dem kegelförmigen Vorderkörper und seinen Saugnäpfen ausgeübt. Er dringt wie ein Keil vorwärts und schleppt den übrigen Körper, dessen Seitenränder um- geschlagen oder eingerollt sind, mehr passiv nach. "Trotz aller dieser Mittel würde die Fort- bewegung in den engen Kanälen aber unmöglich sein, wenn die Oberfläche des Wurmes nicht mit den oben erwähnten Stacheln besetzt wäre, die mit ihren Spitzen nach hinten stehen, ein Rückwärtsgleiten also verhindern und eine jede Zusammenziehung des Körpers, mag sie mehr oder weniger ausgebreitet sein, in eine Vorwärtsbewegung verwandeln."
Die Annahme, daß der Leberegel sich von der Galle nähre, ist, wie Leuckart gezeigt, eine durchaus irrthümliche; vielmehr nimmt er das Blut seines Wirthes und die Substanz der inneren Wandung der Gallengänge (die Eipithelialzellen) auf in seinen nach Art der Dendrocoelen ver- zweigten Darmkanal. Daß die Leber durch zahlreiche, in ihr wohnende Egel nach und nach zu Grunde gehen muß, liegt auf der Hand. Die Lebergänge werden entzündet, die Cirkulation des Blutes durch den sortwährenden Druck gehemmt, die Absonderung der Galle gestört. Es tritt Appetitlosigkeit, Abmagerung und Wassersucht ein. Glücklicherweise ist das Befallensein des Menschen vom Leberegel eine große Seltenheit. Der Schaden, den er unter den Schafherden anrichtet, ist jedoch groß genug, um ihn zu einem der gefürchtetsten Parasiten zu machen. Er producirt enorme Massen von Eiern, welche aus den Gallengängen gewöhnlich in die Gallenblase und aus dieser, wo sie sich zu Millionen anhäufen können, in den Darm des Wirthes und nach außen gelangen. Jm Wasser entwickelt sich in ihnen ein mit einem weichen Flimmerkleid angethaner und einem kreuzförmigen Augenflecke versehener Embryo. "Um das Kleid desselben in voller Aktivität zu sehen, muß man ihn bei dem Ausschlüpfen beobachten. Nachdem er durch ein paar kräftige Bewegungen den Deckel der Eischale gelüftet hat, zwängt er sich unter Beihülfe der Flimmer- haare, die überall, wo sie mit dem Wasser in Berührung kommen, alsbald zu schlagen beginnen, durch die Deckelöffnung hindurch, um mit rapider Geschwindigkeit seine frühere Hülle zu verlassen."
"Mit ausgestrecktem Körper schwimmt er rastlos vorwärts, bald gerade aus, und dann beständig um die Längsare rotirend, bald in Bogen oder Kreisen. Der Leib hat in diesem Zustande eine kegelförmige Gestalt und eine Länge von 0,13 Millimeter (etwas über [] Linie). Stößt der Embryo irgendwo an, so verweilt er einen Augenblick, wie zur Prüfung, bevor er seine Tour von neuem beginnt. Um bei der Bewegung im Wasser einen Bogen oder Kreis zu beschreiben, wird der Leib gekrümmt, um so stärker, je kürzer der Bogen sein soll. Mitunter sieht man den Embryo mit völlig eingekrümmtem Leibe ohne Ortsveränderung um seinen Mittelpunkt drehen. Hat diese Bewegung ohne Rast und Ruhe etwa 20 bis 30 Minuten gedauert, dann nimmt sie allmälig ab und erlischt nach kurzer Zeit völlig. Die Haare werden starr und fallen ab, nachdem das Thier sich mehr oder minder stark zu einer keulenförmigen oder ovalen Masse zusammengezogen, auch vorher vielleicht einige Versuche zur Kriechbewegung gemacht hat." (Leuckart.) Die weiteren Schicksale dieser Larven kennt man noch nicht; man darf jedoch vermuthen, daß sie einen ganz ähnlichen Entwickelungsgang in einem Zwischenwirthe durchmachen, wie die übrigen Distomen, deren Jugendformen erst frei im Wasser leben und dann in die Schnecken einwandern. "Auf welche Weise nun aber auch, fährt unser Gewährsmann fort, die jungen Leberegel in ihre definitiven Wirthe übersegeln mögen, darüber ist kein Zweifel, daß solches bei der Nahrungsaufnahme und zwar gewöhnlich auf der Weide geschieht. Man hat durch eine Anzahl von Beobachtungen fest gestellt, daß Schafe, die kurze Zeit auf einer verdächtigen Weide verweilten, mit einziger Aus- nahme derjenigen Thiere, die wegen Krankheit oder aus anderen Gründen zurückgehalten wurden, sämmtlich an der Leberfäule zu Grunde gingen. Ebenso weiß man von englischen Schaf-
Saugwürmer.
Allerdings ſind dieſe Bewegungen auch dann nicht eben raſch und ausgiebig, aber doch immer auf- fallend genug und hinreichend, das Vorkommen dieſer Geſchöpfe und die Verbreitung in der Leber ihrer Wirthe genügend zu erklären.“ Die Hauptthätigkeit beim Vorwärtsdringen in den Gallen- gängen der Leber wird von dem kegelförmigen Vorderkörper und ſeinen Saugnäpfen ausgeübt. Er dringt wie ein Keil vorwärts und ſchleppt den übrigen Körper, deſſen Seitenränder um- geſchlagen oder eingerollt ſind, mehr paſſiv nach. „Trotz aller dieſer Mittel würde die Fort- bewegung in den engen Kanälen aber unmöglich ſein, wenn die Oberfläche des Wurmes nicht mit den oben erwähnten Stacheln beſetzt wäre, die mit ihren Spitzen nach hinten ſtehen, ein Rückwärtsgleiten alſo verhindern und eine jede Zuſammenziehung des Körpers, mag ſie mehr oder weniger ausgebreitet ſein, in eine Vorwärtsbewegung verwandeln.“
Die Annahme, daß der Leberegel ſich von der Galle nähre, iſt, wie Leuckart gezeigt, eine durchaus irrthümliche; vielmehr nimmt er das Blut ſeines Wirthes und die Subſtanz der inneren Wandung der Gallengänge (die Eipithelialzellen) auf in ſeinen nach Art der Dendrocoelen ver- zweigten Darmkanal. Daß die Leber durch zahlreiche, in ihr wohnende Egel nach und nach zu Grunde gehen muß, liegt auf der Hand. Die Lebergänge werden entzündet, die Cirkulation des Blutes durch den ſortwährenden Druck gehemmt, die Abſonderung der Galle geſtört. Es tritt Appetitloſigkeit, Abmagerung und Waſſerſucht ein. Glücklicherweiſe iſt das Befallenſein des Menſchen vom Leberegel eine große Seltenheit. Der Schaden, den er unter den Schafherden anrichtet, iſt jedoch groß genug, um ihn zu einem der gefürchtetſten Paraſiten zu machen. Er producirt enorme Maſſen von Eiern, welche aus den Gallengängen gewöhnlich in die Gallenblaſe und aus dieſer, wo ſie ſich zu Millionen anhäufen können, in den Darm des Wirthes und nach außen gelangen. Jm Waſſer entwickelt ſich in ihnen ein mit einem weichen Flimmerkleid angethaner und einem kreuzförmigen Augenflecke verſehener Embryo. „Um das Kleid deſſelben in voller Aktivität zu ſehen, muß man ihn bei dem Ausſchlüpfen beobachten. Nachdem er durch ein paar kräftige Bewegungen den Deckel der Eiſchale gelüftet hat, zwängt er ſich unter Beihülfe der Flimmer- haare, die überall, wo ſie mit dem Waſſer in Berührung kommen, alsbald zu ſchlagen beginnen, durch die Deckelöffnung hindurch, um mit rapider Geſchwindigkeit ſeine frühere Hülle zu verlaſſen.“
„Mit ausgeſtrecktem Körper ſchwimmt er raſtlos vorwärts, bald gerade aus, und dann beſtändig um die Längsare rotirend, bald in Bogen oder Kreiſen. Der Leib hat in dieſem Zuſtande eine kegelförmige Geſtalt und eine Länge von 0,13 Millimeter (etwas über [] Linie). Stößt der Embryo irgendwo an, ſo verweilt er einen Augenblick, wie zur Prüfung, bevor er ſeine Tour von neuem beginnt. Um bei der Bewegung im Waſſer einen Bogen oder Kreis zu beſchreiben, wird der Leib gekrümmt, um ſo ſtärker, je kürzer der Bogen ſein ſoll. Mitunter ſieht man den Embryo mit völlig eingekrümmtem Leibe ohne Ortsveränderung um ſeinen Mittelpunkt drehen. Hat dieſe Bewegung ohne Raſt und Ruhe etwa 20 bis 30 Minuten gedauert, dann nimmt ſie allmälig ab und erliſcht nach kurzer Zeit völlig. Die Haare werden ſtarr und fallen ab, nachdem das Thier ſich mehr oder minder ſtark zu einer keulenförmigen oder ovalen Maſſe zuſammengezogen, auch vorher vielleicht einige Verſuche zur Kriechbewegung gemacht hat.“ (Leuckart.) Die weiteren Schickſale dieſer Larven kennt man noch nicht; man darf jedoch vermuthen, daß ſie einen ganz ähnlichen Entwickelungsgang in einem Zwiſchenwirthe durchmachen, wie die übrigen Diſtomen, deren Jugendformen erſt frei im Waſſer leben und dann in die Schnecken einwandern. „Auf welche Weiſe nun aber auch, fährt unſer Gewährsmann fort, die jungen Leberegel in ihre definitiven Wirthe überſegeln mögen, darüber iſt kein Zweifel, daß ſolches bei der Nahrungsaufnahme und zwar gewöhnlich auf der Weide geſchieht. Man hat durch eine Anzahl von Beobachtungen feſt geſtellt, daß Schafe, die kurze Zeit auf einer verdächtigen Weide verweilten, mit einziger Aus- nahme derjenigen Thiere, die wegen Krankheit oder aus anderen Gründen zurückgehalten wurden, ſämmtlich an der Leberfäule zu Grunde gingen. Ebenſo weiß man von engliſchen Schaf-
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[744/0788]
Saugwürmer.
Allerdings ſind dieſe Bewegungen auch dann nicht eben raſch und ausgiebig, aber doch immer auf-
fallend genug und hinreichend, das Vorkommen dieſer Geſchöpfe und die Verbreitung in der Leber
ihrer Wirthe genügend zu erklären.“ Die Hauptthätigkeit beim Vorwärtsdringen in den Gallen-
gängen der Leber wird von dem kegelförmigen Vorderkörper und ſeinen Saugnäpfen ausgeübt.
Er dringt wie ein Keil vorwärts und ſchleppt den übrigen Körper, deſſen Seitenränder um-
geſchlagen oder eingerollt ſind, mehr paſſiv nach. „Trotz aller dieſer Mittel würde die Fort-
bewegung in den engen Kanälen aber unmöglich ſein, wenn die Oberfläche des Wurmes nicht
mit den oben erwähnten Stacheln beſetzt wäre, die mit ihren Spitzen nach hinten ſtehen, ein
Rückwärtsgleiten alſo verhindern und eine jede Zuſammenziehung des Körpers, mag ſie mehr oder
weniger ausgebreitet ſein, in eine Vorwärtsbewegung verwandeln.“
Die Annahme, daß der Leberegel ſich von der Galle nähre, iſt, wie Leuckart gezeigt, eine
durchaus irrthümliche; vielmehr nimmt er das Blut ſeines Wirthes und die Subſtanz der inneren
Wandung der Gallengänge (die Eipithelialzellen) auf in ſeinen nach Art der Dendrocoelen ver-
zweigten Darmkanal. Daß die Leber durch zahlreiche, in ihr wohnende Egel nach und nach zu
Grunde gehen muß, liegt auf der Hand. Die Lebergänge werden entzündet, die Cirkulation des
Blutes durch den ſortwährenden Druck gehemmt, die Abſonderung der Galle geſtört. Es tritt
Appetitloſigkeit, Abmagerung und Waſſerſucht ein. Glücklicherweiſe iſt das Befallenſein des Menſchen
vom Leberegel eine große Seltenheit. Der Schaden, den er unter den Schafherden anrichtet, iſt
jedoch groß genug, um ihn zu einem der gefürchtetſten Paraſiten zu machen. Er producirt enorme
Maſſen von Eiern, welche aus den Gallengängen gewöhnlich in die Gallenblaſe und aus dieſer,
wo ſie ſich zu Millionen anhäufen können, in den Darm des Wirthes und nach außen gelangen.
Jm Waſſer entwickelt ſich in ihnen ein mit einem weichen Flimmerkleid angethaner und einem
kreuzförmigen Augenflecke verſehener Embryo. „Um das Kleid deſſelben in voller Aktivität zu
ſehen, muß man ihn bei dem Ausſchlüpfen beobachten. Nachdem er durch ein paar kräftige
Bewegungen den Deckel der Eiſchale gelüftet hat, zwängt er ſich unter Beihülfe der Flimmer-
haare, die überall, wo ſie mit dem Waſſer in Berührung kommen, alsbald zu ſchlagen
beginnen, durch die Deckelöffnung hindurch, um mit rapider Geſchwindigkeit ſeine frühere
Hülle zu verlaſſen.“
„Mit ausgeſtrecktem Körper ſchwimmt er raſtlos vorwärts, bald gerade aus, und dann
beſtändig um die Längsare rotirend, bald in Bogen oder Kreiſen. Der Leib hat in dieſem Zuſtande
eine kegelförmige Geſtalt und eine Länge von 0,13 Millimeter (etwas über [FORMEL] Linie). Stößt
der Embryo irgendwo an, ſo verweilt er einen Augenblick, wie zur Prüfung, bevor er ſeine Tour
von neuem beginnt. Um bei der Bewegung im Waſſer einen Bogen oder Kreis zu beſchreiben,
wird der Leib gekrümmt, um ſo ſtärker, je kürzer der Bogen ſein ſoll. Mitunter ſieht man den
Embryo mit völlig eingekrümmtem Leibe ohne Ortsveränderung um ſeinen Mittelpunkt drehen.
Hat dieſe Bewegung ohne Raſt und Ruhe etwa 20 bis 30 Minuten gedauert, dann nimmt ſie
allmälig ab und erliſcht nach kurzer Zeit völlig. Die Haare werden ſtarr und fallen ab, nachdem
das Thier ſich mehr oder minder ſtark zu einer keulenförmigen oder ovalen Maſſe zuſammengezogen,
auch vorher vielleicht einige Verſuche zur Kriechbewegung gemacht hat.“ (Leuckart.) Die weiteren
Schickſale dieſer Larven kennt man noch nicht; man darf jedoch vermuthen, daß ſie einen ganz
ähnlichen Entwickelungsgang in einem Zwiſchenwirthe durchmachen, wie die übrigen Diſtomen,
deren Jugendformen erſt frei im Waſſer leben und dann in die Schnecken einwandern. „Auf welche
Weiſe nun aber auch, fährt unſer Gewährsmann fort, die jungen Leberegel in ihre definitiven
Wirthe überſegeln mögen, darüber iſt kein Zweifel, daß ſolches bei der Nahrungsaufnahme und
zwar gewöhnlich auf der Weide geſchieht. Man hat durch eine Anzahl von Beobachtungen feſt
geſtellt, daß Schafe, die kurze Zeit auf einer verdächtigen Weide verweilten, mit einziger Aus-
nahme derjenigen Thiere, die wegen Krankheit oder aus anderen Gründen zurückgehalten
wurden, ſämmtlich an der Leberfäule zu Grunde gingen. Ebenſo weiß man von engliſchen Schaf-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/788>, abgerufen am 24.11.2024.
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